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Wen muss ich in die Wohnung lassen?

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Ein Wochentag morgens um halb 11 in München, Schwabing. Es klingelt an der Wohnungstür des etwas herunter gerockten Altbaus, in dem ich wohne. Ich denke, dass das bestimmt jemand aus der befreundeten WG im Haus ist, der Kaffee trinken will, also öffne ich, obwohl halb im Schlafanzug - und bin geschockt.

Vor mir steht ein junger Typ mit akkuratem Scheitel, Aktentasche und Anzug und einem zerknirscht wirkenden älteren schnauzbärtigen Mann im Gepäck. Er sei von der Hausverwaltung und zuständig für unser „Anwesen“ (das hat er wirklich so gesagt!), der andere der neue Hausmeister. „Können wir kurz reinkommen?“, fragt er mit strengem Blick. Ich weiß nur, dass unser Haus drei Monate zuvor verkauft wurde und wir jetzt durch eine Immobiliengesellschaft verwaltet werden. Verwirrt antworte ich: „Klar, Sie können schon reinkommen, es ist halt nicht aufgeräumt“. Was soll man auch sagen.

Die beiden marschieren rein, der Anzugmann blickt sich forsch um und fragt, ob er den Mietvertrag einmal sehen könne. Dann spricht er eindringlich: „Ja, Frau Heller, Ihnen war doch sicher klar, dass das hier nicht ewig so weitergehen kann.“ Das Haus sei ja so heruntergekommen und in keinem Zustand mehr. „Wir wollen Sie ja nicht einfach so rauswerfen, sondern versuchen, einen Kompromiss zu finden, der für alle passt. Aber wenn Sie so in sechs, sieben Monaten ausziehen würden, das müsste doch für Sie in Ordnung gehen. Oder?“ Er rät mir dringend, möglichst schnell die anderen Bewohner zusammen zu trommeln und ein Treffen mit ihm zu organisieren, wo wir unseren idealen Auszugstermin besprechen können.

Fassungslos verabschiede ich die beiden. Ich hatte eigentlich nicht vor, demnächst auszuziehen. Dann durchfährt es mich: Hätte ich diesen Menschen eigentlich hineinlassen müssen? Wie reagiert man am besten, wenn ein Anzugaktentaschenmann an der Tür klingelt und rein will? Wen also muss man wirklich in die Wohnung lassen?

Ich frage Anja Franz, die Pressesprecherin des Münchner Mietervereins. „Rein rechtlich sind das nicht viele Personen“, sagt sie. Der Mieter hat ein sogenanntes Besitzrecht über die Wohnung. In unserem chaotischen Uralt-Mietvertrag steht unter Anderem der kleine Hinweis: ‚Der Vermieter hat einmal pro Jahr das Recht, unangekündigt die Wohnung zu besichtigen.’ „In vielen Mietverträgen steht so ein Satz“, meint Frau Franz. „Aber nicht unangekündigt. Der Vermieter muss sich immer ankündigen.“ Dies sollte mindestens zwei bis drei Tage vorher erfolgen. „Außer es gibt einen Grund, z.B. wenn etwas kaputt ist oder in Notfällen.“ Bei Feuer, Wasserrohrbruch etc. gilt Gefahr im Verzug. Wenn es allerdings keinen Grund gibt und der Vermieter kommt herein, ist das Hausfriedensbruch.

Ist der Mieter nicht zu Hause, gilt analog: Wenn Gefahr im Verzug besteht, kann der Vermieter auch die Türe aufbrechen lassen. Wenn es keinen Grund gibt, ist das erst recht Hausfriedensbruch, auch, wenn der Vermieter mit einem Ersatzschlüssel eindringt. Weder Vermieter noch Hausverwaltung haben übrigens Anspruch auf einen Wohnungsschlüssel. Nun ist es in meinem Fall aber nicht der Vermieter, der klingelt, sondern ein Typ, der sagt, er sei Herr Soundso von der Hausverwaltung. Die Hausverwaltung repräsentiert den Vermieter. In diesem Fall macht es also keinen Unterschied, ob der Vermieter persönlich da steht oder besagter Anzugmann.

