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Richtig streiten - wie geht das?

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Einige Male schon habe ich mir einen kleinen Zettel geschrieben, bevor ich meinen Freund zur Aussprache traf. An Gedankenstrichen sortiert sollten die zurechtgelegten Sätze leicht über die Lippen gehen, mich das, was ich sagen wollte, nicht vergessen lassen. Geholfen hat es nichts, die Notizen waren schnell passé und mein Mundwerk ein weiteres Mal schneller als mein Kopf. „Ein Brief oder Stichpunkte sind oft eine empfehlenswerte Maßnahme, um emotional stark besetzte Themen vorzubereiten", empfiehlt Paartherapeutin Alexandra Krumm, „Briefe sollten aber nicht das Gespräch ersetzen!"

So schnell mein Zettel in einem Streit vergessen ist, taucht auch schon das nächste Problem auf: Ich kann mich einfach nicht beherrschen, werfe meinem Freund sämtliche Dinge an den Kopf, bis ich etwas richtig Gemeines sage. Eine kurze Stille, er sieht getroffen aus. Wütend wie ich bin, freue ich mich über meinen „Sieg". Eine halbe Minute später tut es mir unglaublich leid. „Beschimpfungen, Beleidigungen und Vergleiche führen zu Verletzungen, die bleibende Narben hinterlassen können", weiß Frau Krumm. Ich bin die nächste halbe Stunde auf jeden Fall damit beschäftigt, mich zu entschuldigen, auf die Knie zu fallen und zu versuchen, das Gesagte bei meinem Freund vergessen zu machen.

Aber auch mein Freund hat seine Fehler. Eine weit verbreitete Streiteinstellung vieler Menschen lautet „Kein Streit ist die beste Lösung." Dabei sind diese Leute, mein Freund eingeschlossen, keineswegs auf der ewigen Suche nach Harmonie, sondern kurz gesagt: faule Unter-den-Teppich-Kehrer. Frau Krumm rät von dieser Methode ab: „Angst vor Auseinandersetzungen führt oft zu Frustrationen, weil wichtige Themen ungeklärt bleiben." Der Streit, der durch angestaute Emotionen und Frustrationen ausgelöst wird, ist meist heftiger, als wenn man die Themen sofort angesprochen hätte. "Das was man versucht zu vermeiden, wird durch das Vermeidungsverhalten also erst verursacht", sagt Frau Krumm. Kein Streit ist also auch keine Lösung.

Meistens endet unser Streit damit, dass ich mich aufraffen muss, um auf meinen Freund zuzugehen. Aber ich habe schnell gemerkt, dass auch das auf Dauer keine Lösung sein kann. Nur weil er meistens mehr Streit-Ausdauer hat als ich, heißt das nicht, dass ich jedes Mal nachgeben muss. Auch Alexandra Krumm findet es falsch, immer auf den Partner zuzugehen: „Entweder gibt mal der eine und mal der andere nach oder jeder gibt ein Stück weit nach, was aber nicht bei jedem Thema möglich ist. Hier geht es auch nicht um ein ständiges und genaues Abwiegen, auch das kann nerven, sondern um ein grundsätzliches Gleichgewicht. Ein Ungleichgewicht kann zu Frustrationen führen und zum eigentlichen Streitauslöser werden."

Meine eigene Erfahrung zeigt: Der wichtigste Schritt ist zuerst einmal eigene Streitschwächen zu erkennen, um diese an sich zu bessern. Sowohl mein Freund als auch ich, wir wissen beide, was wir falsch machen. Dann kann ja in Zukunft eigentlich nichts mehr schief gehen, oder?

Anja Schauberger, 20, ist der festen Überzeugung, dass sich ihr Streitverhalten niemals ändern wird – aber der gute Wille stirbt zuletzt!

Fünf Tipps, um in Zukunft besser zu streiten:

1. Vermeide Anklagen. Verallgemeinernde Sätze wie „Du bringst nie den Müll raus!" oder „Du machst immer dies und das!" führen bei deinem Gegenüber automatisch zum Gegenangriff und lenken schnell vom eigentlichen Thema ab. Sätze wie „Wenn du dich mehr an der Hausarbeit beteiligen würdest, würde mich das mehr entlasten" hingegen geben dem anderen die Möglichkeit, seine Meinung zu dem Thema zu äußern und eine lösungsorientierte Diskussion entstehen zu lassen.

2. Höre dem anderen vorbehaltlos zu. Leichter gesagt als getan. Doch mit ein wenig Selbstbeherrschung bekommt das wirklich jeder hin, sogar mitten im Gefecht.

3. Bringe dem anderen Respekt entgegen. Klar, macht man doch sowieso, denkt man da. Doch während einer Streitsituation wird schon eine kleine Bemerkung oder ein falscher Gesichtsausdruck als Respektlosigkeit interpretiert.

4. Vermeide vor allem Beleidigungen oder Vergleiche, bei denen du weißt, dass sie dein Gegenüber verletzen. Umso besser man sich kennt, desto besser weiß man leider auch, wie und wo man den anderen verletzen kann. Das ist unfair und gehört nicht in einen Streit.

5. Bei emotionalen Streits: Erst einmal Abstand nehmen! Ob eine kleine Runde mit dem Hund oder eine Zigarette vor der Türe, Abstand zueinander ist wichtig, wenn man merkt, dass beide emotional aufgeladen sind. „Es sollte aber immer eine Verabredung zur Fortführung der Gespräche geben, die dann auch eingehalten wird", fügt Paartherapeutin Alexandra Krumm an. 

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