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Trennungskolumne: der erste Sex danach
Eine Trennung ist wie der Tod eines geliebten Menschen, sagen die einen. Eine Trennung ist wie ein Wiedergeburt, die anderen. Unserem Autor ist nur eins klar: Seine aktuelle Trennung ist weder das eine noch das andere, sondern einfach das überfordernste Gefühl, das ihm in seinen 25 Lebensjahren widerfahren ist. Also schreibt er darüber. Soll ja angeblich helfen.
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Bereuen und Bedauern sind zwei wenig erstrebenswerte Zustände und doch gehören sie zu fast jeder Trennung. Und da ich ja bisher alle Klischees eines verlassenen Mannes abgeklappert habe, finden sich auch diese beiden Gefühlsregungen in meinem Repertoire.
Ich bereue, nicht früher gegangen zu sein. Das ist vielleicht die eine große Lebenslehre, die ich aus dieser Beziehung mitnehme. Die Warnhinweise waren da, ich habe sie nur gekonnt ignoriert. Ich wusste vom ersten Moment an, dass das fast nicht funktionieren kann mit Lisa und im selben Augenblick war mir auch schon klar, wie egal mir das war und dass ich nicht derjenige sein würde, der es beendet. Ob das an meinem treudoofen Charakter liegt oder dieser unwiderstehlichen Chemie zwischen uns? Keine Ahnung. Vermutlich habe ich Lisa zu sehr geliebt. Oder wollte auch mal eine Freundin haben und glücklich sein. Stimmt wahrscheinlich alles ein bisschen.
Was ich bedauere, ist das Ende unserer körperlichen Beziehung
„Wir haben uns ein Jahr lang kennengelernt und dann ein Jahr getrennt.“ Das waren Lisas Worte, bei unserem letzten Treffen. Lapidar dahin gesagt und mit einem Lachen als übertrieben abgestempelt. Aber sie treffen es schon ganz gut. Wenn es in der Beziehung gut war, war es viel zu gut. Deshalb hätte ich mir das Elend noch länger angeschaut, wäre weiterhin von Tiefpunkt zu Höhepunkt geeilt und hätte mich oben angekommen so sehr gefreut, dass ich die hinter und vor uns liegenden Täler komplett übersehen hätte.
Was ich bedauere, ist das Ende unserer körperlichen Beziehung. Bei meiner emotionalen Trauer weiß ich, dass sie sich irgendwann von „fürchterlich“ zu „sentimental“ wandeln wird. Es wird weniger schlimm werden und am Ende bleibt übrig, wie sehr ich diese Frau geliebt habe. Was tatsächlich keinen positiven Aspekt hat, ist nicht mehr mit ihr schlafen zu können.
Bevor ich jetzt als der oberflächlichste Schwachmat überhaupt abgestempelt werde, möchte ich erklären, wie wahnsinnig gut das mit uns auf der körperlichen Ebene war. Weder war es der ausgefallenste Sex, den ich je hatte, noch war sie die objektiv attraktivste Frau, mit der ich je geschlafen habe – umgekehrt war es übrigens genauso. Aber zuerst einmal war uns das bewusst und egal und des Weiteren passten unsere Körper und Bedürfnisse so gut zusammen, dass ich mich ab und an gefragt habe, ob Statistik eine Wissenschaft sein sollte, wenn sie solche Zufälle zulässt. Ein paar Monate vor der Trennung sagte sie, neben mir liegend, folgenden Satz: „Können wir bitte niemals aufhören, das zu tun.“ Nicht diese Beziehung, an dem Punkt war uns beiden wohl schon bewusst, dass da ein Ablaufdatum drauf klebte. Nein, den Sex. Niemals mit diesem Sex aufhören. Wie macht man nach so etwas weiter?
