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Jungs, könnt ihr bitte leiser stöhnen?
Jungs, wir sind gekommen, um uns zu beschweren. Es geht um euch und die Geräusche, die ihr produziert und die Frage, was genau ihr uns mit den Ächzereien eigentlich sagen wollt. Und nein, wir reden nicht von den Geräuschen im Schlafzimmer. Dort seid ihr ja – so nach unserer Erfahrung – meist eher Mönchsartig still. Wir sprechen von euren Gestöhne, Geächze und Getue beim Sport und in der Sauna. Denn ausgerechnet da könnt ihr offensichtlich ums Verrecken nicht eure Klappe halten. Nur ein Beispiel vom vergangenen Sonntag: Wegen schlechter Laune und allgemeinem Winterblues machte ich mich auf ins städtische Hallenbad, um dort in der Sauna ein wenig vor mich hin zu simmern. Tut ja gut, wenn man so seinen Gedanken nachhängen kann, ein wenig in die Luft starren. Jene kleine Sauna war zum Zeitpunkt meiner Ankunft mit vier Frauen bevölkert und angenehm ruhig. Fast hätte ich es sogar geschafft, mich in einen Zustand völliger Transzendenz hinein zu schwitzen, hätte sich nicht nach einiger der Zeit die Türe geöffnet und einen Herrn mittleren Alters eingelassen. Der legte erst einmal penibel und auf Kante sein Badetuch ab, um sich dann ausführlich sämtliche Extremitäten zu dehnen. Also: „Dehn, Ächz, Zieh, Zerr, Rummms!“ All das in einer so bewundernswerten Ausführlichkeit, dass wir Frauen ihn ganz gebannt anstarrten. Und auch, nachdem er sich endlich auf seinem Handtuch ausgestreckt hatte, blieb er gerade mal fünf Minuten still. In dem Moment, in dem der erste Schweißtropfen die Holzplanke betropfte, fing das Geächze wieder von vorne an, während er mit fahrigen Handbewegungen die Suppe auf seiner Haut verstrich, als wolle er sie wieder in seine Poren zurückpressen. Uargh! Echt jetzt mal! Nicht nur, dass all dieses Gehabe für meine Ohren ziemlich nach Sex klangen, der Typ ist ja kein Einzelfall. Wann immer es ans Sporteln geht, verlaufen die Geschlechtergrenzen ziemlich klar (mal abgesehen von einigen Tennisprofis): Die Frauen tun ihr Ding und atmen höchstens mal ein wenig schwerer. Wohingegen ihr euch beim Sport offensichtlich immer lauthals bemerkbar machen müsst, damit auch jeder mitkriegt, dass ihr gerade 500 Gramm gestemmt habt. Mal ganz abgesehen davon, dass ihr unseretwegen sehr gerne die Klappe halten könntet: Warum stöhnt ihr überhaupt, wenn es mal sportlich-körperlich wird? Auf der nächsten Seite kannst du die Jungsantwort lesen
Die Jungsantwort:„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Ha, da müsstet ihr mal mitkommen, auf unsere Seite einer gut besuchten Bedüfnisanstalt. Nicht nur die Geräusche der unmittelbaren Verdauung werden dort stolz präsentiert, auch das Davor und Danach erfährt hier eine Soundbearbeitung, die jeden Trickfilm neidisch machen würde. Es wird gedrückt, gestoßseufzt, geprustet und gejammert, mit einer Lust, die ahnen lässt, dass diese Männer sich das sonst nicht unbedingt so ungeniert erlauben dürfen. Also, die Frage ist sehr interessant, andererseits möchte ich auch gleich Veto einlegen – wir gazellenartigen Jungs machen natürlich kaum Geräusche im Alltagsbetrieb, das sind schon eher die Silberrücken und Schwemmbäuche, zu denen wir in dreißig Jahren geworden sein werden. Wenn man sich so ein nacktes Monstrum Alt-Mann in Zeitlupe betrachtet, sehen kann, wie bei jeder Bewegung die diversen Wülste aneinander reiben, wie die Gelenke hohl leiern und gefaltete Fleischkaskaden schwankend aneinander klatschen, dann ist es doch recht offensichtlich, dass dabei Nebengeräusche entstehen. Es ist da einfach zuviel Masse unterwegs - Felsen sind ja auch nur ruhig, wenn sie rumliegen. Dass dieses mühsame Manövrieren durch die Welt auch noch von Ächzen und Keuchen begleitet ist, also zu den äußeren auch noch innere Geräusche kommen, liegt zum einen wohl an der puren Anstrengung, alles erstmal in Gang zu kriegen. Zum anderen aber, und jetzt nähern wir uns der eigentlichen Geräuschquelle, adeln diese Töne auch unsere Männlichkeit. Zumindest einer – zugegeben - ziemlich verschrobenen Prägung nach. Wir bekommen das von Kind an so oft mit: Wie Papa geächzt hat, wenn er sich nach drei Stunden Formel Eins aus dem Sofa schraubte. Wie die Stammtischrunde sich kollektiv seufzend nach dem ersten Schluck Bier zurücklehnt, wie Opa ungeduldig schnarrte, bis er sich sein Hörgerät richtig eingesetzt hatte. All das sind nicht notwendige Geräusche, sondern Sachen die wir im Affekt und dabei diesen anderen Männern nachmachen. Wir müssten nicht ächzen, wenn wir uns in den überheißen Whirlpool sacken lassen oder unters Auto kriechen müssen - aber es gehört irgendwie dazu, deswegen machen wir es. Und weil es eben so dazugehört, ist die Etikette für uns in dieser Hinsicht auch schon ausgeleiert. Eine grob ächzende Frau würde in der gleichen Situation irgendwie unfein wirken, bei uns wird es hingenommen – wenn auch offensichtlich nicht in dem Maße goutiert, wie wir uns das vielleicht denken. Denn noch etwas anderes sollen die Geräusche andeuten: Anstrengung, gerade erlebte Kraft und Spannung bzw. deren eben erfolgtes Nachlassen. Zwar braucht man keine besondere Kraft um aus einem Sofa hochzukommen oder einen Tischtennisball zu schlagen, aber indem wir das qua Geräusch andeuten, simulieren wir in die unwichtige Szene gewissermaßen Mannesart hinein. Vielleicht soll das nahe legen, dass wir uns – mit dem gleichen Geräusch – jetzt auch an einem Gipfelzacken hochziehen könnten? Es deutet mindestens an, dass wir Kraft hätten, sie aber nicht brauchen - ähnlich wie ein PS-starker Motor, der an der Ampel kurz mal faucht. Es ist bestimmt auch Imponiergehabe dabei. Das Ächzen zeigt ja auch irgendwie an, dass sich ein Gewaltiger genähert hat. Ein Stammeshäuptling schleicht nicht herein, der macht Lärm. Oder beobachtet mal, wie sich die Situation an einem Kickertisch mit vier Jungs verändert, sobald ein Mädchen dazu tritt: Ich würde sagen, es wird dann über vergebene Schüsse viel markiger geseufzt und geraunzt als vorher, jede Chance wird konzentriert mit Kraftlauten versehen. So als müsste jeder Mann eine Knurrmarke absetzen. Und wer weiß, je älter Männer werden, je mehr ihre physische Präsenz nachlässt, desto mehr müssen sie vielleicht akustisch nachhelfen – und sei es nur in der Farblicht-Sauna. max-scharnigg