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Wie frage ich nach einer Gehaltserhöhung?

Ezio Gutzemberg / photocase.com

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Mein Freund Julian ist Informatiker. Vor kurzem hat er seinen Chef um eine Gehaltserhöhung gebeten, ganz unverbindlich als sie sowieso gerade im Gespräch waren. Er ist jetzt seit gut fünf Jahren im Job, macht gute Arbeit und war der Ansicht, mehr Geld verdient zu haben. Sein Chef sah das allerdings anders – und die Zahl auf Julians Gehaltsscheck blieb dieselbe. Was hätte er besser machen können?

"Eine Gehaltsverhandlung ist eine langfristigere Angelegenheit, als die meisten denken", sagt Karriere-Coach Carolin Lüdemann. Das heißt: Vorbereitung ist alles. Das fängt damit an, dass ich – unabhängig von einer anstehenden Gehaltsverhandlung – über Monate und Jahre ein Erfolgs-Journal führen sollte. Darin sollte dokumentiert werden, welche meiner Tätigkeiten den größten Nutzen für den Arbeitgeber hat. Ein best of meiner Arbeit also. So habe ich die Argumente für ein höheres Gehalt immer parat. Das hätte Julian in der Verhandlung mit seinem Chef sicher geholfen.

Es geht schließlich darum, herauszustellen, welchen wirtschaftlichen Nutzen das Unternehmen von mir hat. "Viele Arbeitnehmer verkennen, dass sie im Tagesgeschäft substituierbar sind", sagt Lüdemann. Besonderen Wert habe ich erst dann, wenn ich etwas leiste, was kein anderer kann. "Gestiegene Lebenshaltungskosten oder Gerechtigkeitsempfinden allein reichen als Argument für eine Gehaltserhöhung nicht aus", sagt Lüdemann.

Vorbereitung heißt aber auch, dass man sich Gedanken über mögliche Alternativen zur Gehaltserhöhung macht. Kommt stattdessen eine andere Vergünstigung – etwa ein Dienstwagen oder das Jahresticket für die Bahn – in Frage? Lüdemann: "Solche Gedankenspiele nehmen dem Chef Arbeit ab." Ebenso wichtig ist eine Vorstellung davon, wie viel andere Arbeitnehmer in vergleichbaren Positionen verdienen. Das kann man zum Beispiel online recherchieren.

Nur so kann ich in einer Verhandlung auch konkret werden. Denn viele Arbeitnehmer machen den Fehler, bloß eine Spanne zu nennen, in der die Gehaltserhöhung liegen sollte. "Der Chef wird sich dann natürlich immer für das untere Ende dieser Spanne entscheiden – wenn überhaupt", sagt Lüdemann. Wer eine konkrete Summe nennt, sollte schließlich immer auch davon ausgehen, dass der Chef sie noch ein bisschen drücken wird.

Entschließe ich mich dazu, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen, sollte ich das nicht – so wie mein Freund Julian – zwischen Meeting und Mittagessen tun. Stattdessen sollte ich mir einen Termin geben lassen, um "über die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten zu sprechen". Entwicklungsmöglichkeiten deshalb, weil mehr Gehalt für die eigene Arbeit nicht bedeuten darf, dass alles beim Alten bleibt. Als Arbeitnehmer muss ich dem Chef einen Mehrwert aufzeigen. "Wenn das Unternehmen mehr von mir bekommt, ist es auch bereit, mehr zu geben. Ich könnte zum Beispiel anbieten, einen neuen Verantwortungsbereich zu übernehmen", sagt Lüdemann. Welcher Eindruck jedoch nicht entstehen darf: Bei höherem Gehalt leiste ich auch mehr, bisher laufe ich auf Sparflamme. Das gleicht einer Erpressung – und sorgt nicht unbedingt für gute Stimmung.

Doch auch, wer all diese Tipps beherzigt, wird oft genug vom Chef vertröstet. Der Klassiker: "Das ist gerade ein schlechter Zeitpunkt, lassen Sie uns das Gespräch verschieben." In diesem Fall rät Lüdemann dazu, den Chef nicht vom Gegenteil überzeugen zu wollen. Stattdessen solle man Verständnis zeigen: "Ich freue mich, dass Sie meinem Wunsch nach einer Gehaltserhöhung nicht widersprechen." Lüdemann: "Damit beendet man das Gespräch mit einem Commitment, das ist das Beste, was man aus dieser Situation herausholen kann." Nicht vergessen: gleich einen neuen Termin ausmachen.

Wird der Wunsch nach einer Gehaltserhöhung, so wie bei Julian, komplett abgelehnt, rät Lüdemann dazu, bis zum nächsten Versuch mindestens ein halbes Jahr zu warten. Julian sollte bis dahin also erstmal ein Erfolgs-Journal führen.

Michel Winde, 25, hatte in seinem Leben bisher noch keine Gehaltsverhandlung. Zumindest nimmt er sich von nun an aber das mit dem Erfolgs-Journal vor.

Fünf Tipps für die Gehaltsverhandlung:

  • Führe ein Erfolgs-Journal. So dokumentierst du, welche deiner Tätigkeiten den größte Nutzen für deinen Arbeitgeber haben. Darauf kannst du während der Verhandlung zurückgreifen und dem Chef zeigen, dass du einen echten Mehrwert für die Firma bietest.
  • Informiere dich! Was verdienen Angestellte in einer ähnlichen Position mit ähnlicher Verantwortung? Wenn du das weißt, kannst du auch angemessene Forderungen stellen. Außerdem solltest du Alternativen erwägen: Kommt ein Dienstwagen in Frage? Oder das Jahres-Ticket für die Bahn?
  • Bloß nicht zwischen Tür und Angel nach einer Gehaltserhöhung fragen! Am besten, du lässt dir einen Termin geben mit der Aussicht "über die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten" sprechen zu wollen.
  • Sei bestimmt, nicht ängstlich: Wirst du gefragt, welche Vorstellung du von deiner Gehaltserhöhung hast, solltest du immer eine konkrete Summe nennen – und davon ausgehen, dass der Chef sie noch etwas drücken wird. Natürlich gilt auch: nicht unverschämt werden.
  • Versuche nicht, deinen Chef zu überreden. Möchte er dich vertrösten, schließe das Gespräch mit einem Satz, der einem beidseitigen Bekenntnis gleicht. In etwa: "Ich freue mich, dass Sie meinem Wunsch nach einer Gehaltserhöhung nicht widersprechen."
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