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Mächtige im Netz (5): Die eher unmächtige Nation of Islam

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[b]Der Empfang auf der Seite:[/b] As-Salaam Alaikum, der Friede sei mit dir. Im Namen des gnädigen Wohltäters Allah lädt sich die Startseite auf den Bildschirm. Der Gesamteindruck: seriös und gehaltvoll. Auf der Seitenmitte werden die dreitägigen Feierlichkeiten zum 116. Geburtstag von Fard Muhammad beworben. Los geht’s am 23. Februar, dann steigt die Fete zum „Saviour´s Day“, dem Tag des Erlösers. Drei Tage Nation of Islam, bis der Arzt kommt. Das Motto: Back to the roots of N.O.I., und die liegen - wie der Leser erfährt - in Detroit, wo Fard den „Muslim temple no. 1“ aufgebaut hat. Wer mit am Start sein möchte, kann selbst anreisen oder sich unter (229) 995-6619 bei Schwester Anne Muhammad melden. Anne Muhammad organisiert die Busfahrt nach Detroit. Gesponsert vom „Millions More Movement“, einem Agrarableger der NOI.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

As-Salaam Alaikum: die Startseite [b]Was erfahren wir?[/b] Nach der Lehre der „Nation of Islam“ sind die Schwarzen das auserwählte Urvolk des Planeten. Dazu Louis Farrakhan, heute N.O.I.-Chef: „Ihr seid nicht schwarz, weil ihr verflucht seid, sondern weil ihr das erste Volk im Lichte der Sonne ward. Von euch stammen alle anderen Menschen ab, auch die Weißen. Vergesst den Lifestyle derer, die euch fertig machen, der ist ohnehin kurz vor dem Absturz. Vergesst weiße Frauen und schaut euch an, wie wertvoll schwarze Frauen sind. Wenn ihr das erkennt, werdet ihr keine weiße Frau mehr begehren. Ihr werdet nur noch das begehren, was Allah für euch geschaffen hat.“ Das hört sich nicht nur rassistisch an, sondern ist es auch. Der umstrittene Prediger Farrakhan, der seine Karriere als Country- und Calypso-Sänger begann und durch Malcolm X zur N.O.I. kam, wurde in amerikanischen Medien wegen seiner antisemitischen Ausfälle schon mehrfach mit Hitler verglichen. Schuld an Ausbeutung und Unterdrückung der „überlegenen schwarzen Minderheit“ sind laut Farrakhan nämlich in erster Linie die „jüdischen Blutsauger“. Farrakhan betet, Gott möge seine Feinde umbringen, zu denen er auch den Papst, Homosexuelle, Weiße und Koreaner zählt. Geschichte „He taught us the ways of love and peace, of truth and beauty“, heißt es zwar unter der Rubrik History der N.O.I. Fard predigte aber nicht nur Liebe und Frieden, sondern auch, dass die weiße Rasse eine Schöpfung des Teufels sei und die Rassentrennung zwischen schwarz und weiß. Ziel war ein selbstbestimmtes Homeland für Schwarze in Nordamerika. Es wurden sogar Gespräche mit dem Ku-Klux-Clan geführt. Von den separatistischen Gründungszielen haben sich die N.O.I.-Adepten von heute distanziert. Dennoch gilt ihnen Fard Mohammad als Superheroe und Wiedergänger Allahs. Orthodoxe Muslime distanzieren sich von der selbsterklärten „Nation of Islam“, die heute mehr als 200 000 Mitglieder hat, darunter Mike Tyson und Michael Jackson. [b]Das soll beim Leser hängen bleiben:[/b] Farrakhan: „Führt euch immer wieder vor Augen: Es ist das ultimative Ziel der US-Regierung, zu verhindern, dass wir uns eines Tages effizient organisieren können.“ Und über die Hurricane Katrina-Katastrophe in New Orleans (August 2005): „Ich möchte die US-Regierung warnen und all die Reichen dieser Stadt: Wenn ihr die Farbigen aus der Stadt rauswerft und ihnen ihr Land wegnehmt, dann garantiere ich euch im Namen Allahs, das alles, was ihr dort aufbaut, binnen weniger Jahre zerstört wird.“ Frühere N.O.I.-Führer hatten noch explizit von UFOs schwadroniert, die kommen würden, um Weiße auszumerzen, die sich an Schwarzen versündigt hätten.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

mit Schwester Anne Muhammad zum „Tag des Erlösers“ [b]Für wen ist die Seite gedacht?[/b] Gedacht ist die Seite für wohlhabende Afro-Amerikaner, die um Spenden für afro-amerikanische Selbsthilfeprojekte – vor allem in der Landwirtschaft – gebeten werden. Außerdem für George W. Bush, der im Oktober 2002 einen offenen Brief vom „ehrenwerten Minister“ Louis Farrakhan erhielt. Thema: Amerikas unpopuläre Kriegspolitik Lieber Präsident Bush, möge dieser Brief wohl bei Ihnen und Ihrer Familie eingelangen. Mr. President, wenn Sie weiter so aggressiv auf den Putz hauen, werden sie den Zorn Allahs auf Amerika ziehen: Hungersnöte, Erdbeben, Hagel, Schnee und Sturm werden die Folge sein. Wenn Sie weiterhin andere Nationen und Städte zerbomben, wird sich eines Tages der göttliche Zorn über dem amerikanischen Volk und seinen Behausungen entladen. [b]Lesenswerteste Rubrik:[/b] die Rubrik "Official Statements": zu gefühlten 95 Prozent von Minister Farrakhan betreut: der Herr Minister lässt sich gerne mit Fidel Castro oder schwarzen Hiphop-Granden ablichten. Zur schwarzen Subkultur hat der Mann einen solide reflektierten Standpunkt: „Gangsta-Rap-Lyrics werden von der Regierung verurteilt, aber Gangsterismus im Namen der Regierung fordert weltweit Millionen von Leben.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Louis Farrakhan mit Russell Simmons beim New Yorker Hiphop-Gipfel im Juni 2001 [b]Lesensunwerteste Rubrik:[/b] Die Headquarters der Nation of Islam sind in Chicago, allerdings gibt es sechs weitere Büros in den Vereinigten Staaten, zudem zwei Dependencen in London (UK) und Toronto (CAN). Über den Link „Regional Links“ erfährt man hierüber allerdings wenig. [b]Bestes Multimedia-Material:[/b] Das Video von einer Gedenkfeier in L.A. für den (auf Geheiß von Arnold Schwarzenegger) hingerichteten Stanley „Tookie" Williams am 20. Dezember 2005. Außer Farrakhan kommt auch noch ein gewisser Snoop Dogg zu Wort (ab Minute 19:27), der im senfbraun-karierten Trauersakko eine sechsminütige Lanze für den Verstorbenen bricht. Danach Standing Ovations in der Kapelle.

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