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Jungs, warum rottet ihr euch immer zusammen?

Fotos: Unsplash / Collage: jetzt.de

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Liebe Jungs,

ich habe eine unangenehme Beobachtung mitzuteilen: Wir befinden uns leider doch noch in den 50er-Jahren. 

Immer wieder beobachte ich auf privaten Partys oder gemeinsamen Abendessen mit Freunden, dass sich früher oder später die Typen zu den Typen und die Frauen zu den Frauen gesellen. Es klingt wie aus einer schlechten deutschen Komödie Marke Schweiger & Schweighöfer, aber diese Geschichte ist direkt aus dem echten Leben gegriffen: Neulich wurde ich Zeuge davon, wie eine Gruppe einander vormals unbekannter Männer nach mehreren gemeinsamen Abendessen mit ihren Freundinnen eine eigene Typen-Whatsapp-Gruppe ins Leben rief. Dort schickten sie sich alle möglichen Witze oder Gifs hin und her und verabredeten sich unter anderem zum gemeinsamen Fußballgucken. Die dazugehörigen Frauen waren nicht eingeladen – weder in die Whatsapp-Gruppe, noch zum Fußball. Als ihre Männer zusammen zum Fußball gingen, verabredeten sich die Frauen zum Abendessen. 

Hilfe! Ich wollte an eine merkwürdige Ausnahme glauben. An einen rein zufälligen Rückfall in ein altes Klischee. Ich dachte: Vielleicht haben sich die Frauen schon beim ersten gemeinsamen Essen dermaßen eingeschworen verhalten, dass den armen Männern – die sich ja vorher im Gegensatz zu den Frauen nicht einmal gekannt hatten – nichts anderes übrig blieb, als sich ebenfalls zusammenrotten. Eine Gang der Außenseiter zu gründen.  

Aber das ist Bullshit. Ich sah mich in den folgenden Wochen um und erblickte es allernorts: Man trifft sich mit den unterschiedlichsten Menschen und irgendwann gibt es, ganz egal, wer der Beteiligten sich schon wie lange kennt, eine Tendenz zur Männer- und zur Frauenecke. Mir wurde berichtet, dass sogar in den Zeitungskonferenzen dieses Hauses zu beobachten sei, dass sich am Konferenztisch oft die Frauen zu den Frauen und die Männer zu den Männern setzten. Und dass in diversen Ressorts sogar die Männer meist mit den Männern zu Mittag essen gehen und die Frauen mit den Frauen.

Sind die Zeiten von „Mädelsabenden“ und „Jungsabenden“ wirklich noch immer nicht vorbei? Warum? Was soll das? Dass Frauen mit Frauen nicht andauernd nur geheime Gespräche über Tampons führen und Männer über die Beschaffenheit ihres Spermas, ist uns ja wohl allen klar. Und dass alle anderen Gesprächsthemen mittlerweile ziemlich unisex sind, auch. Also, was ist es dann, das die Menschen zuverlässig zu ihren Geschlechtsgenossen treibt? Die Angst, sich fremdzuverlieben? 

Ich bin völlig ratlos. Und ihr?

 Die Jungsantwort

Jungs-Antwort

 

Liebe Mädchen,

 

ich habe eine unangenehme Beobachtung mitzuteilen: Wir befinden uns doch noch im Jahr 2017, in einer Zeit, in der sich ein Haufen Männer für Fußball interessiert und ein mindestens genauso großer Haufen Menschen sich zu Komödien der Marke Schweiger & Schweighöfer kaputtlacht.

 

So sympathisch mir eure Irritation auch ist, ist mir ist nicht ganz klar, auf welchem Planeten außer der Erde ihr sonst eure Beobachtungen anstellt. Die Gepflogenheiten beim Abendessen sind aus meiner Sicht kein urplötzlicher, überraschender „Rückfall in ein altes Klischee“, sondern weiterhin – in den 50ern wie heute – Alltag. Die meisten Typen kommen besser mit Typen klar, haben mehr männliche Freunde, hören mehr Musik von Männern, lesen mehr Bücher von Männern, schauen mehr Männern beim Sport zu, machen alles mehr mit Männern. Weil sie andere Männer eben als ähnlicher zu sich selbst empfinden. Betritt ein Mensch einen Raum, geht es eben immer um die Frage: Wo ist mein Platz hier? Wo ist meine Gruppe? In einer Gesellschaft, die Geschlechterunterschiede nach wie vor eher zementiert als auflöst, setzt sich ein Typ eben auf die männliche Seite des Tisches.

 

Selbst wer diese Gegebenheiten in Frage stellt, passt sich im Zweifel lieber an, schließlich geht es hier um adäquates Verhalten. Eine Bundesliga-Diskussion mit vier Typen ist gesellschaftlicher Standard, ein einzelner Typ in der Frauenecke nicht. Da fällt man auf – und das wollen die wenigsten Menschen. In dem Moment, in dem sich zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts gegenübersitzen, stehen in den Köpfen der meisten Außenstehenden immer gleich zehn sabbelnde 50er-Jahre-Elefanten im Raum, die hunderte Fragen stellen. Kleine Auswahl: „Warum esst/redet/sitzt ihr gerade zusammen?“, „Du hast schon kapiert, dass ihr – mal rein hypothetisch – miteinander schlafen könntet? Meinst du nicht, dein Gegenüber denkt gerade an genau das?“ Oder sie werden noch bescheuerter und fragen: „Was redest du mit der Frau da? Entdeckst du grad deine feminine Seite, oder was?“, „Du merkst schon, dass du hier grad in der Frauenecke gelandet bist, oder? Was sollen die Typen da drüben jetzt denken? Dass du schwul bist? Oder, dass du dich an ihre Freundinnen ranmachst?“

 

Natürlich variiert die Anzahl dieser eigenartigen Bedenken von Mensch zu Mensch, man kann und sollte sie leiser stellen, sich nicht darum kümmern, was da gerade aus der gesellschaftlichen Assoziationsdusche auf einen einprasselt. Aber das muss man eben auch wollen, man muss es aktiv forcieren, sich selbst hinterfragen, einen Bruch mit Konventionen riskieren, auffallen. Und das ist viel Arbeit, die kaum jemand 24 Stunden am Tag betreibt. Selbst die vermeintlich „fortschrittlichen“ unter uns können vermutlich (noch) nicht von sich behaupten, dass ihr Umgang mit allen Menschen keinerlei Unterscheidung zwischen Mann, Frau und allem dazwischen enthielte. Von ihnen kommt dann eben trotz sämtlicher Geschlechter-Diskurse das zweideutige „Ahaaaa!“, wenn wir ihnen erzählen, dass wir gerade mit Kollegin XY Mittagessen waren. Oder eben die Kapitulation vor der eigenen geistigen Beschränktheit in Form einer „Wir Typen sind eben so“-Ausflucht.

 

Typen sind aber nicht so und Frauen auch nicht. Natürlich kann alles anders und besser werden, natürlich merken viele langsam, dass – shocking news – ein entspannter Umgang zwischen Mann und Frau möglich ist. Und jeder Mensch, der mal die Männer- und Frauenecke sprengt, ist ein wichtiger Schritt dorthin. Bis das aber zum gesellschaftlichen Normalfall wird, ist es noch ein weiter Weg. Wir haben erst 2017. Und im Januar kommt erstmal der nächste Schweiger-Schweighöfer-Streifen.

 

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