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Jungs, was bedeutet Prügeln für euch?
Liebe Jungs,
ich muss etwas ausholen. Es gibt da eine Folge in der vierten Staffel von "How I Met Your Mother". Doug, der Barkeeper mit Toupet im MacLaren's Pub, will gemeinsam mit Ted und Barney drei fremde Gäste verprügeln, die den Stammtisch der Clique um Ted besetzt haben. Ted und Barney gehen zwar mit vor die Tür, aber Doug vermöbelt die Eindringlinge alleine. Damit sie vor ihren Freunden trotzdem mit einer Prügel-Geschichte und Verletzungen angeben können, schlägt Barney seinem Freund Ted ein blaues Auge – und sich selbst auch. Als die beiden zerprügelt wieder an ihren Tisch zurückkehren, werden sie bewundert und sind ziemlich stolz.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Nun müssen wir nicht darüber diskutieren, wie blöd und unnötig und furchtbar körperliche und jede Form von Gewalt ist. Eh klar. Aber es scheint da durchaus Ausnahmen zu geben. Wir verstehen nur nicht: wann? Und warum genau?
Darum wüssten wir gerne: Was bedeutet Prügeln eigentlich für euch? Macht euch das stolz? Männlich? Weil ihr damit beweist, dass ihr euch und vielleicht uns verteidigen könnt? Ist Sich-Schlagen für euch etwas, das man nach der Schulzeit und der gemeinen Schulhof-Prügelei, in die jeder mal verwickelt wird, noch einmal gemacht haben muss, so richtig als erwachsener Mensch? Macht das Spaß? Oder ist es nur schlimm und die Szene aus "How I Met Your Mother" und Filme wie "Fight Club" sind großer Unsinn? Habt ihr vielleicht sogar Angst vorm Prügeln?
>>> Die Jungsantwort von jakob-biazza. <<<
Liebe Mädchen,
endlich fragt ihr. Endlich aufs Maul. Endlich Schluss mit einerseits/andererseits und man kann doch über alles reden und Mimimi. Fäuste sprechen lassen. Kurzer Weg. Zack: Auge, Kiefer, Ende der Diskussion. Thema rum. Geil!
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
So stellen wir uns das vor. Die Größten machen das schließlich auch so, wenn eine anständige Backpfeife mal Not tut: die John McClanes und die Sons of Anarchy (vor allem die). Und früher Bud Spencer. Und die Marvel-Helden. Tyler Durden baut in"Fight Club" eine Art Philosophie um den ehrlich männlichen Faustkampf. Hank Moody schaut nach den Prügeleien bei "Californication" zwar immer wahnsinnig traurig und geknickt und sauertöpfisch. So, als hätte er mal wieder einen kapitalen Bock geschossen und wäre mit den Fingern in der Keksdose erwischt worden. Aber eben in cool. Außerdem benutzt er für seine Prügeleien mit Richard Bates den wahnsinnig niedlich-blasierten Ausdruck "fistycuffs".
So eine anständige Keilerei ist also tatsächlich etwas, das ein paar romantischere Verklärungen in uns hervorruft. In einem etwas archaischeren Teil unseres Gehirns ist das Prügeln (bzw. eher das Sich-mal-geprügelt-haben) womöglich sogar mit dem "Gehört zum Erwachsenwerden dazu"-Zentrum verknüpft. Es wabert da irgendwo im Kosmos von Haus bauen, Baum pflanzen und Sohn zeugen und diesem ganzen Blödsinn, den irgendwelche Generationen vor uns angeblich zu Idealen erkoren haben.
Wir können uns das also gut vorstellen. Beziehungsweise stellen wir es uns manchmal sogar tatsächlich vor. Und überlegen dann sogar gemeinsam (spielerisch), mit wem wir’s aufnehmen würden und mit wem nicht: Würden wir, wenn wir uns – zum Beispiel jetzt – mit den Kollegen vom SZ-Magazin guren müssten, gewinnen? (eher schon) Oder mit der Seite Drei? (eher nicht) Feuilleton? (klar) Sportredaktion? (auf keinen Fall)
Das bei alldem zentrale Wort ist aber: "vorstellen"! Wir kennen echte Prügeleien nämlich eher nur aus dem Fernsehen. Wo das immer elegant aussieht. Wo die Bewegungsabläufe geschmeidig und fließend sind. Wo die Schläge sitzen und die Hände und Wangenknochen nicht brechen. Und wo jeder einzelne Schlag zumindest irgendwie die gerechte, die gute Sache verteidigt. Euch zum Beispiel. Wer da prügelt, ist ja Held. Wenn wir also übers Prügeln nachdenken, dann ist das ungefähr so, wie wenn wir uns vorstellen, Spiderman zu sein: Toll, aber nur Fantasie.
In echt ist es dann so: Wir können uns auf dem Weg zum Erwachsenendasein ein Haus nicht leisten (weshalb der Garten für den Baum fehlt), spielen mit unseren Töchtern Fußball (oder mit Puppen, wie sie halt wollen) – und wir haben keine Ahnung, wie das überhaupt geht, sich prügeln. Woher auch? Die Normalen unter uns lernen das nicht. Und die eineinhalb Mal, in denen wir vielleicht in die Situation kommen (so Niveau fünfte bis siebte Klasse; Gymnasium), sind wir dann ungefähr so souverän wie bei den ersten eineinhalb Mal Sex. Vermute, dass das auch ähnlich elegant und geschmeidig aussah.
Um es also noch konkreter zu sagen: Ich habe einmal im meinem Leben eine richtig echte Schlägerei gesehen. Habe einmal gehört, wie es klingt, wenn eine Faust in einem Gesicht einschlägt. Wenn sie den Wangenknochen bricht. Seitdem frage ich mich, wie schlimm Krieg eigentlich wirklich sein muss. Also: Ja, wir haben eine riesige Angst vor Prügeleien. Die meisten von uns sogar eine lähmende, aus der heraus wir da gar nix mehr auf die Reihe bekämen. Schlägereien in ganz echt sind eben verrohte Steinzeitmenschen-Kacke. Wer sie ernsthaft gut findet, bei dem tut eine anständige Backpfeife mal Not. Auge, Kiefer, Ende der Diskussion!
Text: josephine-schleich - Cover (Illustration): Daniela Rudolf