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Jungs, warum tanzt ihr so komisch?

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Ich glaube nicht, dass ich in die falschen Clubs gehe. Einmal war ich in einer Großraumdisse, einmal auf einer seltsamen Goa-Waldparty und einmal in einem Teenie-HipHop-Laden. Ansonsten halte ich mich nachts eigentlich an Orten auf, die von vielen netten, ansprechenden Jungen bevölkert sind, die gerne zu guter Musik weggehen wollen. Nur meine ich beobachtet zu haben, dass ihr Jungs euch ungern zur Musik bewegt. Und wenn, dann sieht das oft sehr komisch aus. Jedenfalls kann man eure Bewegungsmuster auf oder in der Nähe von Tanzflächen meistens so kategorisieren: 1. Der Nicht-Tänzer Der männliche Nicht-Tänzer stellt in Clubs eine große Fraktion. Er ist in der Regel regungslos an der Bar oder in einer schummrigen Ecke zu finden. Dort steht er herum wie eine Säule aus Stein und hält sich an seinem Bier und einer Fluppe fest. Clubs sind für ihn keine Tanzlokale, sondern da, um Leute zu treffen und sich nett zu unterhalten. Hat er seine Freundin dabei, schaut er ihr gerne aus der Ferne zu, lässt sich aber auch auf wiederholte Aufforderung nicht zum mitmachen überreden. Man könnte ja beim Tanzen seinen Gefühlen Ausdruck verleihen. Seine Tanzfigur: Wenn überhaupt, dann tumbes Trampeln auf der Stelle 2. Der Salsa-Tänzer Man muss ihm hoch anrechnen, dass er guten Willen zeigt. Er möchte nicht als der verklemmte Typ gelten, der sich nicht gehen lassen kann (siehe Punkt eins). Mangelndes Rhythmusgefühl macht er durch einstudierte Schrittkombinationen wett, die er noch aus Tanzschulzeiten in der Oberstufe mitgenommen hat. Eins, zwei… einszweidrei – so ging das doch! Blöd nur, dass nicht jedes Mädchen ausladende Hüftschwünge bei Männern sexy findet. Seine Tanzfigur: Mediterranes zu 140 BPM 3. Der „witzige“ Tänzer Zu tanzen sagt er „schwofen“ und so sieht’s bei ihm aus. Irgendwie betont scheisse. Weil er es nicht besser weiß, karikiert er das ganze Tanzgedöns und zieht dafür eine witzige Show ab. Witzig heißt in diesem Fall: Er schöpft kinetisch aus dem Vollen, beansprucht für sich aber die Rolle des albernen Kaspers. Er will die Anwesenden mit Absicht amüsieren, denn so beugt er vor, dass sie ihn ohne sein Einverständnis auslachen. Seine Tanzfigur: Der Moonwalk, wahlweise auch die „Kettensäge“ oder die „Gießkanne“ Die Nischenvariante des Pogotänzers wollen wir an dieser Stelle aussparen, denn umstehende Menschen anzuschubsen fällt meiner Meinung nach nicht unter Tanzen. Ich verstehe das einfach nicht. Gibt’s auch den ganz normalen Tänzer? Stellen sich die meisten von euch beim Tanzen wirklich so an? Könnt ihr es einfach nicht? Warum? Habt ihr Angst, euch zu blamieren? Findet ihr Tanzen peinlich? Auf der nächsten Seite steppt der Bär