Wie sieht es bei einer Kündigung aus? „Das Mietverhältnis läuft bis zum Zeitpunkt der Kündigung. Rein rechtlich hat der Vermieter also bis dahin keinen Zutritt, auch nicht zu einer Vorbesichtigung, was viele meinen.“

Auch Herr Böhm, Justiziar der Initiative Mieter helfen Mietern (MHM) München (seit 1982) sagt: „Schon im Grundgesetz (Art. 13) ist die Unverletzlichkeit der Wohnung festgelegt. Sein Recht auf Duldung, einmal pro Jahr mit Voranmeldung vorbeizukommen, kann der Vermieter vor Gericht einklagen. Wenn der Mieter sich immer noch weigert, kann der Vermieter mit Gerichtsvollzieher erscheinen.“ Im Zweifelsfall muss der Mieter dann die Gerichtskosten tragen. Dies ist allerdings kein Kündigungsgrund.

Was ist mit der Polizei? Dem Gas-Wasser-Installateur? Dem Stromableser? Frau Franz empfiehlt generell, „um des Friedens willen“, Handwerker etc. hereinzulassen. Diese sollten eigentlich immer angekündigt werden. Wenn etwas kaputt ist und der Mieter verweigert den Eintritt, muss er damit rechnen, für den Schaden aufkommen zu müssen, der dadurch entsteht. Wer sich wiederholt weigert, den Strom ablesen zu lassen, für den wird der Verbrauch geschätzt, was sich ungünstig auf die Kosten auswirken kann. Rechtlich ist es in Ordnung.

Bei der Polizei kommt es darauf an, was vorliegt. Carsten Neubert von der Pressestelle der Münchner Polizei meint: „Bei Gefahr im Verzug muss man die Polizei hereinlassen, andernfalls werden sich die Beamten ohnehin Zutritt verschaffen, auch wenn der Mieter nicht da ist.“ Gefahr im Verzug meint hier entweder eine „Gefahr für Mensch, Leib und Leben (Hilferufe, Feuer) oder für Sachen von bedeutsamem Wert, z.B. bei einem Wasserschaden, wenn es bei den Nachbarn durch die Decke tropft“, oder eine Verhinderung von Straftaten. Oft sei es allerdings Abwägungssache und läge in der Entscheidungsmacht des jeweiligen Beamten. „Es kommt immer auf die Verhältnismäßigkeit an.“ Liegt ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vor, muss man sie auch hereinlassen. Man sollte sich diesen zeigen lassen und nachlesen, wonach genau bei wem gesucht wird. In beiden Fällen kann man im Nachhinein immer einen Anwalt konsultieren und evtl. Beschwerde einreichen! Denn wenn kein Durchsuchungsbeschluss vorliegt und keine hinreichendeb Gründe vorlagen, begeht auch die Polizei Hausfriedensbruch, wenn sie ohne die Erlaubnis des Mieters seine Wohnung betritt. Die Kölner Kanzlei für Strafverteidigung Breidenbach hat auf ihrer Homepage auch einige Tipps dazu.

Ich hätte den Menschen also auf jeden Fall nicht in die Wohnung lassen müssen. In diesem Fall wäre es geschickter gewesen, nach dem Anliegen zu fragen und darum zu bitten, alles Weitere schriftlich zu klären. „Der Sekretär des Mieters ist sein Briefkasten“, rät uns ein Mieterverein.

Auf der Homepage der MHM Initiative gibt es als Richtlinien zu diesem und vielen anderen Themen Merkblätter zum herunterladen mit allgemeinen Tipps. Dies sei gut als „Erste Hilfe“, wie Herr Böhm es nennt. Ansonsten  komme es immer sehr auf den Einzelfall an. Außerdem empfiehlt er das Mieterlexikon des deutschen Mieterbunds.

Die Erstberatung durch einen Anwalt kann einige hundert Euro kosten. Der Eintritt in einen Mieterverein ist weitaus günstiger und daher empfehlenswert. Der Mieter kann sich übrigens auch an die Stadt wenden, Mietberatung gibt es zum Beispiel beim Amt für Wohnung und Migration.
Lucia, 27, ist jetzt Mitglied in einem Mieterverein und öffnet nur noch selten die Türe im Schlafanzug. Fünf Tipps, wenn es klingelt:

1.  Der Mieter hat das Besitzrecht über seine Wohnung. Die Polizei mit richterlichem Durchsuchungsbeschluss oder bei Gefahr im Verzug muss er allerdings hereinlassen.

2. Der  Vermieter muss sich vorher ankündigen, außer es besteht Gefahr im Verzug.

3.  Wenn möglich, alle Vereinbarungen schriftlich klären. Vorher Anwalt konsultieren.

4.  In einen Mieterverein eintreten, sich über seine Rechte informieren

5.  Handwerker, Stromableser & Co. müssen sich auch ankündigen. Erst wenn man wiederholt nicht da  ist und keinen neuen Termin vorschlägt, wird der Verbrauch geschätzt.

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