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Wie überlebt man die Schwiegereltern?
„Eltern sind heute allgemein offener als früher. Wenn das Kind von der ersten Beziehung erzählt, werden sie es in der Regel dabei unterstützen“, weiß Michael Niggel, Sexualpädagoge bei pro familia in München. „Momentan bemerken wir in vielen Mittelstandsfamilien eher die Tendenz, das Kind zu überfördern, also sofort einen Termin bei der Frauenärztin auszumachen, ohne die Tochter vorher zu fragen.“ Also erstmal durchatmen: Eltern stehen den Beziehungen ihrer Kinder erfahrungsgemäß recht offen gegenüber.
Wie sollte es nun verlaufen, das erste Zusammentreffen mit den Eltern des Partners oder der Partnerin? Hier gibt es laut Niggel keine allgemeingültigen Regeln. Stattdessen kommt es auf das Paar, dessen Beziehung und auch die Eltern an. Natürlichkeit ist Trumpf. Vermeiden sollte man, sich zu verstellen oder gar zu lügen. Auch eine Ehrenrunde oder die 5 in Mathe kann man beichten, wenn danach gefragt wird. „Ob man sich zum gemeinsamen Abendessen schick anzieht oder der Punk mit seinem Nietengürtel kommt, hängt vollkommen von den Gegebenheiten in der neuen Familie ab.“ Genauso ist es mit Mitbringseln. "Im Zweifel kann man auch den Freund oder die Freundin fragen, was den Eltern gefallen könnte“, sagt der Diplom-Sozialpädagoge.
Schwierig wird es, wenn grundlegend andere Ansichten zu einem bestimmten Thema bestehen. Hier empfiehlt Niggel eine respektvolle, tolerante Haltung einzunehmen. „Wichtig ist es, kein Reizklima zu schaffen, sich nicht wieder und wieder über dieselben Dinge aufzuregen. Stattdessen kann man interessierte Nachfragen stellen und sich andere Weltanschauungen erklären lassen.“ Im Gespräch sollte der Fokus möglichst auf positiven Aspekten wie etwa dem leckeren Essen oder der geschmackvollen Einrichtung liegen. Reibungspunkte lassen sich hingegen mit Charme und Witz überspielen.
Dass man der Familie des Partners strenger gegenüber steht als anderen Menschen, kann Michael Niggel nur bestätigen: „Das ist eine Zwangsgemeinschaft, die hat man sich nicht ausgesucht.“ Umso wichtiger ist es, Grenzen zu ziehen und den Partner von seiner Familie zu unterscheiden. „Einmal mit der kleinen Schwester zu H&M gehen ist okay, zweimal die Woche shoppen wäre vollkommen übertrieben. Man ist ja schließlich nicht mit der Schwester liiert.“ Gleichzeitig sollte man aber auch die Grenzen der neuen Familie nicht übertreten. „Wer im Elternhaus des Partners übernachtet, muss dessen Regeln respektieren, hier geht es um Privaträume und Intimsphären“, erklärt Niggel. „Genauso will das junge Paar ja auch nicht, dass die Eltern unvorhergesehen ins Jugendzimmer platzen.“
Auch wenn man sich die größte Mühe gegeben hat: Manche Leute können sich einfach nicht riechen. Blöd nur, wenn man den Eindruck hat, dass gerade der Vater des Partners oder der Parterin Abneigung gegen einen hegt. Auch in solchen Fällen rät Niggel zu Höflichkeit und Anstand. „Sollte es wirklich so sein, muss man diesen Umstand hinnehmen lernen. Keinesfalls sollte man die Sache immer wieder thematisieren“, meint der Pädagoge. „Wenn sich eine Gelegenheit zum Gespräch ergibt, um die Situation zu verbessern, ist es gut. Ansonsten kann man es auch nicht ändern.“
Magdalena Pemler, 28, findet neue Familien spannend. Was für sie beim ersten Kennenlernen gar nicht geht: Witzeleien über Intimitäten eines Familienmitglieds, Innereien zum Abendessen und ungefragte Tipps.
Fünf Tipps zum Umgang mit der Familie des Partners oder der Partnerin:
1. Spiele den Eltern kein Interesse an Opern von Verdi vor, wenn du auf Casper stehst. Natürlichkeit ist Trumpf.
2. Das Aquarell der Mutter gefällt dir richtig gut? Sag es. Komplimente fördern die gute Stimmung zwischen der neuen Familie und dir.
3. Du musst dich für die neue Familie nicht verbiegen. Wenn sie dich jede Woche sehen wollen, du das aber nicht willst, dann sag es ihnen.
4. Mitbringsel gesucht? Es müssen nicht immer Blümchen sein. Vielleicht hat deine Schwiegermutter in spe irgendwo eine coole Spaghetti-Zange gesehen, die nicht so teuer ist. Frag deinen Freund oder deine Freundin. Er oder sie kennt sie am besten und kann sicher Tipps geben.
5. Eure Eltern müssen sich nicht sofort kennenlernen. Außer es geht um Themen, die die Aufsichtspflicht betreffen. Wenn ihr zum Beispiel gemeinsam verreisen wollt, kann ein klärendes Gespräch aller Erziehungsberechtigten sinnvoll sein.
Text: magdalena-pemler - Bild: photocase.com