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Horror-Date: Der betrunkene Anwalt
Dating Situation: Sekt-Picknick und Eisdielenbesuch
Geschlecht und Alter des Dates: männlich, 31 Jahre
Horrorstufe: 6 von 10
Ich war gerade relativ frisch in Berlin, als mich meine kleine Schwester für ein Wochenende besuchte. Ich kannte mich noch nicht aus und darum ergoogelten wir eine Indie-Party. Es wurde eine supernette Nacht. Wir unterhielten uns vorzüglich mit allen möglichen Menschen, tanzten über Stunden und irgendwann lernte ich auch einen sympathischen Mann mit blauen Augen und dunklem Fünf-Tage-Bart kennen. Er war nicht nur schön, sondern hatte auch einen schönen Vor-und Nachnamen, wofür ich eine Schwäche habe (nennen wir ihn hier mal Felix Apfelbaum, auch wenn er so nicht hieß). Wir knutschten und tauschten Nummern aus.
Wir verabredeten uns ein paar Tage später. Felix schlug ein Picknick mit Sekt am Kanal vor, was ich äußerst romantisch fand. Kurz vor dem Date schrieb er mir, er hätte gerade einen Fall gewonnen (er war Anwalt) und darauf mit dem Mandanten angestoßen, ob wir das Date verschieben sollten. Ich verstand nicht ganz, warum man das Date deswegen verschieben sollte, außerdem hatte ich mich darauf gefreut. Ich sagte also, dass ich gerne bei unserer Verabredung bleiben würde. So trafen wir uns wie vereinbart.
Ich schlug vor, ein Eis zu essen. An der Eistheke bestellte er zwei Bier
Felix begrüßte mich mit einem Kuss, was mich erstmal überrumpelte. Okay, wir hatten im Überschwang der Nacht auf der Party geknutscht, jetzt wollte ich ihn aber erstmal kennenlernen, bevor es weitergeht. Auch Felix wollte mich unbedingt kennenlernen, das wiederholte er jedenfalls gebetsmühlenartig: „Ich will dich unbedingt kennenlernen, ich will alles von dir wissen.“ Das Ding war nur: Er fragt mich überhaupt nichts, sondern blieb in dieser Dauerschleife, ergänzt durch den Satz: „Ich könnte mich so in dich verlieben!“ Langsam schwante mir auch, warum er das Date hatte absagen wollen: Er war gut angetrunken von seinem Anstoßen mit dem Mandanten. Und schließlich war er wirklich betrunken, nachdem er drei Viertel seiner mitgebrachten Sektflasche selbst vernichtet hatte. Zwischendrin versuchte er, mich immer wieder zu küssen, was ich aber ablehnte. Ich sagte ihm, dass mir das zu schnell ginge.
Trotzdem gab ich das Date noch nicht ganz auf. Ich schlug vor, um die Ecke ein Eis zu essen. An der Eistheke bestellte er dann allerdings „zwei Bier“, worauf die Eisverkäuferin verdutzt nachfragte: „Zwei Mal Birne?!“ Natürlich gab es dort kein Bier. Also bestellte nur ich Eis und Felix kaufte sich im Späti nebenan fünf Bier: Eins für sich, eins für mich und drei für die Typen, die vor einem Café Tee tranken und mit denen wir bisher kein Wort gewechselt hatten. Keiner wollte das Bier – außer Felix selbst.
Wir setzten uns auf eine Bank, ich aß mein Eis, er trank sein Bier und erzählte von seiner Ex-Freundin. Dann fragte er mich unvermittelt, wie ich meine Schamhaare rasieren würde. Ich entgegnete, ob er denn überhaupt nicht spüre, dass gerade überhaupt nicht die Stimmung für solche Unterhaltungen sei. Hier waren null Funken in der Luft. Trotzdem wiederholte er seine Frage nach den Schamhaaren noch einige Male und fragte mehrmals, ob ich heute mit ihm nach Hause kommen wolle. Dies verneinte ich, worauf er irgendwann antwortete: „Komm doch mit, ich krieg doch eh keinen mehr hoch.“ Was für eine Einladung! Ich lehnte dankend ab. Felix rief sich dann ein Taxi und legte sich dort stockbesoffen ausgestreckt auf die Rückbank. Es war erst 20 Uhr.
Ein paar Tage später rief mich eine unterdrückte Nummer an. Es war Felix, der sich ausführlich für seinen betrunken Auftritt entschuldigte. Ich war beeindruckt von seinem Mut und der Einsicht und nahm die Entschuldigung an. Doch dann erfuhr ich den wahren Grund für seinen Anruf. Er fragt mich nach seinem Rucksack, den er wohl stehen gelassen hatte, als er ins Taxi gestiegen war. Darin seien wichtige Akten. Ich konnte ihm auch nicht weiterhelfen – seine Schamhaarfragen und Überredungsversuche hatten mich zu sehr abgelenkt.
Dieser Text stammt von einer jetzt-Leserin, die lieber anonym bleiben möchte. Ihr Name ist der Redaktion aber bekannt.
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