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Überraschungstorte und Antipasti-Orgie

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Diese Woche hat sich jetzt-Userin Begunje62 die Mütze des Kosmoskochs aufgesetzt.

Unsere Familie ist ziemlich bunt gemischt, mein Mann ist Halbslowene und Halbitaliener, ich bin Halbdeutsche und Halbschweizerin (französisch) und dementsprechend geht es bei uns auch kulinarisch sehr abwechslungsreich zu. Seit sechs Jahren leben wir in einem kleinen Dorf in den Wäldern von Zentralslowenien, zwischen Bären, Wölfen und Kartoffelfeldern. Da ich immer irgendein Lied (und zum Leidwesen meiner Kinder nicht immer sehr leise) summe, werde ich diese Woche versuchen, zu jeder Mahlzeit das dazu zu schreiben, was mir so durch den Kopf ging…  

Montag:  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Ich bin heute nachmittag von einem Vorsingen in Österreich zurückgekommen, da gab es auf der Fahrt ein Thunfischsandwich, ziemlich eklig, aber sonst war in allen Sandwiches von der Tankstelle Fleisch aus unbekannter Herkunft. Nach drei Tagen außer Haus freue ich mich immer darauf, mich einfach an den Tisch setzen zu können und vom Herrn des Hauses lecker bekocht zu werden! Heute gab es was Italienisches: Bruschette mit Knoblauch, Olivenöl (von unseren eigenen Oliven!) und einem Bohneneintopf drüber, aus verschiedenen Bohnen, die wir letztes Jahr in Umbrien gekauft haben. Ich liebe es, Lebensmittel aus dem Urlaub mit nach Hause zu bringen, da kommen immer schöne Erinnerungen zurück. Dazu einen gemischten Salat mit Honig-Senf-Dressing und wie fast immer Wasser zu trinken. Die Kinder wollten nichts von alledem und haben Brot mit Käse und Ei gegessen. Lied zum Essen: "Ich hab in Penna einen Liebsten wohnen" (Hugo Wolf, aus dem italienischen Liederbuch). Die Protagonistin hat in ganz Italien ihre Liebhaber, und eben auch einen in Castiglione am See von Trasimeno, wo wir die Bohnen gekauft haben.  

Dienstag:  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Mittags gab's die Reste von Montagabend, immer noch lecker. Bei uns gibt es oft die Reste vom Abendessen am nächsten Tag zu Mittag, das ist praktisch! Abends dann ein Festessen für unseren Ältesten, der am Nachmittag seine erste Karate-Prüfung hatte: Pizza! Den Teig macht mein Mann immer selbst, mittlerweile wirklich richtig toll. Wenn wir Zeit haben, machen wir runde, tellergroße Pizzen in unserem uralten Brotofen - da hat man dann auch das Holzfeueraroma und die Pizza wird dünn und cross wie in der Pizzeria. Heute war der kleine Krieger aber sehr hungrig, deshalb gab es eine große Familienpizza aus dem normalen Backofen. Allerdings mit verschiedenen Zutaten: eine Ecke Marinara (also nur Tomatensoße und Origano) für die Kinder, eine mit allem ohne Schinken für mich und der Rest mit allem für den Pizzabäcker selbst. Der trinkt dann auch ein zünftiges bayerisches Bier dazu, das mein Vater immer mitbringt, damit er hier nicht verdursten muss ;) Statt Salat gab es heute mal ein Dessert: einen mit Ingwerpulver verfeinerten Vanillepudding mit Himbeermarmeladenkleks und gerösteten Mandeln. Lied zum Essen: "La donna è mobile" aus Verdis Oper "Rigoletto", da bin ich werbefernsehgeschädigt…        

