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Muss ich mir die Weisheitszähne entfernen lassen?

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Im menschlichen Körper gibt es einige Unverständlichkeiten: Niemand braucht wirklich einen Blinddarm und auf einen Teil unserer Körperbehaarung könnten wir gut verzichten. Am unverständlichsten ist aber, dass wir zu einem Zeitpunkt, an dem die Zahnbildung ansonsten längst abgeschlossen ist, vier Zähne bekommen, die einfach übrig sind.

Und: Weisheitszähne sind nicht nur übrig. Häufig sind sie sogar Störenfriede. Können sich im Kiefer entzünden, andere Zähne zur Seite schieben, so dass die jahrelang erduldete Zahnspange umsonst getragen wurde. Weil man den hintersten Rand der Mundhöhle mit der Zahnbürste nur schlecht erreicht, sind sie anfälliger für Karies. Und sie halten sich nicht an Regeln. Es gibt Weisheitszähne, die eher wie halb geschmolzene Eisberge als wie Zähne aussehen. Andere haben Wurzeln, die zur Seite gekrümmt sind, als hätte sie irgendwas am geradeaus wachsen gehindert. Manche Menschen haben sogar acht und nicht nur vier Weisheitszähne und einigen bleibt die Beschäftigung mit dem Thema erspart – sie haben keine Anlage zu den „Achtern", wie die hintersten Zähne in Ober- und Unterkiefer genannt werden.

Den meisten Menschen aber stellt sich irgendwann die Frage: Sollen die Weisheitszähne raus? „Ob ein Zahn bleiben kann oder nicht hängt von der Patientensituation ab." Sagt Olaf Bernhardt, Privatdozent für Zahnerhalt an der Universität Greifswald. Ob der Kiefer genug Platz für alle 32 Zähne bietet. Ob sich das Zahnfleisch oder der Kiefer rund um einen halb durchgekommenen Zahn entzündet oder ein Nachbarzahn geschädigt wird." Früher hat man Weisheitszähne gerne grundsätzlich entfernt", sagt Olaf Bernhardt, „heute muss eine klare medizinische Indikation für eine Operation vorliegen."

Nachdem mir ein Kieferorthopäde mitgeteilt hatte, dass die Wurzeln meiner unteren Weisheitszähne vermutlich auf einem im Kiefer verlaufenden Nerv liegen und eine Operation mit einer tauben Lippe enden könnte, hatte ich das Thema Weisheitszähne auf die lange Bank geschoben. Als ich vor ein paar Jahren für einige Zeit in eine andere Stadt zog, fing im Umzugsstress einer der oberen Achter an zu wachsen und entzündete sich. In der neuen Stadt kannte ich niemanden, geschweige denn einen Zahnarzt. So dauerte es noch ein paar Wochen, bis mir der halb heraus gewachsene Zahn gezogen wurde. Es gibt einige Sachen, die nie von meiner Erledigungsliste verschwinden: Einen Vertrag für Altersvorsorge abschließen, meine Uni-Unterlagen durchsortieren und wegschmeißen und eben die Weisheitszähne.

Dabei sollte man sich lieber früher als später darum kümmern: „Die Operation sollte wenn möglich im frühen Erwachsenenalter zwischen 18 und 25 statt finden", sagt Bernhardt, „da steckt man die Operation besser weg, als mit 70 oder 80." In meinem Freundes- und Bekanntenkreis ist der Anblick von dicken Wangen, auf die Kühlakkus gepresst werden mittlerweile selten geworden. Die meisten sind ihre Zähne schon losgeworden. Ich habe immer noch drei von vier Weisheitszähnen. Vielleicht ein Versuch, das Erwachsenwerden noch ein bisschen aufzuschieben. Vor kurzem war ich beim Zahnarzt, weil sich der zweite obere Weisheitszahn auf den Weg gemacht hatte. „Wir sollten uns nun wirklich mal um ihre übrigen Weisheitszähne kümmern", sagte meine Zahnärztin. Sie hat recht.

Anke Lübbert, 31 Jahre, hat trotz Zahnarztmahnungen noch immer drei von vier Weisheitszähnen.
Fünf Tipps, was du bei der Angelegenheit mit den Weisheitszähnen beachten solltest:

1. Hellhörig solltest du werden, wenn ein Kiefernchirurg oder Zahnarzt zum Entfernen eines unproblematischen Zahns rät: Im Zweifel lieber noch eine zweite Meinung einholen.

2. Wenn ein Zahn entfernt werden muss, spricht viel dafür, es möglichst früh zu tun. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen. Spätestens vor einer Weltreise oder einen längeren Aufenthalt im Dschungel sollte ein Problemzahn gezogen sein.

3. Der beste Zeitpunkt für eine Weisheitszahnoperation liegt übrigens im Winter. Im Sommer kommt es häufiger zu Entzündungen.

4. Ist der Zahn gezogen, muss gekühlt werden. Aber Vorsicht: Kühlakkus nicht ins Eisfach legen, sonst besteht die Gefahr von Erfrierungen. 

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