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Jungs, denkt ihr über die Beule in eurer Hose nach?
Wir Frauen haben ein sekundäres Geschlechtsmerkmal, das oftmals ziemlich ins Auge sticht: Brüste. Wenn sie wachsen, sind wir uns ihrer viel zu bewusst und verdecken sie teils schamvoll mit sehr weiten Pullovern, bis wir uns dran gewöhnt haben, dass sie jetzt zu unserem Körper gehören. Viele von uns hadern mit ihnen (zu groß, zu klein, zu schlaff, zu spitz). Und wenn wir Unterwäsche oder T-Shirts kaufen, ist ein wichtiger Aspekt für „Go“ oder „No“, wie die Brüste darin aussehen. Zudem hat jede von uns schon Situationen erlebt, in denen sie Schwierigkeiten mit ihrem Dekolleté hatte, weil es dann doch zu tief war oder das Kleidungsstück, das es umrahmt, immer so blöd verrutschte, und manchmal muss man sich einfach mal unter den Bügel oder an die Träger fassen und kurz was gerade rücken.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Oft sind uns die Brüste auch deswegen unangenehm, weil jemand zu genau hinschaut, das passiert ja leider öfter als einem lieb ist. Dann ziehen wir schnell die Jacke vorne zusammen und denken das „Idiot, Idiot, Idiot“-Mantra. Es soll aber auch Frauen geben, die dieses reizvolle Körperteil ganz bewusst einsetzen und so Joan-Holloway-mäßig mit Holkreuz rumlaufen, um irgendwen zu beeindrucken.
Sagen wir mal so: Wir denken jetzt nicht 24/7 an unsere Brüste, aber wir sind uns oft bewusst, dass sie da sind und man sie sehen kann, und wir wollen, dass es ihnen gut geht und sie uns gleichzeitig kleiden.
Jetzt aber zu euch. Denn ihr (stating the obvious!) habt keine Brüste. Und wenn ich drüber nachdenke, was wohl das „Ich muss das mal eben richten“- oder „Was starrt der/die denn da so hin“-Pendant an eurem Körper ist, dann denke ich: „Penis“. Naja, oder halt etwas genereller: „Schritt“. Denn da, zwischen euren Beinen, gibt es auch etwas, das hervorsticht, das bequem platziert und gut eingekleidet sein will. Aber niemand in der Damengilde weiß so recht, ob ihr darüber überhaupt nachdenkt. Schaut ihr in der Umkleidekabine im Spiegel, welche Hose den Bereich am schönsten zur Geltung bringt? Habt ihr Tage, an denen ihr gerne enge Hosen tragt, so wie wir manchmal gerne Ausschnitt tragen, und solche, an denen es weit und zeltmäßig sein muss? Denkt ihr manchmal: „Zur Hölle, jetzt schau da halt nicht so hin!“ und schlagt genervt und beschämt die Beine übereinander? Und setzt ihr euch manchmal vielleicht extra breitbeinig hin und tragt die Beule in der Hose Jon-Hamm-mäßig mit Stolz? Jungs, verratet uns mal, ob ihr über das Erscheinungsbild eures Schritts nachdenkt – und wenn ja, was genau ihr denkt.
Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von elias-steffensen.
Das Kapitel liegt eine ganze Weile zurück, es ist ein wenig dunkel (mit Highlights aber auch) und eine der markanteren Requisiten hatte ein von mir für seine sehr treffenden Einordnungen geschätzter Freund „Penishose“ getauft. Wir reden also von mir. Wir reden von einer Zeit der Selbstfindung, in der ich noch erforscht habe, wie groß der Prolet wirklich ist, der in mir steckt (*). Und wir reden von einer Jogginghose. Wie die Jogginghose aussah, verrät ihr Name. Wie es damals in mir aussah, verrate ich nicht.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Aber dass mir das spezielle Merkmal der Hose beim Kauf nicht bewusst war, das möchte ich schon betonen. Hab’s einfach nicht gesehen. Möglicherweise, weil ich zufällig enge Boxershorts anhatte. Vielleicht auch, weil ich tatsächlich nicht drauf geachtete habe. Woraus ich nun schon mal folgern würde: Nein, als „hervorstechendes“ Merkmal hatte der Penis wenigstens damals nicht die Tragweite von Brüsten. Unter Klamotten. Eh klar.
