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Ab wann ist Kaffee ungesund?

Foto: BLINKBLINK / photocase.de

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Morgens gibt es nur eine Sache, die meine Mundwinkel nach oben schiebt: Ein starker Espresso, aufgegossen mit warmer Milch. Koffein bleibt den ganzen Tag über mein treuer Begleiter: Sobald ich merke, dass meine Konzentration nachlässt, trinke ich Kaffee. Der Weg zur Kaffeemaschine, das knirschende Surren, wenn die Bohnen gemahlen werden, der Duft, wenn der frischgebrühte Kaffee in die Tasse plätschert – alles reinste Lebensfreude für mich. Jedes Mal, wenn ich eine Tasse geleert und einen Milchschnurrbart als Trophäe habe, fühle ich mich wieder fit und arbeitswillig. Am Tag komme ich so aber auf sechs Tassen Kaffee oder Espresso. Ist das noch gesund? Und wirkt Koffein bei mir überhaupt noch oder habe ich mich schon viel zu sehr daran gewöhnt?

Zunächst einmal: Kaffee hilft wirklich. Das enthaltene Koffein stimuliert das zentrale Nervensystem, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin Isabelle Keller von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die Folge: Herz, Kreislauf, die inneren Organe und die Verdauungstätigkeiten werden angeregt. „Die Müdigkeit wird beseitig, die Stimmungslage wird verbessert und wir können uns besser konzentrieren", zählt Keller die Vorzüge auf. Auch beim Sport ist die leistungssteigernde Wirkung von Koffein bekannt, die Ausdauer und die psychomotorischen Fähigkeiten werden erhöht beziehungsweise verbessert.

Allerdings gibt es beim Koffein tatsächlich einen Gewöhnungseffekt: Bei Dauertrinkern wie mir ist die stimulierende Wirkung längst nicht so groß wie bei jemanden, der nur ab und zu eine Tasse Kaffee trinkt. „Aber auch allgemein vertragen die Menschen Koffein unterschiedlich gut – es gibt einige, die viel Kaffee in kurzer Zeit trinken können und andere, für die das dann schon negative Effekte hat", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Gesunde Menschen können über den Tag verteilt mit gutem Gewissen zwei bis drei große beziehungsweise drei bis vier kleine Tassen Kaffee trinken, so die Richtlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. „Das entspricht etwa 300 bis 350 Milligramm Koffein und ist gesundheitlich unbedenklich", sagt Keller.

Sie warnt hingegen vor Koffeintabletten, die gerade bei Studenten in der Prüfungszeit immer beliebter werden: „Die Gefahr einer Überdosierung von Koffein ist damit einfach viel größer", sagt sie. Denn wer es mit dem Koffein übertreibt, kann auch die negativen Folgen des Wirkstoffs zu spüren bekommen: Nervosität, Muskelzittern, Magen-Darm-Probleme, Schwindel und Kopfschmerzen.

Egal, wie müde ich mich am Morgen ohne meinen ersten Kaffee fühle, eine körperliche Abhängigkeit vom Koffein gibt es nicht, sagt der Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach vom Kompetenzzentrum für Ernährung in Freising. Das Thema wurde aber lange in der Wissenschaft kontrovers diskutiert: „Abhängigkeiten entstehen, wenn das körpereigene Belohnungssystem angesprochen wird. Nach dem derzeitigen Stand der Forschung ist das beim Kaffee nicht der Fall." Ebenso hätten medizinische Studien gezeigt, dass es selbst bei jahrelangem Kaffeekonsum keine suchttypischen Entzugserscheinungen gibt, wenn das Koffein weggelassen wird. Aber das Gefühl, ohne das Dauernachfüllen meiner Kaffeetasse nur halb so leistungsfähig zu sein, bleibt.