Mittwoch:
Heute war ich mit einer Freundin in Ljubljana, wo wir uns in ein Running-Sushi&Wok-Restaurant gesetzt haben. Die Kinder nennen das auch "Autobahnrestaurant", wobei das leicht irreführend klingt, da ja nur das Essen fährt…  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Abends gab es extra für die Kosmoskochwoche eine slowenische Spezialität: Buchweizenpolenta (auch schwarze Polenta genannt) mit Krainer und Salat. Auf Slowenisch: ajdovi ganci z kranjskimi klobasami in solato. Buchweizenmehl wird hier sehr oft verwendet, auch zum Backen von Kuchen, Brot, Pfannkuchen… Es gibt auch Nudeln aus Buchweizenmehl. An den Salat kommt heute Kürbiskernöl, das vor allem im Norden und Osten von Slowenien verbreitet ist, und zur Wurst Senf und Meerrettich. Als Nachspeise eine Potica (sprich Potitza) mit Kokosfüllung, die wir von Freunden geschenkt bekommen haben. Potica ist eine Mischung zwischen Kuchen, Brot und Strudel und meist mit Nuss-, Mohn-, Estragon- oder eben Kokosfüllung. Lied zum Essen: die slowenische Nationalhymne mit Text des slowenischen Nationaldichters France Prešeren (1800-1849). Er hat am 8. Februar seinen eigenen Feiertag, den Prešernov dan oder kulturni praznik (Kulturfeiertag).  

Donnerstag:  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Am Donnerstag kamen meine Eltern aus Deutschland an, da ich am Samstag Geburtstag habe und wir solche Familienfeste meistens irgendwie gemeinsam begehen. Zur Feier des Tages hat Herr Begunje aus Triest ganz viele leckere Speisen mitgebracht: Baccala' mantecato (so ein cremiger Stockfisch), geräucherte Büffelmozzarella, geräucherte Provola, Liptauer, Calamata-Oliven, Mini-Olivenbrötchen, Mortadella, Stracchino (ein sehr cremiger Frischkäse) und sicher noch so einiges, was ich jetzt vergesse. Abends war also eine Antipasti-Orgie angesagt, genau nach meinem Geschmack! Die eigentlich noch vorgesehene Pasta mit Tomatensoße (im Sommer selbstgemacht und eingefroren) hatte in niemandem mehr Platz und wurde dann doch nicht zubereitet... Als Nachspeise gab es Crostoli (so nennt man dieses Gebäck in Triest), ein frittiertes Faschingsgebäck mit Puderzucker. Lied zum Essen: "Gaudeamus igitur".   

Freitag:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Obwohl ich erst am Samstag Geburtstag habe, wurde am Freitag schon gefeiert: Grund dafür war eine andere Feier am Samstag und mein Unwille, am Sonntagabend Geburtstag zu feiern. In meinem Alter ist das ja auch egal, ein Tag früher oder später macht das Kraut nicht fett. Wo wir wieder beim Thema wären: zum Geburtstagsessen waren ein paar slowenische Freunde bei uns, die bei uns jedes Mal kulinarisches Neuland betreten und aus ihrem slowenischen Esstrott gerissen werden. Heute mit denselben Antipasti wie schon gestern abend, erweitert um eine Radicchio-Quiche mit Ziegenkäse. Als Hauptgang kredenzten wir aus all unseren Kulturen etwas: slowenische Würste, eine friulische Variante des Cotechino (eine sehr fette Wurst, die dick eingepackt etwa drei Stunden in der heißen Asche gebacken wird), Gratin dauphinois (mein Lieblingsessen) und dazu bayerisches Bier. Und weil zum Geburtstag auch ein Kuchen gehört, hat mir meine Freundin Anja einen mitgebracht- sie macht mir jedes Jahr eine wunderschöne Überraschungstorte, die auch noch unglaublich gut schmeckt! Lied zum Kuchen: "Happy Birthday" (ja, nicht sehr kreativ aber war nun mal so)  

