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Jungs, warum könnt ihr euch so viel Blödsinn merken?
Es geht um Mehmet Scholl, um seinen Schwanz und den kleinen Ich-bin-nie-zufrieden-Mann im Kopf. In "Lammbock" erklärt Moritz Bleibtreu, wie Jungs ticken. Und das zeigt auf mehreren Ebenen, wie seltsam eure Hirne sind:
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Denn ich kenne nur sehr wenige Jungs, die diese dreiminütigen philosophischen Ergüsse nicht im Schlaf herunterbeten oder zehn Homer Simpson Weisheiten auf Knopfdruck abrufen können. Ganz zu schweigen von Fight Club. Mühelos rezitiert ihr 139 Minuten lang sowohl Edward Norton als auch Brad Pitt. Dazu kennt ihr hunderte Witze. Zu jeder Gelegenheit. Über jede Randgruppe, unter jeder Gürtellinie. Immer schon. Früher wart ihr die Klassenclowns, heute seid ihr die Alleinunterhalter bei jedem Kneipenabend. Ich dagegen kann genau einen Witz erzählen. Der handelt von zwei Vampiren in einer Bar, Tee und einem Tampon. Bei meinen Zuhörern ruft der allerdings eher eine angewiderte Grimasse als Lachen hervor.
Wie macht ihr das? Erstellt ihr Listen mit potentiellen Sprüchen in euren Hinterköpfen? Brennen sich die Zitate einfach ins Gehirn ein, nachdem ihr euch Filmszenen 20 Mal bei YouTube angesehen habt? Speichert ihr sie bewusst, um zu einem späteren Zeitpunkt damit prahlen zu können, um unterhaltsam zu sein?
Versteht uns nicht falsch. Wir mögen es, wenn ihr uns zum Lachen bringt, wenn ihr genau in dem Moment eine Pointe setzt, dass uns die Apfelschorle aus der Nase schießt. Weil es unsere Welt einen kurzen Augenblick glücklicher macht. Manchmal können wir aber auch nur die Augen rollen, wenn ihr euch, zum Beispiel, wieder über die Dummheit von Blondinen amüsiert. Weil eure Witze immer andere treffen, nie euch selbst. Und manchmal werden wir wütend, weil ihr euch zwar sämtliche Pulp-Fiction-Sprüche merkt, unsere Geburtstage aber vergesst.
Ach so: Und weil ihr ständig nach Mädchen sucht, die euch witzig finden. Die euch anhimmeln und euch in eurem Selbstbild bestätigen. Das steckt doch auch dahinter, wenn ihr euch sov iel Blödsinn merkt, oder? Wer Humor hat, hat die Macht?
Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von elias-steffensen.
Ich habe dazu nur eine These anzubieten. Sie ist sehr theoretisch – aber dafür lang. Und sie verdankt sich auch noch einer Hospitanz beim Feuilleton der FAZ. Ein Redakteur, der absolut exakt so aussieht, wie man sich einen Redakteur dort vorstellt, hatte einen auf sehr spezielle Art klugen Text über einen auf sehr allgemeine Art dummen Film geschrieben (es ging um das wiederkehrende Motiv des Saturn – also des Gottes - und ich habe ihn nicht verstanden). Und aus irgendeinem Grund wollte er wissen, wie ich diesen Text fand.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Ich geriet also ins Stammeln und näselte etwas, das sinngemäß meinte: "Ich bin unsicher, ob der Regisseur den Gedanken tatsächlich in der geisteswissenschaftlichen Stringenz verfolgt hat, die Sie entdeckt haben wollen. Weil: Der Film ist ja ziemlich blöd." Was folgte, war ein verstörend geistreicher Vortrag darüber, wie exakt Filmproduzenten – zumal in Amerika – ihre Klientel kennen und jedes noch so kleine Detail darauf ausrichten. Dass es deshalb feuilletonistische Aufgabe sei, diese Details zu ergründen und zwar bis in die hintersten Winkel der Ausstattung, und all das kulminierte in dem denkwürdigen Satz: "Wenn in einem Film ein Huhn auftaucht, dann können Sie sicher sein, dass es das huhnigste Huhn der Welt ist." Weil Zufälle, die gäbe es bei einem solchen Film nicht.
Und hier ist dann also auch schon mein Punkt: Wir können uns das merken, weil Filme- und Serienmacher im Bestreben, Geist, Humor oder Wertekanon einer Zeit einzufangen, sehr genau wissen was sie tun. Wenn sie also einen Jugendfilm drehen, der sich an ein eher männliches Publikum mit einsetzendem Bartwuchs richtet, dann ist ihnen in aller Regel sehr klar, wie ein Dialog, das Auto, in dem er stattfindet, die Straße, in der das Auto steht, und die Stadt, in der die Straße liegt, aussehen müssen, damit das alles einen Nerv beim Zielpublikum trifft. Denn nein, wir machen uns natürlich keine Listen, wir lernen nichts auswendig, wir merken uns Blödsinn genau so, wie jeder sich Blödsinn merkt: aus Versehen.
Weil, es stimmt ja, was Hirnforscher und diese seltsamen Wissenschafts-Comedians sagen: Ein vergnügtes Hirn lernt besser. Deshalb bleiben die Sätze von Homer (der Comicfigur) eher hängen als die von Homer (dem Griechen), deshalb kann der Kollege S. den "Lambock"-Monolog komplett rezitieren und ich mir nicht merken, wie die Hauptstadt von Nigeria heißt.
Warum das bei uns nun ausgerechnet bei Komischem funktioniert, darüber kann ich nur spekulieren. Ein Faktor ist sicher die männliche Dominanz in der Filmbranche, die nun mal eher männliche Blickwinkel in ihre Werke bringt. Deshalb hat man es ja tatsächlich als kleine Sensation empfunden, dass in "Brautalarm" oder "Taffe Mädels" Frauen die Protagonisten in Haudrauf-Buddy-Komödien sind. Aber dazu ist es wohl auch so, dass das mit dem Humor für uns sehr gut funktioniert. Da hast du einen unbestreitbaren Punkt gemacht: Ihr könnt nämlich noch so viel mit den Augen rollen: Wenn ihr erst mal wirklich herzhaft über unseren Blödsinn gelacht habt, ist der Weg in eure Herzen oder Betten schon ein ganzes Stück kürzer geworden.
elias-steffensen[/link]