Ich habe es anders als damals gemacht – und alles mitgenommen, was ging
Als wir uns vor einem Jahr schon mal kurz trennten, war meine Antwort die völlige Selbstaufgabe. Mit der Libido eines alten Stücks Brot lag ich bei meinen Eltern im Keller und schaute Casablanca in Dauerschleife. Erwähnte ich bereits, was für ein Klischee ich bin? Lisa hatte damals einen ganz anderen Lösungsansatz: Nach gefühlten zwei Sekunden hatte sie sich einen Boy aus ihrer Arbeit geschnappt und mit ihm abgelenkt. Wie man an dieser vor Bitterkeit triefenden Zeile erkennen kann, habe ich ihr das nie ganz verziehen. Vollkommen zu Unrecht übrigens. Selbst wenn man argumentieren kann, dass sie sich damals in einer moralischen Grauzone bewegt hat, war es doch ihr gutes Recht.
Dementsprechend habe ich bei dieser Trennung das exakte Gegenteil von damals gemacht und – gelinde gesagt – alles mitgenommen, was ging. Als Barkeeper und Möchtegern-Sad-Boy war das gar nicht so wenig.
Natürlich habe selbst ich zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben begriffen gehabt, dass rein oberflächliche Aufrisse im Club um fünf Uhr in der Früh auch nicht das Wahre sind. Daher waren die besagten Frauen durch die Bank intelligente, charismatische und attraktive Wesen, mit denen ich mich eigentlich auch am nächsten Tag unterhalten hätte können. Hab ich nur nicht. Und das, obwohl einige das durchaus versucht haben und sich auch mehr erhofft hätten. Ich hatte alle möglichen Mauern hochgezogen. Mir selbst gegenüber kann ich mein egoistisches Trotzverhalten eigentlich nur damit rechtfertigen, dass ich ihnen gegenüber zumindest stets aufrichtig war – was es natürlich nicht besser macht. Eine moralische Grauzone halt erneut.
Es sollte der seltsamste Akt meines Lebens werden
Glücklicherweise war mein erster Sex mit einer anderen Frau nach Lisa mit einer Bekannten. Meine alte Freundin (die fein mit der Veröffentlichung in dieser Kolumne ist) war ironischerweise ein paar Tage nach der Trennung zu Besuch in der Stadt und – ohne es drauf anzulegen – sind wir bei mir gelandet. Aus früheren „Begegnungen“ mit ihr wusste ich, dass der Sex nicht nur komplett anders als mit meiner Ex sein würde, sondern auch von einer Grobheit, die mich auf keinen Fall an den innigen, verliebten Sex mit Lisa erinnern würde.
Es sollte der seltsamste Akt meines Lebens werden – und da ist mein mieses allererstes Mal schon mit einberechnet. Eigentlich war der Sex gut. Sehr rough, sehr sportlich, sehr befreiend. Gleichzeitig war ich die ganze Zeit peinlich berührt, sowohl währenddessen als auch danach. „Warum küsst sie mich nicht so und so, warum bewegt sie sich so und nicht anders, warum liegt ihre Hand da und nicht hier?“
Ich hatte die ganze Zeit ein turbulent gemischtes Gefühl aus dem schlechten Gewissen, meine (Ex-)Freundin zu betrügen und dem triumphalen Ausbruch, schon nach ein paar Tagen mit einer anderen Frau zu schlafen. Immerzu vergleichend. Das war das Schlimmste: Ich habe die ganze Zeit an eine andere Frau gedacht. Wie daneben ist das denn? Und gleichzeitig so typisch.
Einziger Trost auch hier: Es wird besser. Nicht, weil der Sex besser wird, der ist immer gut oder schlecht oder irgendwas dazwischen. Sondern weil die Erinnerungen an das Vergangene verblassen. „Wie hat sie sich angefühlt, wie geschmeckt? Welche Seite hat sie so gern geküsst?“ Wie ein Traum, an den man sich, je länger man wach ist, immer schlechter erinnern kann. Aus dem man aber trotzdem immer mal wieder halbwach aufschreckt.
* Unser Autor möchte lieber anonym bleiben. Vermutlich werden es einige Bekannte trotzdem bemerken, aber damit kann er leben. Seine Ex-Freundin auch, wenngleich sie nicht glaubt, dass ihre Trennung jemanden interessiert. Vielleicht hat sie recht.