Samstag:  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Heute war Reste-Essen angesagt, zumindest mittags. Am Nachmittag waren wir bei meinen Schwiegereltern in Italien, wo leckere Profiteroles auf mich warteten, die wir zusammen mit dem Rest vom Kuchen, Brot mit Prosciutto di San Daniele, Gorgonzola und anderem Käse verdrückt haben. Das ist so wie Brunch, nur am Nachmittag und mit Tee. Klingt jetzt irgendwie wild, aber es ist halt alles auf dem Tisch und jeder nimmt sich, was er will und wann er will. Die Kinder waren dann noch zu einem Kindergeburtstag eingeladen, wo haufenweise Knabberzeugs auslag, wo auch die Eltern gern mal zugreifen und abends hatte ich dann überhaupt keinen Hunger mehr und so gab es vor dem Schlafengehen nur noch einen guten Kräutertee. Lied zum Essen: "Happy Birthday" geht einem manchmal schwer aus dem Kopf, wenn überall gefeiert wird… aber bei der Heimfahrt aus Italien schneite und wehte es so heftig, dass wohl auch die "Götterdämmerung" angebracht gewesen wäre…  

Sonntag:  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Nach dem Feiern war heute ein ruhiger Tag zu Hause angesagt… Wäsche gibt's auch am Geburtstagswochenende und ein bisschen Relaxen ist sowieso immer gut! Die Kinder bauen Lego und Herr Begunje steht in der Küche und macht uns Penne mit aufgepeppter Tiefkühltomatensoße (die wir ja am Donnerstag nicht mehr geschafft hatten) und frisch geriebenem Parmesan. Danach Schlittenfahren im Winterwunderland (man weiß ja nie, wie lange der Schnee liegen bleibt) und abends dann Brot mit den letzten Resten vom Antipasti-Gelage und Salat, für die Kinder Spiegeleier. Lied zum Essen: "Faites-lui mes aveux", die Arie des Siébel aus Gounods Oper "Faust", ich hatte heute morgen noch Zeit, ein bisschen zu arbeiten und da ist das hängengeblieben.  

Auf der nächsten Seite liest du den Kosmoskoch-Fragebogen von jetzt-Userin Begunje62.



Welchen Stellenwert hat Essen in deinem Leben?  
Essen ist lebenswichtig, und das auf mehreren Ebenen! Es sollte nicht nur satt, sondern auch glücklich machen und wenn es so ist, dann ist Essen in allen Punkten eine erfüllende Sache. Dazu muss man ja nicht wahnsinnig viel essen, aber eben das richtige! 

Was ist dir beim Essen oder Essen-Einkaufen besonders wichtig?  
Beim Essen habe ich gerne Gesellschaft. Ich esse wirklich nicht gern allein, weshalb ich dann manchmal lieber gar nicht esse - oder nur was knabbere. Ich bin auch ein totaler Lustesser, Routine beim Essen geht mir auf die Nerven - was mit den Kindern nicht immer kompatibel ist… Hier gibt es keine Bio-Supermärkte (obwohl es in den normalen Supermärkten viele Bioprodukte gibt) ABER eigentlich habe ich es hier fast noch besser: Da wir in einem kleinen Dorf wohnen, in dem sich die Leute noch gegenseitig helfen, bekommen wir sehr oft Salat, Eier, Kartoffeln oder Fleisch von den Nachbarn geschenkt. Die Slowenen sind selbstversorgerisch große Klasse und haben oft auch noch was für die armen Einwanderer ohne Traktor übrig. Ich esse auch kein Fleisch, von dem ich nicht weiß, woher es kommt, hier hat der eine Nachbar Lämmer und der andere Kälber und so weiter… da kriegt man immer mal ein gutes Stück ab. Im Dezember wird fast jeden Samstag irgendwo ein Schwein geschlachtet, dann bringen die Nachbarn tütenweise Blutwurst und andere Spezialitäten vorbei… nix für mich, aber der Gefrierschrank und der Hund sind dann gut gefüllt, ersterer vor allem für Besucher mit guten Geschmacksnerven. Gemüse und Obst kommt aus dem Garten oder auch von Nachbarn und Freunden. Mein Mann hat als Italiener auch ziemlich hohe Ansprüche an alle Früchte, die eben in Italien heimisch und auch wirklich gut sind, deshalb kaufen wir Tomaten, Mandarinen, Orangen, Oliven… immer dort. Ist ja nicht weit, nach Triest haben wir 45 Minuten Fahrzeit. Dort kaufen wir auch frischen Fisch und Meeresfrüchte, Olivenöl pressen wir aus eigenen Oliven (wenn genug da sind) oder kaufen es von den Nachbarn meiner Schwiegereltern auf dem Karst.  

