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Wie lege ich Geld in Aktien an?
Der erste Job, das erste feste Einkommen. Das Gefühl: Was mache ich jetzt damit? Früher war das klar: Während der Schulzeit hatte ich mein Taschengeld auf meinem Sparbuch gesammelt und mich am Jahresende über ein paar Euro Zinsen gefreut. In der zehnten Klasse bat ich meine Eltern, einen Bundesschatzbrief für mich zu kaufen, mit einer Laufzeit von mehreren Jahren. Zu Beginn meines Studiums eröffnete ich ein Online-Depot mit Tages- und Festgeldkonten. Und jetzt? Vielleicht mal Aktien? „Nur wenige junge Leute investieren in Aktien“, sagt Rüdiger von Nitzsch, Professor für Entscheidungsforschung und Finanzdienstleistungen an der Aachener RWTH University. „Viele sind unsicher, wollen das Risiko nicht auf sich nehmen.“ Dabei sei es eigentlich ein Vorteil, schon früh Wertpapiere zu kaufen, weil man „schrittweise investieren und die Papiere lange behalten“ könne, sagt von Nitzsch.
Das Risiko kann man natürlich nicht leugnen. Als Aktieninhaber ist man Miteigentümer an den Vermögenswerten eines Unternehmens. Steigt der Wert des Unternehmens, gewinnt man, fällt er, sinkt auch der Wert des eigenen Anteils. Diese Abhängigkeit von den Kursen gilt als riskant, weil Schwankungen nicht vorhersehbar sind. Wertpapiere haben aber im Vergleich zu anderen Anlageformen auch einen Vorteil: Sie besitzen Sachwertcharakter. Viele Großunternehmen bestehen schon lange, ihre Aktien haben Währungsreformen und auch Staatsbankrotte überlebt, während Sparbücher und Bankguthaben so oftmals entwertet worden sind. Anders aber als weitere Sachwerte wie beispielsweise Gold bieten Aktien zusätzlich laufende Erträge: Dividenden, also Anteile am Gewinn eines Unternehmens, die regelmäßig ausgeschüttet werden.
Wie riskant ist es wirklich, in Aktien zu investieren? Grob gesagt: Es kommt darauf an, was man kauft. Um das Risiko einzuschätzen, kann man die Risikoklassen zu Rate ziehen, die Bundestag und Bundesrat in Deutschland festgelegt haben. Anlagen in Tages- oder Festgeld, Spareinlagen und Pfandbriefe, aber auch europäische Geldmarktfonds zählen auf dieser Skala zur ersten, also sichersten Klasse. Festverzinsliche Wertpapiere finden sich in der zweiten Risikoklasse wieder, Aktien von großen, global agierenden Unternehmen (sogenannten Blue Chips: Das sind die großen, global agierenden Unternehmen im Aktiensprech.) in der dritten. Einige Aktien und Fonds sind in der fünften und höchsten Klasse zu finden – das sind Papiere, mit denen man auf Preisentwicklungen in der Zukunft wetten kann und die für Anfänger eher nicht geeignet sind.
An der Börse kann man Aktien nicht direkt kaufen oder verkaufen, sondern nur über einen Broker, den man mit der Durchführung von Wertpapierordern beauftragt und der dafür eine Courtage erhält. Oft übernimmt diese Aufgabe die eigene Bank, bei der man ein Wertpapierdepot eröffnet hat. Aktienbesitzer entscheiden sich, sich von einer bestimmten Anzahl eines ihrer Papiere zu trennen und legen einen Mindestpreis fest, zu dem sie verkaufen wollen. Andere Anleger beschließen, Aktien zu kaufen und legen einen Höchstpreis fest, den sie zu zahlen bereit sind. Wenn diese Werte sich treffen, kommen sogenannte „Orders“ - so nennt man Kauf- oder Verkaufsaufträge an der Börse, zustande.
Ein Wertpapierdepot kann man oft bei der eigenen Hausbank oder über Direktbanken eröffnen, die es nur online gibt. Bei den Direktbanken sind die Konditionen oft besser. Am wichtigsten ist es, bei der Kontoeröffnung auf die Kosten und Provisionen zu achten: Gewährt eine Bank eine bestimmte Anzahl kostenloser Orders pro Monat? Nimmt sie eine Pauschale pro Kauf oder Verkauf? Wie passt das zu deinem eigenen Vorhaben?
