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Ist Online-Shopping schlecht?

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Ich arbeite von morgens halb zehn bis um sieben Uhr abends. Heißt: Wenn ich es endlich in die Münchner Innenstadt geschafft habe, bleibt mir nicht mehr viel übrig, als mit Kulleraugen traurig an den schönen Schaufenstern zu kratzen. In Bayern hat nämlich kein Geschäft länger als bis 20 Uhr offen, wenn überhaupt.

Dankenswerterweise gibt es für Menschen wie mich Online-Shopping. Lebensmittel, Klamotten, Bücher - das alles bringen mir freundliche Menschen bis an die Haustür. Ich finde das ziemlich luxuriös und meinem inneren Faultier entgegenkommend - aber andererseits auch ein Stück weit moralisch verwerflich. Jedes Mal, wenn in den Nachrichten streikende Amazon-Mitarbeiter und überarbeitete Paketauslieferer gezeigt werden oder Wissenschaftler darüber referieren, wie schlecht die zahlreichen Retoursendungen für die Umwelt sind, frage ich mich: "Bin ich bequem auf Kosten anderer?"

Was die Zerstörung des lokalen Einzelhandels angeht, muss man wohl klar sagen: ja, allerdings abhängig vom Produkt. Laut statistischem Bundesamt werden Elektrogegenstände wie Handys, Computer und Musik mittlerweile zum Großteil online bestellt, Lebensmittel hingegen fast gar nicht. In einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland gaben 1800 befragte Händler "Online-Shopping als größte Herausforderung" für die nächsten Jahre an. Denn: nur 20 Prozent der Einzelhändler haben bisher auch Online-Shops, Platzhirsche wie Amazon sind ihnen umsatzmäßig meilenweit voraus. Wer also ständig online Musik, Handys und Toaster kauft, darf sich nicht wundern, wenn der kleine Elektroladen nebenan irgendwann dicht macht.

Im Bezug auf die Umwelt, ist diese Frage allerdings weniger eindeutig zu beantworten, erklärt mir Moritz Mottschall vom Öko-Institut. Die gemeinnützige Einrichtung beschäftigt sich unternehmensunabhängig mit Klimafragen, unter anderem auch mit den Treibhausgasemissionen beim Online-Shopping. "Bei unseren Berechnungen gehen wir modellhaft davon aus, dass ein Paket ungefähr 700 Gramm Emissionen pro Versand verursacht. Die Länge einer durchschnittlichen Einkaufsfahrt mit dem Auto beträgt hingegen sechs Kilometer, also 2400 Gramm Emissionen pro Einkauf", rechnet Mottschall vor. In diesem Fall wäre Online-Shopping also sogar umweltverträglicher. Allerdings sind die Emissionsmengen abhängig von der Art des Versands: "Wenn ich zum Beispiel kurz vor Weihnachten noch den Expressversand anklicke, werden hierbei mehr Emissionen ausgestoßen, da der Transport schneller erfolgen muss. Außerdem sind viele Menschen nicht zuhause, wenn die Post angeliefert wird. Der Weg zum Postamt oder zur Poststation sorgt dann für zusätzliche Emissionen", sagt Mottschall. Er rät deshalb zur sorgfältigen Planung beim Online-Einkauf: Auf den Expressversand verzichten, mehrere Gegenstände in einer Sendung zusammenfassen und die bestellten Sachen direkt ins Büro liefern lassen sind alles Maßnahmen, die der Umwelt zugute kommen.

Der letzte Teil meiner moralischen Bedenken betrifft die massenhaften Rücksendungen von Waren. Nicht nur, weil man dadurch die Emissionen pro Sendung verdoppelt. Auch gibt es immer wieder Gerüchte, was mit der zurückgesandten Ware geschieht. Acht Euro kostet es angeblich, ein zurückgesandtes Kleidungsstück für den Verkauf neu herzurichten. Viele Klamottenshops würden deshalb die Kleidung direkt zu Textilbrei verarbeiten. Gerüchte, die eine Zalando-Sprecherin dementiert: “Wenn bei uns ein Kunde Kleidung zurückschickt, wird diese von der Retoure-Abteilung sorgfältig geprüft. Falls notwendig, werden die Sachen neu aufbereitet, sprich gebügelt und gereinigt, bevor sie neu verpackt werden. Unsere Kunden im Online-Shop erhalten nur einwandfreie Ware. Sollte die Kleidung kleinere Mängel aufweisen, haben wir Möglichkeiten wie das Outlet in Berlin, in dem sie zum reduzierten Preis weiterverkauft werden kann.” Und die Sachen, die nicht einmal mehr ins Outlet können? “Es ist bei uns auf keinen Fall die Regel, dass Produkte nach der Rücksendung grundsätzlich vernichtet werden. In dem seltenen Fall, dass etwas weder neu aufbereitet, noch im Outlet verkauft werden kann, gibt es natürlich noch andere Verwendungsmöglichkeiten wie Spenden", sagt die Sprecherin.

Auch wenn die zahlreichen Rücksendungen zumindest bei Zalando nicht automatisch in den Schredder kommen - bezüglich der hohen Rücksendungsquoten muss man doch ein schlechtes Gewissen haben. Moritz Mottschall vom Öko-Insitut sagt dazu: "Schätzungsweise liegt die Retour-Quote in der Modebranche bei 50 Prozent. In anderen Branchen, wird gemunkelt, sollen es sogar 70 Prozent sein." Eins sei deshalb bei verantwortungsbewusstem Online-Shopping zentral: Nur Sachen bestellen, die man wirklich haben möchte.
 
Charlotte Haunhorst, 25, wird sich den Vorschlag, Pakete ins Büro zustellen zu lassen, sofort zu eigen machen. Sie ist nämlich nie da, wenn die Post kommt und hat deswegen gegenüber ihrem Mitbewohner schon ein ganz schlechtes Gewissen. Der muss das Zeug dann immer entgegennehmen und die Treppe hochschleppen.

Fünf Tipps für gutes Online-Shopping

1. Möglichst mehrere Bestellungen in einer Sendung zusammenfassen und auf Expressversand verzichten - das reduziert die Emissionen.

2. Auf Online-Shopping zu verzichten aber dafür zum Einkaufen immer mit dem Auto zu fahren, hilft der Umwelt nicht.

3. Achtung bei spontanen Großeinkäufen im Netz: Retoursendungen sorgen für mehr CO2-Ausstoß durch den Rückversand und die manchmal notwenigen Reinigungsmaßnahmen. Lieber weniger kaufen und dafür wirklich überzeugt von dem Produkt sein.

4. Wem lokale Einzelhändler wirklich am Herzen liegen, der sollte auch bei ihnen kaufen.

5. Manche Unternehmen, zum Beispiel Globetrotter, leisten Kompensationszahlungen für die beim Versand ausgestoßenen Emissionen. Das ist aber immer nur die zweitbeste Lösung - nämlich wenn eine Minderung der Treibhausgase nicht mehr möglich ist.

Text: charlotte-haunhorst - Bild: dpa

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