Erinnerst du dich, wann du zum ersten Mal für dich selbst gekocht hast und wer dir das Kochen beigebracht hat?   
Ich weiß noch genau, wann ich angefangen habe zu backen: Meine Mutter hat mir 1992 ein Kinderbackbuch von Ravensburger geschenkt, mit Kindern in tollen 80er-Jahre-Outfits und überall war Mondamin drin… das war noch Produktplatzierung! Na, auf jeden Fall habe ich alle Rezepte ausprobiert. Kochen kam erst später, und so richtig erst, als ich zum Studium in die Schweiz gezogen bin. 

Was war dein Lieblingsessen als Kind?  
Windbeutel und Gratin dauphinois mit ganz viel Knoblauch und Sahne und hauchdünn geschnittenen Kartoffeln… mjam.

Was ist dein aktuelles Lieblingsessen?  
Diese beiden sind für mich zeitlose Klassiker und verbinden meine beiden Kulturzugehörigkeiten wunderbar… mal sehen ob da noch irgendwann was anderes drankommt und ob die slowenische Esskultur mir doch noch irgendwas Besseres anbieten wird…

Was magst du gar nicht?  
Innereien und Lebensmittel, die so aussehen und schmecken wie Plastik. Außerdem habe ich eine Abneigung gegen Feigen, Datteln und Kaki.

Mittags warm und abends kalt oder andersrum? 
Meistens beides warm. Aber richtig gekocht wird meistens nur abends, dann essen wir oft am nächsten Tag mittags die Reste vom vorherigen Abendessen.

Wo isst du am liebsten, am Tisch oder auf dem Sofa?
In Gesellschaft auf jeden Fall am Tisch, wenn ich alleine bin, esse ich aber vor dem Fernseher (und simuliere mir Gesellschaft). 
 
Was trinkst du zum Essen?   
Zu 99 Prozent Leitungswasser. Sehr selten mal Wein oder Saft. Nie Bier. 

Wie oft gehst du auswärts essen und hast Du ein Lieblingsrestaurant? 
Mittags gibt es hier in allen Gaststätten etwas, das „Malica“ (sprich Malitza) heißt. Da trifft man sich oft zum Mittagessen mit Freunden, es ist sehr günstig, schnell und meistens reicht eine Portion für zwei normale Esser. Fast food auf Slowenisch! Oft sind das Eintöpfe, gefüllte Pfannkuchen, Fleisch mit Kartoffeln… Richtig ins Restaurant gehen mein Mann und ich ungefähr einmal im Monat, ohne Kinder und dann auch meistens ein bisschen schicker. Unser slowenisches Lieblingsrestaurant ist im Tal von Vipava und heißt „Pri Lojzetu“. Dort bekommt man sehr fein re-interpretierte slowenische Küche und sehr gute slowenische Weine. Wer mal einen Tipp braucht für einen Urlaub oder so, wendet euch gerne an mich!  

Was isst du, wenn es schnell gehen muss?   
Nudeln mit irgendwas oder für solche Gelegenheiten eingefrorene Suppe.

Was war das aufwendigste Gericht deines Lebens?   
Sicherlich irgendeine Torte oder Plätzchen. Als ich noch in der Schweiz gewohnt habe und noch Zeit dafür hatte, habe ich vor Weihnachten gerne mal 20 verschiedene Sorten gebacken… jetzt mit zwei kleinen „Helferlein“ schaffe ich gerade mal ein Viertel davon… 

Hast du ein Standard-Gericht, wenn Eltern oder Freunde zu Besuch kommen?   
Eigentlich nicht, aber mein Mann ist ein toller Pizza-Bäcker und wir backen oft für Gäste und Couchsurfer Pizza in unserem alten Brotofen, der im Wohnzimmer ein Kachelofen ist. So etwas haben alle alten Häuser hier traditionell.  

Welchen jetzt-User oder -Redakteur möchtest du als Kosmoskoch sehen?   
Ich lese diese Reihe immer gerne, egal wer dran ist! Aber wenn ihr schon fragt, dann vielleicht Larala.

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