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Wie gehe ich mit Prüfungsangst um?

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Zum ersten Mal passierte es während der Abiturprüfung in Deutsch. Sechs Stunden hatten wir Zeit. Ich hatte eine Frage zu Fontanes »Effi Briest« ausgewählt. Ich kannte den Roman, wusste über den Autor Bescheid. Aber in meinem Kopf war nichts, außer einer lähmenden, dunklen Leere. Zwei Stunden lang starrte ich auf das linierte Papier, versuchte verzweifelt, eine Gliederung zu entwerfen, oder einen ersten Satz zu formulieren. Es ging einfach nicht. Als meine Hände zu zittern begannen und mir abwechselnd heiß und kalt wurde, stand ich auf und ging hinaus.

„Das war eine sehr gute Entscheidung", sagt ‪Martin Krengel, Autor des Lernratgebers "Bestnote". ‬„Wenn gar nichts mehr geht, sollte man die Situation wenn möglich kurz verlassen, ein bisschen frische Luft schnappen, sich bewegen und so den Stresslevel wieder in den Normalbereich bringen." Auch mir hat das damals sehr geholfen. Auf dem Gang saß eine sehr nette Lehrerein, die mir sofort angesehen haben muss, was los war. Beruhigend verwickelte sie mich in ein kurzes Gespräch. Als ich wieder an meinen Platz zurückkehrte, begann ich zu schreiben und bekam schließlich elf Punkte.

Auch später an der Uni litt ich immer wieder unter Prüfungsangst. „Dass man sich vor einer Prüfung Sorgen macht, ein mulmiges Gefühl hat, Kribbeln im Bauch, am Abend vorher nicht einschlafen kann, ist ganz normal", sagt Lerncoach Krengel. Nur bei Extremfällen, also dann, wenn man regelmäßig von Blackouts heimgesucht wird, empfiehlt er, sich konkrete Hilfe in einer Beratungsstelle, bei einem Lerncoach oder einem Psychotherapeuten zu suchen. Leichte Prüfungsangst hingegen bekommt man selbst in den Griff.

„Unter Prüfungsangst leiden vor allem diejenigen, die besonders ehrgeizig sind", sagt Krengel. Bei ihnen ist das Stressniveau in Prüfungssituationen besonders hoch. „Ein gewisses Maß an Stress ist positiv, damit wir aktiv sind, lernen und uns vorbereiten", erklärt der Coach. Steigt der Stresslevel aber zu stark an, sinkt unsere Aktivitätskurve. Wir verlieren die Motivation und sind antriebslos. Hinzu kommen oft destruktive Gedanken. Man steigert sich so lange rein, bis vor lauter Angst kein Platz mehr im Kopf ist, für das, was man eigentlich lernen will.

Das beste Mittel gegen Prüfungsangst ist eine gute Vorbereitung. Und die bezieht sich nicht nur aufs Lernen allein. „Für viele ist eine Prüfung so etwas wie ein Überraschungs-Ei", sagt Krengel, „was wir aber erreichen wollen, ist eine Instantpackung: Wir wollen den Stoff so aufbereiten, dass wir ihn in der Prüfung nur noch aufkochen und niederschreiben müssen." Und das funktioniert auf drei Ebenen:

„Zuerst sollte man sich einen genauen Überblick verschaffen, was in der Prüfung dran kommen kann, dazu benötige ich so viele Informationen wie möglich." Gibt es Altklausuren? Welche Hinweise hat der Dozent während des Semesters gegeben? Was denken die Kommilitonen? Welche Infos hat die Fachschaft? Nur wer all diese Infos kennt, kann sich ein genaues Bild darüber machen, wo die Schwerpunkte in der Prüfung höchstwahrscheinlich liegen werden – und so auch den zu bewältigenden Lernstoff eingrenzen. Und: Wer die Schwerpunkte kennt und zum Beispiel aus alten Klausuren weiß, welcher Komplex wie viele Punkte bringt, kann sich beim Lernen genau einteilen, auf welches Thema er wie viel Zeit verwendet.

Beim Lernen selbst rät Krengel zu so genannten "Survival Summaries": Zusammenfassungen jedes Themas auf nicht mehr als einer Din A 4-Seite, untergliedert in die relevantesten Aspekte und angereichert mit kleinen Zeichnungen oder Piktogrammen. „Inhalte, die wir mit Emotionen verknüpfen, können wir uns viel leichter merken", sagt Krengel. Genau das geschieht, wenn wir uns zu einem schwierigen Begriff oder Zusammenhang eine Zeichnung ausdenken. Der Vorteil eines "Survival Summaries": Bereits beim Erstellen erschließen wir uns den Inhalt, indem wir ihn in sinnvolle Abschnitte untergliedern und entscheiden, welches die wichtigsten Aspekte sind. Und: Ein Blick auf die Seite kurz vor der Prüfung, bringt den Stoff noch mal ins Kurzzeitgedächtnis.

Genauso wichtig sei aber, die Form der Prüfung vorher zu üben, sagt Krengel, „das vergessen die meisten Schüler und Studenten komplett". Das heißt: Altklausuren durchgehen, Essays auf Zeit zu selbstgestellten Fragen schreiben, Referate vor der Lerngruppe halten und sich von den Kommilitonen ausfragen lassen – so lange, bis die Situation nicht mehr als bedrohlich erscheint.

Marlene Halser ist 35 Jahre und kann Prüfungssituationen immer noch nicht ausstehen. Mittlerweile hat sie jedoch gelernt, damit umzugehen.
Fünf Tipps gegen Prüfungsangst:

1. Der Prüfung die Bedrohlichkeit nehmen, in dem man möglichst viel über den Stoff rausfindet, der dran kommen wird. Gibt es Altklausuren? Welche Hinweise hat der Dozent während des Semesters gegeben? Was denken die Kommilitonen? Welche Infos hat die Fachschaft? Mithilfe dieser Infos den Stoff so gliedern, dass man die Inhalte, die in der Prüfung mit den meisten Punkten bewertet werden, am besten lernt.

2. "Survival Summaries" zu jedem Themenkomplex erstellen: Zusammenfassungen auf nicht mehr als einer Din A 4-Seite, untergliedert in die relevantesten Aspekte und angereichert mit kleinen Zeichnungen oder Piktogrammen.

3. Auch die Form der Prüfung vorher üben: Altklausuren durchgehen, Essays auf Zeit zu selbstgestellten Fragen schreiben, Referate vor der Lerngruppe halten und sich von den Kommilitonen ausfragen lassen.

4. Last-Minute-Tipp bei akuter Angst: Die Prüfungssituation wenn möglich verlassen. Kurz auf die Toilette gehen und kaltes Wasser über Hände und Nacken laufen lassen, frische Luft schnappen, singen, Gymnastikübungen machen... Ganz egal, was es ist. Das Gehirn braucht einen Moment der Ablenkung, um den Stresslevel wieder senken zu können. Auch in einer mündlichen Prüfung kann man sagen: "Bitte entschuldigen Sie, ich habe gerade ein Blackobut. Darf ich kurz für eine Minute raus gehen, tief durchatmen und dann noch mal von vorne beginnen?"

5. Bei immer wiederkehrenden Blackouts professionelle Hilfe suchen, etwa bei einer speziellen Beratungsstelle, einem Lerncoach oder einem Psychotherapeuten. 

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