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Jungsantwort: Manchmal tut Selbsterkenntnis weh - unsere hüftsteifen Tanz-Bewegungen sind uns durchaus bewusst. Das hemmt uns, Tanzflächen selbstbewusst zu betreten. Wir wissen außerdem, dass ihr unsere Tanzbemühungen sehr kritisch beobachtet. Welcher Junge gibt unter den harten Jury-Augen der weiblichen Tanzmehrheit gerne preis, extrem untalentiert zu sein? Solche Selbstzerfleischungen beobachtet man sonst nur bei TV-Castingshows, während man selbst voller Fremdscham zu Hause auf dem sicheren Sofa sitzt. Schon frühkindliche Erfahrungen im Sandkasten haben uns gezeigt: Mädchen können hässlich lachen, wenn die krüppelige Sandburg nicht dem weiblichen Sinn für Ästhetik entspricht. Statt Plastikschaufeln haben wir heute Bierflaschen in der Hand. Wir müssen uns in Clubs an etwas festhalten, sonst fühlen wir uns nackt und unwohl. Mit der Flasche schaffen wir unseren zentralen Tanz-Bezugspunkt, der uns in der wogenden Menge zappelnder Körper Halt gibt. Wir umklammern sie fest, wechseln mal die Hand, tanzen fast partnerschaftlich mit dem gläsernen Behälter. Die Longneck-Flasche wird so zur imaginären Stahlstange, wie in billigen 80er-Jahre-Erotikstreifen. Haben wir uns im Club schon an zu vielen Tanz-Bierstangen festgehalten und sie entleert, dann verwandeln wir uns manchmal in den "witzigen" Tänzer, der die extrovertierten Mooves macht. Ja, ihr habt Recht - so ganz sicher sind wir uns beim Tanzen nie. Über den verhinderten deutschen Latin Lover mit Selbstüberschätzung brauchen wir allerdings nicht lange reden. Den beneiden wir nicht, nicht mal heimlich! Für tapsige Disco-Fox-Elemente, Holzklotz-Salsa und Niveau-Limbo haben wir kein brüderliches Verständnis, geschweige denn Respekt. Aber leider bleiben eure Augen auf diesen seltsamen Tänzern hängen. Ihr überseht dann die netten Jungs, die entspannt und unauffällig ihre Runden auf der Tanzfläche drehen, sogar in der Mitte! Schaut mal genauer hin! Wir können Bällen nachjagen, Ziellinien überrennen und halsbrecherisch die Piste herunterrasen - Ein Mann, ein Ziel. Aber Hüften, Arme und Kopf gleichzeitig in ästhetisch-geschmeidige Bahnen lenken? Ja, oft entschließen wir uns dann, lieber gleich am Rand zu bleiben. Manche von uns sind Gefangene der eigenen Coolness-Doktrin. Wir stehen mit verschränkten Armen in der Ecke und gucken spaßbefreit aus der Wäsche. Doch wer soll uns aus dieser stereotypen Gefangenschaft befreien, wenn nicht ihr? Zerrt uns mit gewinnendem Lächeln auf die Tanzfläche! Tanzen ist manchmal wie Sex - Ein Mix aus Talent, Übung und Erfahrung, denn seinen eigenen Stil muss man erstmal irgendwie finden und entwickeln. Wir fordern eine Übungseinheit! Macht uns locker! Zeitgleich wünschen wir uns aber auch mehr weibliche Selbstreflexion: Pfennig-Absätze sind eine Waffe! Man sollte sie nur tragen, wenn man sie bedienen kann! Tanzflächen verwandeln sich für Männerfüße sonst oft in gefährliches Terrain. Und nicht jede Jazz-Dance-Choreographie, die ihr mit der Mädels-Clique im Vorstadt-Tanzclub eingeübt hat, hat das Zeug für die Club-Tanzfläche. Sonst werdet ihr schnell selbst zur "witzigen" Tänzerin. Nobody is perfect - Gott sei Dank wird uns Jungs das allmählich bewusster. Wir lernen, auch auf der Tanzfläche offensiv mit unseren Defiziten umzugehen. Deshalb trifft man zum Beispiel meine Freunde und mich regelmäßig auf den Tanzflächen dieser Stadt. Zu elektronischen Bässen und handgeschlagenen Gitarren rudern wir teilzeit-ästhetisch mit den Armen, singen laut mit und schwitzen fleißig in unsere T-Shirts. Damit sind wir nicht unbedingt eine sexy Augenweide. Aber eines muss man uns auf jeden Fall lassen - Wir sind authentisch. Und während lauter Hüftschwung-Hühner mit gequältem Grinsen über die Tanzfläche eiern, weil man es von ihnen als Mädchen nun mal so erwartet - Haben wir Tanz-Jungs ein zufriedenes, breites Grinsen im Gesicht. Denn so langsam erkennen immer mehr von uns: Tanzen macht glücklich! johannes-graupner

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