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Die Mächtigen im Netz (4): Der Blogger Ahmadinedschad

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Der Empfang auf der Seite: Begrüßt wird der Internetuser von einem Banner mit der iranischen Nationalflagge, Blumenornamenten und einem Foto, das Ahmadinedschad beim Schreiben zeigt, stellvertretend für seine Einträge im Blog. Direkt darunter beginnt das Blog, in das Ahmadinedschad in unregelmäßigen Abständen und in Tagebuchform Kommentare postet. Insgesamt wirkt die Seite zwar sehr aufgeräumt, aber auch etwas karg, was daran liegt, dass Ahmadinedschad anscheinend nicht so viel Zeit zum Bloggen hat: Seit Anfang August hat er erst fünf Beiträge geschrieben. Darunter befinden sich allerdings auch die anscheinend komplette Geschichte seines Landes (In His Name) und eine Botschaft ans amerikanische Volk.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Screenshot des Blogs- hier in altrosa Das erfahren wir: Ahmadinedschad beruft sich immer wieder auf Gott. Der am häufigsten verwendete Satz inseinem Blog lautet: „In the Name of Almighty God, the Most Merciful, the Most Compassionate“. Fast jeden Eintrag beginnt er damit, gerne auch in den Variationen: - "In the name of God, the Compassionate, the Merciful, O, Almighty God, bestow upon humanity the perfect human being promised to all by You, and make us among his followers" oder -"In the Name of God, the Most Merciful, the Most Compassionate Oh Almighty God, please, we beg you to send us our Guardian- who You have promised us- soon and appoint us as His close companions" Die Themen sind das, was man bunt nennt. So erzählt er unter anderem von einer Prüfung, bei der er Nasenbluten bekam, er erinnert sich an seine Studienzeit, als Studenten noch vor den feindlich gesinnten Polizeikräften des Schahs fliehen mussten und Unfreiheit herrschte, und erzählt anhand seiner eigenen Biografie ausführlich die Geschichte des Landes ("Zu der Zeit, als Adel und Leben in der Stadt angesehen waren, wurde ich in einem kleinen Dorf in eine arme Familie hineingeboren"). Immer wieder schreibt er auch vom „großen Satan USA“ und vom Revolutionsführer Ajatollah Chomeini ("Almighty God bless his soul"), den er verehrt. Für den gestürzten Schah hat er hingegen nur Verachtung übrig. Auffällig ist, dass er sehr persönlich schreibt. Das soll hängen bleiben: Ahmadinedschad versucht mittels seines Blogs, die USA und Israel als kriegssüchtige Teufel darzustellen, sich selbst aber besonders volksnah und friedliebend zu zeigen und als Helden der Nation zu verkaufen. Zudem will er auf seine Leser sehr weltoffen wirken. Die Website lässt er nicht nur auf Persisch und Arabisch, sondern auch auf Englisch und demnächst sogar auf Französisch anzeigen. Zudem ist Ahmadinedschad sogar für Fragen der Nutzer offen. Diese können ihm mittels eines Fragefeldes gestellt werden. In seinem Blog bezieht er sich auch immer wieder auf Kommentare oder Anregungen von Besuchern seiner Seite. Lesenswertester Beitrag: Am 28. November 2006 verfasste Ahmadinedschad eine Nachricht an das amerikanische Volk, in dem er sich zwar über die US-Regierung entrüstet, aber das Volk als gottesfürchtig lobt. So versucht er Volk gegen Regierung auszuspielen, eine Taktik, die in der politischen Propaganda schon immer sehr beliebt war. Besonders lesenswert ist dabei die Zusammenfassung zum Schluss: „Ich bete zum Allmächtigen, die iranischen und amerikanischen Nationen und wirklich alle Nationen der Welt mit Würde und Erfolg zu segnen.“ Für wen ist die Seite gedacht? Das schreibt er selbst: "The purpose & objective of the formation of this site was having a straight, direct and immediate contact with the visitors and addresses. After my first post, I preferred to spend all the time that I have allocated for this web log, to read the viewpoints of the visitors. Because I felt most of the individuals who have left a message – a suggestion, a question or even a reproof – they expect me to read it personally."

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Seite nochmal in grün und auf arabisch Bestes Feature: Am oberen Ende der Seite befinden sich farbige Vierecke. Klickt man auf diese, so wechselt die Farbe des Hintergrundes. Je nach Belieben des Besuchers, kann man sich zwischen neutralem grau, altrosa, olivgrün, sattem grün und strahlendem blau entscheiden. Außerdem gibt es ein so genanntes RSS-feed, mit dem man die neuesten Einträge des Präsidenten abonnieren kann und über solche umgehend informiert wird. Außerdem befindet sich auf der Seite auch eine Bildergalerie mit Fotos des Präsidenten, durch die sich der Besucher klicken kann. Leider enthält diese bisher nur fünf Bilder. Interaktiv: Sehr schön ist auch die Umfrage, an der jeder teilnehmen kann. Kurz nachdem der Blog online ging, wurde man zum Beispiel gefragt, ob man glaubt, dass es die Absicht der USA und Israels sei, durch den Angriff auf den Libanon einen Weltkrieg auszulösen. Derzeit lautet die Frage, ob man die Struktur der Vereinten Nationen gerecht finde, in der nur einigen mächtigen Länder und den Gewinnern des Zweiten Weltkrieges ein Vetorecht eingeräumt wird. Bisher stimmten satte 87 Prozent dagegen. Für den Internetnutzer gibt es auf der Seite aber noch eine weitere Möglichkeit sich einzubringen: nämlich die Kommentarspalte auf der rechten Seite. Jeder, der möchte, kann einen Kommentar abschicken. Sogleich erscheint allerdings, die Meldung, dass der Kommentar zwar abgeschickt wurde, aber erst angezeigt wird, wenn er von den Verantwortlichen durchgelesen wurde. Offensichtlich unterliegen die Kommentare also einer strengen Zensur. Das wird einem auch klar, wenn man die bisher angezeigten Kommentare liest. In ihnen wird der Präsident ausschließlich gelobt. Frei bloggen kann im Iran ohnehin nur der Präsident selbst. Alle anderen Blogger werden rigoros unterdrückt, obwohl es mittlerweile sehr viele davon gibt. So wurde erst im Mai ein Student der Uni Teheran verhaftet, da er politische Meinungen auf seinem Blog kundgetan hatte.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Geschenkemuseum sorgt für Unterhaltung beim Besucher Links: Auf der Seite sind auch zwei Websites des Religionsführers Khamenei, die Website Republik Iran sowie die Homepage der iranischen Fernsehanstalt verlinkt. Lesenwert ist die offizielle Website des Präsidenten, die neben allerhand Informationen über Ahmadinedschad und seine Arbeit auch lustige Features enthält: Das Presidential Gifts Museum, in dessen Bildergalerie man diverse kuriose Geschenke bestaunen kann, die den iranischen Präsidenten im Laufe ihrer Amtszeit übergeben wurden. Einem Präsidenten wurde beispielsweise einmal ein hölzerner Früchtetopf überreicht. Unter der Rubrik „cabinet“ erhält man außerdem einen Überblick über alle Minister der iranischen Regierung. Lustigstes Ministerium: Ministry of Agricultural Jihad Interessantes Detail: Die für das Blog verwendete Software stammt aus dem Land des Feindes, sie ist nämlich von Microsoft

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