Aber: Wie legt man denn jetzt am besten an? Wenn man langfristig Vermögen aufbauen will, gibt es einige Grundregeln, an die man sich halten kann. „Zuerst einmal sollte man schauen: Wie viel Geld kann ich pro Monat zur Seite legen? Welchen Betrag brauche ich nicht für den Alltag? Und diese Summe dann Monat für Monat investieren“, sagt von Nitzsch. „Es reichen auch schon 50 bis 100 Euro, man muss nicht gleich ein Vermögen investieren.“ Er betont, dass man auf keinen Fall Geld investieren solle, auf das man eventuell angewiesen ist. So kann man das Kapital langfristig angelegt lassen. „Anfängern empfehle ich außerdem, breit zu diversifizieren, weltweit aufgestellt zu sein“, sagt von Nitzsch. Damit meint er, dass Einsteiger möglichst Aktien aus unterschiedlichen Branchen, Ländern, Regionen und Währungsräumen kaufen sollten, um das Verlustrisiko zu minimieren. Fällt mal ein Kurs oder macht ein Unternehmen nicht so viel Gewinn, gleicht sich das so aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer anderen Anlage aus. Von Nitzsch empfiehlt außerdem, auch über eine Investition in Indizes nachzudenken, also in ganze Märkte zu investieren. Vorstellen kann man sich das, als würde man in ein Bündel von Aktien investieren – denkt man, dass die deutschen Aktien insgesamt steigen werden, würde man also auf den Deutschen Aktienindex (DAX) setzen. Genau so geht das aber auch mit Rohstoffen – glaubt man, dass der Kaffeepreis steigen wird, setzt man genau darauf.
„Ganz wichtig: Liegen lassen“, sagt von Nitzsch außerdem. Zehn bis 15 Jahre sollte man sein Geld investiert lassen, sich bloß nicht von Kursfällen abschrecken lassen, weder in Angst verfallen noch in Gier. Wenn man sich nicht zutraut, diese Emotionen unter Kontrolle zu haben, ist es immer noch am besten, man setzt sich ein Limit, überlegt sich also, bei welcher Kurshöhe man verkaufen will, sollte der Kurs zu sehr fallen oder aber steigen – ansonsten ist die Gefahr groß, dass man immer mehr will und am Ende eventuell zu viel verliert.
Zusätzlich zum profitorientierten Anlegen empfiehlt von Nitzsch außerdem, aus ethischen Gründen auf die Ausrichtung von Unternehmen zu achten. „Es gibt nicht so viele Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit und ethische Standards setzen“, sagt er. „Oft muss man bei diesen Unternehmen auch eine höhere Broker-Gebühr bezahlen.“ Trotzdem empfiehlt er zu überlegen, ob einem etwas weniger Gewinn es wert ist, ein Unternehmen zu unterstützen, dass beispielsweise auf faire Arbeitsbedingungen und Umweltschutz achtet. „Besonders in Krisenzeiten lohnt es sich sicher, diese Unternehmen näher ins Visier zu nehmen“, sagt von Nitzsch, er vermutet, dass die ethisch handelnden Unternehmen stärker durch Krisen gehen.
Übrigens: Erträge aus Aktiengeschäften unterliegen in Deutschland der Steuerpflicht. Seit 2009 sind Kapitalerträge pauschal mit einem Steuersatz von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer belegt. Allerdings kann die Kapitalertragssteuer vom Finanzamt zurückgefordert werden: Steuerpflichtigen steht ein jährlicher Freibetrag in Höhe von 801 Euro für alle Kapitalerträge zu.
Fünf Tipps für den Aktienkauf:
1. In Aktien solltest du nur investieren, wenn du Geld übrig hast, das du für nichts Anderes brauchst. Da reichen schon etwa 50 bis 100 Euro im Monat, die du regelmäßig anlegst.
2. Lege nicht nur in eine Aktie an, sondern streue deine Anlagen über Branchen, Regionen und Währungsräume.
3. Relativ sicher kannst du zu Beginn auch in Indizes investieren.
4. Achte darauf, dass deine Anlagen mit deinen ethischen Wertvorstellungen übereinstimmen – die Spekulation mit Wertpapieren kann den realen Preis von beispielsweise Grundnahrungsmitteln stark beeinflussen.
5. Werde nicht panisch, wenn deine Aktien an Wert verlieren. Werde aber auch nicht gierig, wenn die Werte deiner Papiere steigen.
Nicola Staender, 23, ist neugierig und will die Tipps des Entscheidungs- und Finanzdienstleistungsprofessoren anwenden. Sie muss aber noch ausrechnen, wie viel Geld sie pro Monat zur Seite legen kann, um es in Aktien anzulegen.