Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Wie viele Praktika im Lebenslauf sind sinnvoll?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Auf diese gute Frage gibt es natürlich keine pauschale Antwort. Ein stures Hausnummersammeln für einen attraktiven Lebenslauf garantiert genauso wenig einen Job, wie ein einzelnes verlorenes Praktikum im Lebenslauf automatisch zu ein Ausschlusskriterium sein muss. Ganz generell gilt: Wenn ein Praktikum weiterbringt, ist es richtig.

Ich selbst habe in meinem Leben acht Praktika gemacht und liege damit wohl – branchenbedingt – über dem Durchschnitt. Schon früh hatte ich mich durch sämtliche Medienanstalten und journalistische Formen hospitiert, und musste mich trotzdem, das muss zwischen dem fünften und sechsten Praktikum gewesen sein, nach einer Bewerbung bei einem Magazin mit folgenden Worten ablehnen zu lassen: „Sie haben zwar schon viel gemacht, aber damit haben Sie noch keine Erfahrung". Frustrierend. Wie also mache ich es richtig?

Nachfragen bei der Bundesagentur für Arbeit und der Unternehmensberatung McKinsey haben zu ähnlichen Antworten geführt. Thomas Fritz, Director of Recruiting bei McKinsey, rät: „Man sollte sich in erster Linie bewusst machen, warum man wo ein Praktikum macht und was man sich davon verspricht." Die ursprüngliche Idee eines Praktikums ist es, in ein Berufsfeld zu schnuppern um sich ein Bild von Branche und Unternehmen machen zu können, was die spätere Berufswahl erleichtern soll. Wolfgang Köhler, Berufsberater für akademische Berufe in der Agentur für Arbeit tätig, sagt: „Gerade weil Praktika immer mehr an Wert verlieren, sollte man sich auf diesen Grundsatz besinnen."

Der richtige Zeitpunkt für ein Praktikum ist während des Studiums. Köhler und Fritz sind sich einig: „Davor weiß man zu wenig, nach dem Abschluss zu viel." Man sollte überlegen – gerade bei einem Bachelor-Studium – ein Urlaubssemester einzulegen um ein Praktikum zu machen. Das ermöglicht längere Einsatzzeiten und umgeht den Ansturm in den Semesterferien. Wie man seine Praktika wählt, ist zweitrangig. „Fokussiert auf ein Ziel zuarbeiten oder querbeet mal alles probieren – beides ist erlaubt", sagt Fritz und fügt hinzu: „So lange man weiß, warum man tut, was man tut."

Wer ein Praktikum macht, soll fordern! Und zwar Arbeit, einen Arbeitsplatz, einen Ansprechpartner und Geld. Kaffeekochen und kopieren klingt nach Klischee, ist aber leider noch oft traurige Wahrheit. Wer unzufrieden ist, sollte schnell mit seinen Vorgesetzen sprechen, wenn es nicht besser wird: Praktikum abbrechen.

Das Thema Geld ist schwieriger. Leider werden viele Praktika noch immer sehr schlecht oder gar nicht bezahlt. Der Theaterwissenschaftler wird es immer schwerere haben, ordentlich vergütet zu werden als der angehende Ingenieur. Ungerechte Welt. Dennoch raten sowohl Fritz als auch Köhler, ein unbezahltes Praktikum nicht prinzipiell abzulehnen. Es ist okay, auch mal ohne Bezahlung zu arbeiten – aber nur, wenn man das Gefühl hat, etwas dabei zu lernen.

Wer dann erfolgreich praktiziert hat, präsentiert seinen neuen Punkt im Lebenslauf übersichtlich: „Unternehmen, Zeitraum des Praktikums und – ganz wichtig – einer kleinen Zusammenfassung der Tätigkeiten dort", sagt Fritz. Eines sollte aber nach Möglichkeit vermieden werden: ein Praktikum nach dem Studienabschluss nämlich. Köhler hat viel mit Hochschulabsolventen zu tun, die nicht sofort eine Stelle finden und rät: „Man sollte lieber jobben über Zeitarbeit nachdenken, anstatt weiterhin zu hospitieren." Wichtig ist nämlich: Wissen, was man kann und was man wert ist!

Das habe ich übrigens auch getan und habe nach der Absage damals noch einmal an den Chef geschrieben, dass ich mich durchaus qualifiziert für das Praktikum in seiner Redaktion sehe. Und er hat seine Meinung geändert.

Christiane, 30 Jahre, hat als Praktikantin so einiges mitgemacht. Ihr persönlicher Tiefpunkt war, als ein Vorgesetzter sie tatsächlich "Häschen" genannt hat. Genau einmal. Ihr letztes Praktikum hat ihr aber ihren jetzigen Job verschafft. Es gibt also Hoffnung.


Fünf Tipps für eine angemessene Anzahl an Praktika:

1. Es gibt kein zu wenig und kein zu viel. Wenn ein Praktikum weiterbringt, sollte man es machen. Wenn nicht, dann nicht.

2. Auf der Website meinpraktikum.de kann man mit anderen seine Erfahrungen mit Praktika und Arbeitgebern austauschen.

3. Sich nicht unterm Wert verkaufen. Je mehr Erfahrung man hat, desto mehr darf man auch erwarten und fordern und sollte durchaus für sich Grenzen stecken.

4. Entspannt bleiben. Praktika machen soll nicht zur Trophäensammlung ausarten.

5. Genauso wichtig wie Berufserfahrung ist es, seine Persönlichkeit durch Hobbys und Reisen auszubilden und im Zweifel durchaus auch mal vorzuziehen.Daher gilt auch: nicht das Studium vernachlässigen. Es ist immer noch wichtiger, dass du deinen Abschluss machst, als ein super Praktikum. Der Abschluss hilft im Zweifel nämlich doch mehr. 

Text: christiane-lutz - Cover-Foto: iotas/photocase.de

  • teilen
  • schließen