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Jungs, gleicht ihr euer Leben auch ständig mit dem anderer ab?
Die Mädchenfrage:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Am Samstag ist Julias großer Tag. Das Wetter hält, die Gäste strahlen und die Braut ebenso, die weißen Tauben gurren sicher lieblich. Ich habe Julia seit dem Abitur nicht mehr gesehen, aber dank Facebook bin ich mitten drin in ihrer Hochzeit. Ich klicke mich durch das Fotoalbum: „Our wonderful Wedding – the 500 best pics“. Nach Foto 34 bin ich amüsiert, nach Nummer 244 deprimiert, nach weiteren 50 Bildern irgendwie fassungslos. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich das Paar bemitleiden oder beneiden soll. Ich weiß nur eins: krasser Scheiss. Ich finde es hochinteressant, den Beziehungsstatus meiner Altersgenossinnen zu ermitteln, ebenso ihren Reproduktionsstand und ihre berufliche Entwicklung. Der Vergleich liegt ja so nahe, wo man einst aus der völlig gleichen Position ins Leben gestartet ist. Ihr wisst schon: die eine macht Karriere, die andere verwirklicht sich und die dritte wird mit einem hübschen Manne und zwei reizenden Kindern sesshaft. Bei meinen Beobachtungen schwanke ich zwischen Bewunderung, Mitleid und manchmal auch Herablassung. Ich versuche dann, mich irgendwo in diesem allgemeinen Wettrüsten zu positionieren. Stress. Würde ich das auch wollen was die machen? Werde ich das auch mal haben? Und: warum hab/kann/mach/will ich das vielleicht doch nicht? An gleichaltrigen Frauen sehe ich jene Vielfalt an Möglichkeiten bereits ausgelebt, die ich selbst noch nicht erfahren habe und wohl niemals alle erleben werde: Ich finde es wahnsinnig mutig zu heiraten – aber auch kleinbürgerlich. Klitzekleine Säuglinge entlocken mir Entzückungsschreie – einen davon um den Bauch zu schnallen scheint aber irgendwie unerträglich. Der Job im Ausland wirkt verlockend – aber ich häng doch zu sehr an meiner Zweizimmerwohnung. Dennoch leide ich bisweilen darunter, dass mir immer irgendeine irgendwas voraushat – und beneide sie. Ich fühle mich unter Druck, gleich zu ziehen, auch was zu leisten, durch dessen Fotobeweise es sich zu klicken lohnt. Oder sagen wir es schöner: eine dieser wichtigen Entscheidungen zu treffen, mutig zu sein. Aber eigentlich will ich das ja alles (noch) gar nicht. Meine größte Sorge ist: Was, wenn Julia mit ihrer Hochzeit recht hat? Wenn mein gemütliches Abwarten dazu führt, dass ich ewig einsam bleibe, weil ich in fünf Jahren feststelle, dass sich mein Freund doch nicht zum gemeinsamen kindern eignet? Oder ist es nur der ständige Vergleich, der mich in Zugzwang versetzt? Nun meine Frage an euch, liebe Jungs: Geht euch das genauso? Klickt ihr euch auch durch Hochzeitsalben und vergleicht euer Leben mit dem anderer Jungs? Und bitte: vermeidet in eurer Antwort den Ausdruck „Biologische Uhr“.
Die Jungsantwort:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Ich sitze ja gelegentlich in einem Büro, das von netten jungen Frauen bevölkert wird. Da wird viel gestöhnt. Aber nicht pornös, sondern eher so vom Leben überfordert. Dabei haben die eigentlich alle ihr Leben ganz gut im Griff, die Damen, und sehen noch dazu top aus. Aber sobald eine Promibiene ihr zweites Kind verkündet oder aber eine Einladung für die Hochzeit einer ehemaligen Klassenkameradin eintrudelt, wird das von Gestöhne begleitet und von Wehklagen mit in etwa der Botschaft: Die olle Kuh gebärt zwei und sieht trotzdem noch toll aus, und ich schaffe es noch nicht mal, am Wochenende einen Kuchen zu backen! Überflüssig zu erwähnen, dass wir Männer angesichts von Hochzeits– und Kinderglocken anderer Männer keinerlei Neidreflex verspüren, eher das Gegenteil, eher Hämereflex und einen Fitzel....dazu später. Diese Männer kommen uns jedenfalls vor wie Rennfahrer, die fortan mit einem schweren Anhänger auf die Strecke müssen, während wir immer noch Vollgas in die Kurve gehen können. Wir haben also, da müssen wir nicht lange drüber reden, nicht so sehr diesen biologisch bedingten Vergleichsdruck. Und dass ihr darunter leidet, ist ja auch nix Neues. Ich glaube, für euch ist doch einfach interessant: Wie räumen die anderen Frauen ihr Zeitregal ein? Erst Kind, dann Job, dann der richtige Mann? Oder erst der richtige Mann und dann gleich mal den heiraten und den Rest mal sehen? Da gibt es ja nun einige Varianten. Da ihr euch schon an Süßigkeitenautomaten schlecht entscheiden könnt und später das haben wollt, was die anderen genommen haben, finde ich es nur logisch, dass ihr auch bei der Auswahl eurer Lebensreihenfolgen immer das wollt, was die anderen haben und stöhnt, wenn andere sich schneller entscheiden. Nun hängt der moderne Mann bei all euren diesbezüglichen Entscheidungen ja deutlich mehr mit drin als früher, trotzdem ist dieser Lebensentwurf-Wettbewerb bei uns noch nicht so verwurzelt. Auch mit Anfang 30, kommt uns vor, können wir immer noch alles sein und werden und die nächste Dekade liegt vor uns wie die davor: lange Gerade. Auch wenn euch das unfair dünkt – wir müssen eben nicht zwangweise was entscheiden, basta. Und wenn wir die kinderbehängten Kollegen sehen, oder die glücklichen Ehemänner in Eigenheimen, dann verpflichtet uns das nur in soweit, wie ein Schaufenster die Passanten zum Kauf verpflichtet – gar nicht. Natürlich gleichen wir Dinge mit den Altersgenossen ab, und ich meine nicht die sog. Schwanzlänge. Nein, Einkommen, Weltläufigkeit, Reife der anderen hält man sicher gegen seine eigenen Leistungen auf diesem Gebiet und wir sind dabei kein bisschen weniger selbstkritisch als ihr. Gleichzeitig scheint uns all das aber eben auch noch nicht für immer festgenagelt, sondern so erreichbar, dass wir nicht wirklich neidisch sind, auf die Superakademiker oder Traumkarierristen. Einen Punkt bei den Hochzeiten der Freunde aber gibt es, da kommt unser ungutes Bauchgefühl eurem vermutlich nahe. Es ist dieses Gefühl, der andere, also dieser werdende Vater oder angehende Gatte, hätte etwas entdeckt, das uns anderen noch unbekannt ist. Etwas, das ihn so traumwandlerisch und selbstsicher diese Entscheidungen treffen ließ, die er doch vor drei Jahren noch vehement abgelehnt hätte. Ist es Reife, Vernunft oder eben eine Form von Männlichkeit, die wir noch nicht kennen? Woher hat er es? Kann es sein, dass man das nie haben wird, diesen Mut für erwachsene Verantwortung? Ein schlimmer Gedanke, für einen der laut Personalausweis seit zehn Jahren volljähriger Mann ist. Kann es sein, dass man nie dieses echte Mann-Level entern wird, weil man sich lieber ewig mit den einfachen Endgegnern des Jungs-Levels aufhält? Diese Frage treibt uns bisweilen um. fabian-fuchs