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Singles sind durch das Coronavirus besonders isoliert

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Ich bin am Wochenende für ein Date verabredet. Wir haben uns lange nicht gesehen, werden Bier trinken, den ganzen Abend nur über Quatsch reden – und wer weiß, wohin der Abend führt. Klingt erst mal gut. Wäre da nicht dieses Kratzen in meinem Hals.

Corona? Naja, wahrscheinlicher ist wohl eine Erkältung. Aber ganz locker kann ich mit dem Kratzen im Hals nicht umgehen. Denn selbst wenn ich mir als Mensch Anfang zwanzig ohne Vorerkrankungen wohl kaum Sorgen um meine eigene Gesundheit machen muss: Ich will nicht zur potentiellen Krankheitsschleuder für andere werden, wenn sich ein Virus immer mehr ausbreitet, von dem noch keiner so richtig zu wissen scheint, wie gefährlich es tatsächlich ist. Ich überlege, das Date abzusagen.

Dann würde ich mich statt in die Bar quasi in eine selbstauferlegte Quarantäne begeben. Ich könnte lesen, der Kerzenflamme auf meinem Schreibtisch beim Flackern zusehen und mich bei meiner Zimmerpflanze Aaron darüber beschweren, dass es viel schöner wäre, sich mit einer echten Person zu unterhalten. Kurz gesagt, ich wäre allein. Es ist nämlich so: Wenn Menschen zum Schutz oder aus Angst vor dem Coronavirus immer öfter zu Hause bleiben, sind wir Singles besonders angeschmiert.

Wir sehen uns als frei und selbstbestimmt. Aber was bleibt während der Corona-Krise davon?

Schon jetzt sind Singles in ihrem Sozialleben eingeschränkt. Immer häufiger werden  größere Veranstaltungen kurzfristig abgesagt, in einigen Bundesländern wurden sie sogar schon verboten. Starkbierfest, Konzerte, Clubs – verschoben, abgesagt, geschlossen. Es geht um Sicherheit, das Virus soll sich durch die Maßnahmen langsamer verbreiten. Uns Singles stellt das allerdings vor ein Problem.

Eine schöne Seite des Singleseins ist ja gerade, dass man seine Freizeit so planen kann, wie man will. Man besucht Theaterstücke, die genau dem eigenen Geschmack entsprechen, tanzt zu Minimal Techno, weil es kein Gegenüber gibt, das lieber zu Goa feiert, und, wenn es passt, lernt man jemanden beim Tanzen kennen. Klar, Menschen in einer Beziehung haben auch Zeit für ihr eigenes Ding. Nur: Als Single hat man zwangsläufig mehr Zeit für sich. Und ist stärker darauf angewiesen, diese zu füllen. Wenn nach und nach Theater, Kinos, Clubs geschlossen bleiben, man möglicherweise bald kaum noch ausgehen kann, schrumpft der Raum der Singles. Wir sehen uns gerne als frei und selbstbestimmt. Aber was bleibt davon, wenn man kaum noch bestimmen kann, wohin man geht? 

Vielleicht ist das zu düster gedacht. Solange man sich gesund fühlt, ist es bisher ja noch nicht ausgeschlossen, sich mit einem Date oder Freund*innen in der Öffentlichkeit zu verabreden. Aber in Italien sollen die Menschen schon jetzt zu Hause ausharren, wenn es nicht zwingend notwendig ist, das Haus zu verlassen, zum Beispiel zum Einkaufen. Was also, wenn uns in Deutschland ähnliche Quarantänemaßnahmen erwarten sollten?

Pärchen können in Quarantäne immerhin ständig Sex haben 

Dann haben Pärchen gegenüber Singles einen natürlichen Vorteil. Quarantäne für Pärchen, das hat eine apokalyptische Romantik. Und mit etwas Kreativität bietet es sehr viele Möglichkeiten: Sich gegenseitig die Haare mit der Küchenschere schneiden, weil Friseursalons geschlossen sind. „Der Boden ist Lava“ über die ganze Wohnung verteilt spielen. Sich Gerichte ausdenken, die man aus einem Ei, Senf und einer halben Dose Kichererbsen basteln kann, weil man diese Zutaten eben noch im Kühlschrank findet. Geht vielleicht auch allein, macht aber lange nicht so viel Spaß. Und sollte in der Pärchen-Quarantäne doch mal Langeweile aufkommen, stelle ich mir das ungefähr so vor: „Oh nein, wir müssen zuhause bleiben. Nur du und ich, Kerzengeflacker, was machen wir nur?“ Ich sehe da eine Coronababy-Welle kommen. Partner*innen werden wohl kaum vor Körperkontakt zurückschrecken, nur weil sich Corona ausbreitet oder sie erkältet sind. Menschen, die einen gerade erst kennenlernen, zum Beispiel beim Daten, sehen einen beim ersten Husten dagegen womöglich vor allem als Virus-Schleuder.

Zum Glück gibt es natürlich auch für Singles einen Ausweg aus der sozialen Isolation: Freund*innen. Sollte eine wie auch immer geartete Quarantäne kommen, kann man das wie ein Feriencamp sehen, in dem sich alle in ihre Hütten verkriechen müssen, weil es vom Dauerregen überschwemmt ist. Auch mit ein paar Freund*innen oder Mitbewohner*innen kann man ein Lager in der Wohnung aufschlagen und einen „Game of Thrones“- oder „Herr der Ringe“-Marathon hinlegen. Freund*innen hamstern statt Klopapier. Das Gute daran: Sollten meine Mitbewohner*innen und ich uns in der potentiellen Quarantäne doch mal nerven, kann ich in mein eigenes Bett schlüpfen und Aaron etwas Wasser in den Topf träufeln. 

Und mein Date am Wochenende? Corona hin oder her, es gibt bessere Zeitpunkte sich zu verabreden, als wenn man sich erkältet fühlt. Sollte einer von uns am Wochenende also krank sein, verschieben wir das Treffen. Wir scherzen zwar, dass wir dann eben per Video chatten, Quatsch reden und Bier trinken geht schließlich auch so. Aber verloren geht dabei eben doch etwas – die Zwischentöne, eine gewisse Anziehungskraft. Sollten Singles für Wochen zu Hause bleiben müssen, ist das Video-Date ein schwacher Trost.

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