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Horror-Date: Der koffeinintolerante Pessimist
Dating-Situation: Date im Bekanntenkreis
Geschlecht und Alter des Dates: Bekannter einer Freundin, um die 30, männlich.
Horrorstufe: 5 von 10 (steigert sich am Ende allerdings eher auf eine 9 bis 10).
Mit Ende Zwanzig sieht man langsam kein wirkliches Potenzial in Kneipenbekanntschaften mehr. Sondern setzt auf den Qualitätsfaktor „gemeinsame Freunde“: Wenn er die selben Menschen mag, muss der Gegenüber ja einigermaßen nett und zuverlässig sein, und vielleicht springen ja auch noch die gleichen Hobbys bei raus.
Auf einer recht wilden Party lernte ich ihn kennen. Charmant, einen lustigen Spruch auf den Lippen, gar nicht so schlecht aussehend. Und als die Party ihren Peak erlebte, an dem so manches Kleidungsstück auf der Tanzfläche auf den Boden fiel, war dieser Kerl immer noch zuvorkommend aber nicht aufdringlich, und ganz wichtig: komplett bekleidet.
Wir unterhielten uns gut, zogen vom Lagerfeuer zur Bar zum „Loungebereich“ und verstanden uns wirklich gut. Er redete ein bisschen viel von seinem Job, aber wer tut das nicht, wenn die Woche stressig war?
Ich sah über einiges hinweg – da war ja Potenzial!
Also ein Date. Ich freute mich darauf, bin aber inzwischen eher auf Angela Merkels Seite: Ich nenne es „vorsichtig optimistisch“. Wir trafen uns bei mir um die Ecke, um gemeinsam spazieren zu gehen und dann vielleicht noch bei mir einen Kaffee zu trinken. Davor gab es aber eine ganz klare Ansage: Am Abend habe ich keine Zeit (weil keine Intention zu mehr). Also ein ganz klassisch spießiges Nachmittagsdate.
Er kam mit Blumen. Ich weiß nicht mal mehr welche oder welche Farbe sie hatten, aber gut… nette Geste. Wenn er sich nicht so stolz vor mir aufgebaut hätte und wie mein Hund (der ebenfalls dabei war) fürs „Sitz!“-Machen eine Belohnung erwartet hätte. Aber gut, darüber sieht man ja gerne mal hinweg, da war ja Potenzial!
Bis zum anschließenden Spaziergang. Die gesamten etwa fünf Kilometer mit einer Dauer von circa 75 Minuten (mein Hund geht sehr langsam) ging es um die Ungerechtigkeiten in seinem Leben. Keiner wertschätzt ihn, alle nehmen ihn aus, der Chef zahlt ihm nur XY Euro als Gehalt, „und das brutto!!!“. Und überhaupt und sowieso. Ich hoffte, dass dieses ach so schlimme Leben vielleicht auch eine Spontangrippe hervorrufen kann, sodass nach dem Spazieren die Tiraden auf die Ungerechtigkeiten des Lebens vorbei wären.
Nebenbei: Sämtliche spitze Bemerkungen oder positiven Einwände meinerseits wurden mehr oder weniger ignoriert. Ich kümmerte mich dann um meinen Hund, während Monsieur weiter seinen Vortrag hielt. Wieder bei meinem Wohnhaus angekommen überlegte ich fieberhaft, wie ich da rauskommen sollte – und zwar nett, denn schließlich haben wir einen gemeinsamen Freundeskreis. Bis dann von seiner Seite (was für eine ausgezeichnete Taktik!) die Frage kam, ob er kurz mein Badezimmer nutzen dürfte. Mist. Natürlich.
Jetzt wurde es noch schwieriger, da rauszukommen. Ich resignierte. Einen Kaffee würde ich auch noch überleben, dann wären alle vereinbarten Parts erledigt und ich hätte wieder ein dämliches Date mehr gehabt. Also kochte ich meinen hervorragenden Filterkaffee, bei dem ich leider die Geschmacks- und Wirkungsentfaltung des Kaffeepulvers unterschätzte. Kurz gesagt: Vor drei Uhr Nachts war sicher nicht an Schlaf zu denken. Umso mehr wunderte es mich, als sich Monsieur die zweite Tasse einverleibte. Man wird anscheinend vom Auf-das-Leben-schimpfen sehr kaffeedurstig.
Irgendwann erreichte mein Level an Resignation, Frustration und Intoleranz gegenüber Pessimisten die Schwelle, an dem nur noch Alkohol hilft. Um das zu überstehen, muss ein guter Weißwein her. Praktischerweise stand genau so einer im Schrank. Als ich das anmerkte, lächelte mein Gegenüber zum ersten Mal. „Ich hätte auch gerne einen. Aber dann kann ich leider nicht mehr fahren und muss hier übernachten“. Definitiv KEIN Wein. Das musste so schnell wie möglich beendet werden.
Darum sagte ich dann auch, dass dieser Nachmittag nun zu Ende wäre, es sehr „interessant“ gewesen wäre und danke und tschüss. Ganz zufrieden wirkte er da natürlich nicht. Aber er ging noch mal kurz ins Badezimmer und verabschiedete sich dann doch endlich.
Nach ein paar Stunden ging ich ins Badezimmer. Vor der Tür hätte mir schon etwas auffallen können, aber ich rechnete ja mit nichts. Und dann strahlte mir eine sehr lange, dünne Kackwurst entgegen, die sich nun seit Stunden in meinem Klosett auflöste und sich geruchlich frei entfaltete. Sie schrie mir förmlich ins Gesicht schrie: „Hättest du mir Wein gegeben, hätte ich gespült!“ Im Nachhinein muss ich trotzdem sagen: Lieber eine Kackwurst im Klo als einen Pessimisten auf der Couch.
Dieser Text wurde von einer jetzt-Leserin eingereicht. Sie hat darum gebeten, anonym bleiben zu dürfen, ihr Name ist der Redaktion aber bekannt.
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