Das Verhältnis zwischen uns und unseren Penissen ist nämlich grundsätzlich unaufgeregt. Es gibt Phasen in der Entwicklung, in denen die Pubertät zum Beispiel früher oder später einsetzt als beim Durchschnitt, in denen ist es dann auch mal verklemmter. Ansonsten läuft das in ruhigen Bahnen. Wir wissen, dass er da ist, wir wissen, dass ihr wisst, dass er da ist. Wir wollen auch – eine meiner Lieblingsstellen in deinem Text –, dass es ihm gut geht (zurechtrücken etc.). Das genügt uns.
Was wir nicht wollen: dass er uns „kleidet“. Das Thema Blutpenis vs. Fleischpenis (der eine beeindruckt in der Sauna, der andere nicht, im wichtigen Moment bleibt’s sich ziemlich gleich) würde jetzt zu weit wegführen. Aber selbst bei denen unter uns, die mit ihrem Pfunde wuchern könnten, ist Penisprotzen ziemlich Tabu. Ich bin da gedanklich sofort im Kosmos „Ricky Martin, der in einer engen weißen Jeans la vida loca lebt“. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass euch das gefällt. Was auch schon der banale Teil der Erklärung ist, warum wir’s nicht machen.
Die nicht ganz so banale Komponente ist, dass wir Schwänze für tendenziell hässliche Gebilde halten. Brüste, die sich unter einem T-Shirt abzeichnen, und eine Eichel, die sich durch eine Stoffhose drückt: einen ästhetischen Diskurs muss man da doch nicht führen. Der von mir ebenfalls für seine Einordnungen hochgeschätzte Larry David stellt in einer Folge von „Curb Your Enthusiasm“ sogar die Theorie auf, dass Frauen vor allem deshalb mit Männern zusammenbleiben, weil sie sich irgendwann an deren groteskes Gehänge gewöhnt haben und diesen Prozess nicht noch mal durchlaufen wollen. Um also endlich zum Punkt zu kommen: Ja, wir denken tatsächlich über unseren Schritt nach und über die Beule dort. Aber eben genau andersherum: Eine Hose, die zu eindeutig betont, bleibt im Laden.
Interessant bei alldem ist allerdings Jon Hamm. Es ist zu beobachten, dass ihr euch schüttelt, wenn ihr den Tumblr „Jon Hamm’s Wang“ anschaut. Aber: Das transportiert keinen ganz überzeugenden 360-Grad-Ekel. Ein bisschen seht ihr auch so aus, als schütteltet ihr einen winzig-wohligen Nackenschauer ab, der euch etwas beschämt. Und ich kann's verstehen. Hamm hat schließlich diesen leicht beschädigten Chic, den sonst charmant ruppige Säufer vor sich hertragen: Man nähme ihm ab, dass er bei einem durchschnittlichen Einkaufsbummel schon einen Scotch zu viel getrunken und die Unterwäsche deshalb tatsächlich vergessen hat. Mir gefiele das an eurer Stelle auch. Ein bisschen. Heimlich. Wundert euch also nicht, wenn wir doch noch mal vorsichtige Experimente mit überraschenden Beulenformen starten.
(*) Inzwischen weiß ich: groß. Aber ich kann ihn in kleineren, verträglicheren Dosen entweichen lassen wie bei einem Druckkochtopf. Und zwar mit einer fein austarierten Mischung aus (Selbst)Ironie und Überzeugung - die aber schon auch mal verunglückt. Nur wer abspült, kann schließlich auch eine Tasse fallenlassen.
Text: valerie-dewitt - Cover-Foto: Sanjarok / photocase.de