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Jungs, warum habt ihr Angst vor zu viel Dominanz?

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Wahrscheinlich sind in unserer Generation wenige Dinge verpönter, als sich in einer Beziehung drangsalieren zu lassen. Trotzdem bleibt es nicht aus, dass man unter seinen vermeintlich so kompromisslosen und emanzipierten Freunden und Freundinnen hin und wieder Spuren der pathologischen Unterwürfigkeit entdeckt. Freundin N. zum Beispiel, die nun doch nicht allein nach Rio fliegt, weil, "naja, unter anderem halt der Max da jetzt auch nicht so amused drüber ist", wie sie verdruckst vorbringt. Oder Freund S., der die Clique verzweifelt bittet, seiner Freundin nichts von der exzessiven Party in der gemeinsamen Wohnung neulich zu erzählen, als sie übers Wochenende bei ihren Eltern war.

Unsere innere Reaktion auf solcherlei Unterwürfigkeiten unserer besten Homies verläuft meist in folgenden Phasen:

1. Kleiner Schreck: Was, x/y ist da so unsouverän? Passt jetzt irgendwie gar nicht.
2. Mittelstarke Enttäuschung: Hätt’ ich irgendwie mehr Selbstbewusstsein erwartet, dachte immer, x/y sei cooler.
3. Kurze Wut auf die andere Hälfte: Blöde Schnepfe / Blödes Arsch, würd ich sofort abschießen, hat x/y überhaupt nicht verdient!
4. Toleranz- und Thema-abhaken-Phase: Naja, ist ja nicht mein Problem, wer bin ich, die Leute zu belehren, holt sich halt jeder ab, was er braucht und was weiß ich von außen schon, wie es in der Beziehung wirklich zugeht.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ja nach Engheitsgrad unserer Beziehung zu der offensichtlich drangsalierten Person würden wir vielleicht vor Schritt Vier noch einmal den Versuch wagen, die Sache anzusprechen und nachzuhaken, ob x beziehungsweise y sich da wirklich so unter Druck setzen lassen möchte. Aber dann wäre es auch gegessen. Und im Übrigen spielt es für uns keine Rolle, von welcher Seite die Unterdrückung ausgeht. Vom Partner unterdrückt ist vom Partner unterdrückt, egal ob nun Mann oder Frau die "Täter" sind.

Ihr hingegen, und daher rührt überhaupt erst meine Frage, scheint das noch etwas anders zu sehen. Wenn ein Mann sich von seiner Freundin bestimmen lässt, macht euch das sehr viel wahnsinniger, als andersrum. Bei einer beherrschten Frau setzt ihr die Mitleidsmiene auf: Ach herrje, die Arme, hoffentlich steckt da nicht häusliche Gewalt dahinter! Bei Typen aber werdet ihr regelrecht wild: So ein Weichei, so ein Warmduscher, Sitzpinkler, da fallen in der größten Wut sogar Schimpfworte wie "Fotzenknecht".

Letzteres habe ich mir übrigens nicht ausgedacht, sondern erst vor einigen Tagen selbst aus dem Mund eines Bekannten gehört, der ansonsten außerordentlichen Wert auf gute Manieren legt. Die Geschichte dahinter: Ein Freund, mit dem dieser Bekannte zum Stammtisch verabredet war, ist nicht zu diesem Stammtisch erschienen. Er hat aber auch nicht selbst abgesagt. Seine Freundin hat eine SMS an den Stammtisch geschickt, der X könne nicht kommen, Fieber und Schüttelfrost, viele Grüße, die Y.

Was zur Hölle!, habt ihr da gebrüllt, so ein "Fotzenknecht" ist der X also? Erstens, wart ihr euch sicher, sei er gewiss nicht so krank gewesen, dass er nicht einmal mehr selbst eine SMS hätte schreiben können, und zweitens, selbst wenn er es gewesen wäre, hätte er die Freundin ja auch bitten können, in seinem Namen eine SMS zu formulieren, und nicht in ihrem. Tatsächlich, ich gebe es zu, eine verstörende Szene und alles sehr mysteriös bis höchstverdächtig. Aber diese Aufregung darüber, Jungs, dieses Emporfluchen bis zum Wort "Fotzenknecht", das müsst ihr uns erklären. Wieso betrifft euch das Unterdrücktwerden eines Mannes auf so gänzlich andere Weise als das einer Frau? Doch nicht nur, weil ihr selbst welche seid?

Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von elias-steffensen.



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Lieb von dir, das mit dem "Bekannten". Aber wir tun da jetzt gar nicht lang rum und sagen einfach, dass ich das war. Weil Himmel, der X. – spinnst du, kann ich mich da reinsteigern! Lässt der wirklich seine Alte den Stammtisch absagen! Per SMS! Ja geht’s denn eigentlich noch?!

Ja, ja: "Alte", weiß schon. In dem Wort hängt der Weißbierdunst von tausend Schafkopfrunden. Aber so fühlt sich das für mich leider an. Als müsste ich von einer "Oiden" reden, die zu Hause sitzt und grantelt und greint und das Nudelholz wetzt und dabei eine geblümte Kochschürze anhat. Wobei ich das mit dem "Fotzenknecht" noch präzisieren möchte. Ganz genau genommen hab ich nämlich den X. nicht direkt "Fotzenknecht" genannt, ich habe gesagt, dass ich vor lauter Erregung kurz davor sei, ihn so zu nennen.

Viel besser macht es das aber jetzt auch nicht. Dass mir (und ich glaube, man kann da tendenziell auch sagen "uns") das Vokabular da manchmal derart Richtung Wolfsmensch verrutscht, zeigt schon, aus welchen Regionen in uns das hervorkriecht: Wir stecken bis zum Anschlag in tradiertem Scheißkram. Alte Rollenbilder, die klebrige Reste hinterlassen haben, wie die halbherzig abgepulten Paninisticker in unseren Jugend-Kleiderschränken: Der Macker und die Alte. Wir gegen euch.

Und während ich die vorherigen Absätze noch mal überfliege, und mir vor allem die Semantik ansehen, fällt mir auf: Das ist gar nicht so sehr die Rückwärtsgewandtheit reaktionärer Sexisten. Es hat eher etwas Pennälerhaftes. Und genau das ist – glaube ich – auch das Irrationale, die Gefühlsseite des Ganzen: Wir sind da geistig wieder im Kosmos Pausenhof. Jungsgruppe und Mädchengruppe. Kicken und Gummitwist.

Und irgendwann ist dann der frühreife Jürgen plötzlich zu den Mädchen rübergegangen. Und kurz drauf hat er geknutscht. Mit euch. Und nicht mehr gekickt. Mit uns. Und das war dann eine Art von Verrat. Eine Entscheidung gegen die Gruppe. Gegen die Schicksalsgemeinschaft. Gegen "uns". Für "die".

Dieses Gefühl kraxelt wieder hoch, wenn wir ein bisschen Galle auf den Stammtisch-Bruder X. speien. Würde ich sagen. Auf eine etwas verquere Art finde ich das sogar ganz niedlich – dass der kleine Elias aus der Vergangenheit noch mal herüberkrakeelt. Dass er sagt: "Igitt, mit Mädchen?! Wie schwul!" Was wohl auch erklärt, warum wir das starke Gelästere nur in Gruppen tun. Hätte mir der X. alleine abgesagt, wäre mein Ton garantiert ein anderer gewesen.

Ich würde mich sogar noch an einer rationaleren Erklärung versuchen. Für die brauche ich aber eine etwas steile These: Damit Typen sich in einer Beziehung auf Augenhöhe bewegen können, müssen sie eine winzige Spur souveräner sein als ihre Freundinnen. Frauen haben nämlich mehr Manipulationsmöglichkeiten. Oder halt! Mehr von den leisen zumindest. Von dem gemaunzten "Och, ich dachte, wir machen uns einen schönen Abend zu zweit heute ...". Von dem "Hm, wenn du meinst, dann geh da ruhig noch hin".

Maunzen kann bei euch etwas Niedliches haben. Wenn ihr es selten genug benutzt. Bei uns ist es eher immer schluffig und teigig. Wenn wir dem X. also vorwerfen, unter dem Pantoffel zu stehen, wenn wir von ihm also wenigstens implizit fordern, mal eine Ansage zu machen, dann ist das weniger ein Aufruf, das Weib zu unterjochen. Es fordert eigentlich nur Augenhöhe in einer Beziehung von jemandem, den wir mögen.

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