Und wie schaffe ich es dann beispielsweise in der Prüfungszeit, mich fit und konzentriert zu fühlen, ohne es mit dem Kaffee zu übertreiben? Genügend zu trinken sei dafür das Wichtigste, meint Isabelle Keller: „Schon bei einem geringen Flüssigkeitsdefizit kommt es zu Konzentrationsschwierigkeiten, das geht sehr schnell." Sie empfiehlt, am Tag mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit zu sich zu nehmen, am besten Wasser oder andere kalorienarme Getränke wie beispielsweise Kräutertee. Bei starker Hitze oder körperlicher Betätigung kann der tägliche Wasserbedarf das drei- bis vierfache erreichen.

Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle dabei, wie leistungsfähig man sich fühlt. Doch hier möchte die Isabelle Keller mit einem Vorurteil aufräumen: „Es wäre schön, wenn sich gute Ernährung gleich niederschlagen würde, aber leider hilft nur die alte und anstrengende Art." Kurz: Eine Tüte Studentenfutter lässt die Konzentration nicht in die Höhe schnellen, stattdessen muss auf eine anhaltend ausgewogene Ernährung geachtet werden. Die beinhaltet möglichst viele Vollkornprodukte, fettarme Milchprodukte, viel Gemüse und Obst sowie möglichst wenig Fleisch. Genauso langfristig sollte man die Sache mit dem Sport angehen: „Durch regelmäßige Bewegung kann das Alltagsniveau von Kreislauf- und Nervensystem gesteigert werden – dadurch verbessert man auch seine Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit", sagt Dr. Malte Rubach. Dafür sollte man aber zwei bis drei Mal Sport in der Woche einplanen, am besten helfen Ausdauersportarten wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen.

Doch es gibt auch andere altbekannte Tricks, wie ich es kurzfristig schaffe, wieder konzentrierter an die Arbeit zu gehen: ausreichend lüften, damit nicht der niedrige Sauerstoffgehalt im Büro träge macht, zum Beispiel. Noch besser wirkt die Kombination von Bewegung und frischer Luft, weswegen man versuchen sollte, regelmäßig eine Pause einzulegen und zum Beispiel einen kurzen Spaziergang zu machen. Selbst wenn das nicht in die Mittagspause passt und man sich dafür zehn Minuten von der Arbeit loseisen muss: „Dafür kann man danach wieder viel besser einsteigen", verspricht Keller.

Mit ihren sechs Tassen Kaffee liegt Dorothea Wagner, 23, nur knapp über der empfohlenen Menge. Reduzieren kommt für sie nicht in Frage, dafür schmeckt der Kaffee zu gut. Vielleicht nimmt sie ihre nächste Tasse aber in der Thermoskanne auf einen Spaziergang mit.

Fünf Tipps für den Kaffeekonsum:

  • Für einen gesunden Menschen sind bis zu drei große oder vier kleine Tassen Kaffee über den Tag verteilt vollkommen unbedenklich. Nur Schwangere und Stillende sollten sich zurückhalten, weil das Koffein über die Plazenta beziehungsweise die Muttermilch an den Fötus oder den Säugling weitergegeben wird.
  • Egal, wie anstrengend die Prüfungszeit oder der Job gerade ist: Auf Koffeintabletten sollte man besser verzichten. Die Gefahr einer Überdosierung von Koffein ist zu hoch.
  • Viel wichtiger als Kaffee ist für die Konzentration, dass man allgemein genügend trinkt. Mindestens 1,5 Liter am Tag sollten es sein, an heißen Tagen oder nach dem Sport entsprechend mehr.
  • Kurzfristig kann man mit gesunder Ernährung die Konzentration nicht verbessern, hier hilft nur ein langer Atem. Wie eine möglichst ausgewogene Ernährung aussieht, beschreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zum Beispiel hier.
  • Die Alternative dazu, zum Kaffeeautomaten zu trotten: Ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft. Der steigert die Konzentrationsfähigkeit nämlich fast genauso stark. 

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