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Jungs, was bedeuten euch Baustellen?
Auf unseren alltäglichen Stadtspaziergängen kommen wir ja dann und wann an einer großen Baustelle vorbei. Dort werden wir regelmäßig mit einem ziemlich abgenudelten Klischee konfrontiert: Das faszinierte Publikum rund um die Bauzäune besteht fast ausschließlich aus neugierigen kleinen Jungs und andächtigen alten Männern. Völlig gebannt von der sich vor ihnen auftürmenden Baggermacht beobachten sie das Ineinandergreifen der verschiedenen Maschinen. Ihrem Ausdruck nach zu urteilen empfinden sie dabei einen gewaltigen inneren Festtag der Instinkte. Doch eines wundert uns und hier knüpft auch schon unsere Frage an: Innerhalb dieser Ansammlung von Bubis und Opis fehlt eine ganze Generation Mann. Und zwar eure.
Woran liegt das? Seid ihr euch ab einem gewissen Alter zu cool für das Herumstehen an Baustellen? Entgleitet euch aus irgendeinem mysteriösen Grund die Baggerfaszination in einem bestimmen Lebensabschnitt – um erst im späten Alter zurückzukehren? Oder hat das womöglich alles irgendetwas damit zu tun, dass dem hippen Mann von heute Computer und Spielkonsolen die neuen Bagger sind? Wir verstehen es nicht. Bitte erklärt es uns!
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
In München ist gerade das Oktoberfest zu Ende gegangen. Ortsfremde halten dieses Fest für eine fragwürdige Veranstaltung, auf der Menschen sich ungezügelt dem Alkohol hingeben – und dabei ihren Trieben freien Lauf lassen: Mädchen schnüren dafür ihren Oberkörper zu einem engen Dekolleté zusammen und Jungs balzen sich mit Trink- und Körperkraft durch die Festzelte. Beides führt zu extrem klischeebeladenen Mädchen- und Mannsbildern, die volkstümlich gekleidet, U-Bahnsitze belegen.
Um aber wirklich etwas über den Unterschied von Jungs und Mädchen zu verstehen, muss man während der Bauma den Münchner Nahverkehr beobachten. Die Bauma ist so was wie eine Dauerbaustelle auf dem Messegelände. Sie ist das Oktoberfest der Baumaschinen-Fans. Wo auf der Wiesn Festzelte stehen, ragen auf der Bauma Kräne in die Luft. Doch der wirkliche Unterschied zwischen den beiden Superlativ-Veranstaltungen: Bei den Kränen trifft man kaum Mädchen und Frauen und fast keine Jungs in unserem Alter.
Der Grund dafür ist der gleiche wie der für die Besucher-Konstellation an einer größeren Baustelle. Für unseren Teil können wir ihn so erklären: Uns fehlt einfach die Zeit. Die Baggerfaszination ließe sich schon entfachen, die Zeit dafür jedoch können wir nicht erübrigen. Vielleicht ändert sich das in Zukunft (Rente!) mal, früher jedenfalls hatten wir sie – und ganz schlecht war das nicht.
Heute jedoch sind wir zu sehr mit anderen Dingen befasst. Um das zu verstehen, müsst Ihr Euch einfach die Frage stellen, warum Ihr gerade nicht mit Puppen spielt. Kleine Mädchen tun das und ältere Damen auch (wenn man dem Homeshopping-Programm Glauben schenken darf). Darauf angesprochen begründete ein Freund diese Altersverteilung mit der weiblichen Geschlechtsreife: „So lang sie Kinder bekommen können, mögen sie keine Puppen“, sagte er.
Ich zweifel ein wenig daran, es würde umgekehrt bedeuten: Wenn unser Bagger eure Puppen sind, kehrt unsere Baustellenbegeisterung genau dann zurück, wenn unsere Paarungs-Interesse sinkt. Ob das stimmt könnten wir ja gemeinsam auf der Bauma herausfinden – ab 15. April 2013!
Christian Berg