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Kosmoshörer, Folge 2

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Montag
Ich telefoniere abends lange mit meinem Bruder. Obwohl wir in derselben Stadt wohnen, sehen wir uns viel zu selten. Nach dem Gespräch denke ich darüber nach, wie wichtig und schön Familie ist, und dabei kommt mir der schönste Song zu dem Thema in den Sinn, den ich kenne. Ich hole die Gitarre raus und spiele Ihn mal wieder. Er heisst „Murder in the City“ von den Avett Brothers.  

Irgendwie geht es nicht ohne die Avett Brothers. Die haben diese Fähigkeit, ganz genau die richtigen Worte zu finden dafür, wie ich mich fühle oder wie es mir mit gewissen Dingen geht, was ich so denke. Und tolle Songs schreiben sie sowieso.  

 

Dienstag
Ich wühle Abends in meinen CDs. Ich mag CDs nicht so gerne. Irgendwann überspiele ich alle auf die Festplatte und habe dann nur noch Digitale Musik und Vinyl. Irgendwann. Ich finde eine Mix-CD, die ich mal von einem Freund zum Geburtstag bekommen habe. Sie ist ohne Hülle, und ich weiss nicht mehr, was drauf ist. Ich lege sie ein. Und schon das erste Lied löst eine Flut von Erinnerungen aus. Der Urlaub von damals ist wieder da: Paxos, die kleine griechische Insel, Downbeats auflegen in der Sundowner-Bar, die großartigen Sonnenuntergänge über dem Meer... Das Lied heißt "Summer Daze". Ich tanze ein bisschen durch die Wohnung und wünsche mir dringend mehr Sonne.  



Mittwoch
Der Tag beginnt mit Sport. Ich treffe mich mit dem Lieblingskollegen im Sportraum im Büro und wir schwingen Kettlebells, machen Klimmzüge und Liegestütze. Dazu hören wir, wie meistens, Hip-Hop. Ich habe im letzten Jahr  wieder viel mehr Hip-Hop gehört, neue Sachen entdeckt, alte wiedergefunden, mich über das Eminem-Album gefreut und mich ganz generell wieder begeistern lassen von dieser alten musikalischen Liebe. Zum Sport habe ich R. A. The Rugged Man mitgebracht, großartiger Oldschool Vibe, viel Energie und Wut, genau richtig für Liegestütze und Burpees.  


Donnerstag
C., mit dem ich in einer Band spiele, schickt mir den Link zur Grammy Performance von „Get Lucky“. Wir hatten das Lied im Sommer in einer mehrstimmigen Akustikversion oft auf der Strasse gespielt und es war immer ein großer Spaß. Bei den Grammys ist der immer noch großartige Stevie Wonder dabei, Pharrell hat mal wieder einen Hut an, der selbst an ihm albern aussieht, Nile Rodgers freut sich, die Roboter drehen an den Knöpfen und das Ding groovt mächtig los. Etwas verstörend hingegen sind die eingeblendeten Künstler im Publikum. Dafür, dass es Musiker sind, bewegen sich einige von ihnen wie die schlimmsten Bewegungslegastheniker. Ich hoffe, dass das ein Schnittfehler im Video ist. Der Musikgott darf nicht zulassen, dass sich Katy Perry von den gezeigten Promis am besten bewegen kann. Boah, und Sean Lennon sieht EXAKT aus wie John!  



Freitag
Ich war zwei Tage beruflich unterwegs, es war anstrengend, ich will nach Hause. Ich sitze am Flughafen und suche im iPod nach etwas Schönem. Ich mochte das erste Album von John Grant zwar lieber als das neue, aber dieser Song ist toll, irgendwie ist wohl auch Sinead O’Connor dabei... Was die wohl sonst so macht heute? Die Flughafenszenerie um mich herum wird etwas surreal, wie so oft, wenn man seinen eigenen Soundtrack über die Wirklichkeit legt. Ich lache ein bisschen in mich hinein und freue mich aufs Wochenende.  
PS: Das Video ist auch toll!  


Samstag
Aua... Auuuaa... D. wurde von seiner Freundin verlassen. Es war unsere Pflicht als Freunde, mit ihm zu reden und zu trinken. Viel zu reden und noch mehr zu trinken. Am Ende war D. gar nicht mehr dabei, sondern längst nach Hause gegangen, aber da kamen noch die anderen und wir mussten noch tanzen... Egal. Ich mache mir einen Kaffee und höre FM4. Eine Band namens „5/8erl in Ehr’n“ (sic!) singt das Lied „Akademikerball“. Ach wunderbares Österreich. Man muss dich einfach mögen. Abends daher Schnitzel, Zipfer und Marille im „Austria“.  


Sonntag
Es gibt Blueberry Pancakes zum Frühstück und später wieder Hip-Hop. Oddisee  habe ich letztes Jahr entdeckt und liebe seine Texte und seinen mühelosen Flow. So klingt das Wochenende aus, die nächste Musikwoche kann kommen! (Ja, die Gitarre ist verstimmt. Trotzdem schön)  

 

Auf der nächsten Seite: der ausgefüllte Fragebogen von .      




"Gute Musik” - was ist das für dich?  
Meine Musikwelt ist (wie wahrscheinlich bei den meisten Menschen) in zwei Bereiche geteilt: Musik, die mir gefällt und Musik, die mir nicht gefällt. Wobei manchmal auch Musik durchaus mal vom einen in den anderen Bereich wechseln kann. Wie das genau funktioniert, ist mir selbst oft ein Rätsel. „Gut“ und „schlecht“ sind daher Begriffe, die ich für mich und meinen Musikkonsum nicht sinnvoll anwenden kann.  

Wie hörst du Musik: Klassisch im CD-Spieler, auf dem Handy, über Streaming-Portale?
Auf allen Kanälen: CD Spieler, iPod, Handy, Plattenspieler, Internet. Ich habe da keine Präferenz. Was sich gerade anbietet.  

Wo hörst du Musik? Vor allem unterwegs, nur daheim, zum Einschlafen?
Ich höre gerne immer Musik. Allerdings gibt es Situationen, in denen es für alle Beteiligten besser ist, wenn keine Musik läuft, weil ich dann unter Umständen nicht richtig bei der Sache bin, speziell wenn ich die Musik mag: Sex, intensive Gespräche und zum Einschlafen. Da muss keine Musik sein.  

Hast du eine Lieblingsband oder Musiker, von denen du alles hörst?
Nein. Die einzige Band, auf die das am ehesten zutrifft, sind wahrscheinlich die Beatles.  

Welche Musik magst du gar nicht und warum?
Ich kann das schwer an einem Genre festmachen, ich finde dann doch immer wieder einen Song, der mich mitreißt, berührt, begeistert. Am ehesten könnte man sagen, dass ich mich mit mit vieler elektronischer Musik schwertue. Die langweilt mich oft. Auch im Indie-Gitarrenbereich gibt es viel Austauschbares, Langweiliges. Aber eben auch immer wieder großartige Perlen.  

Was war deine erste eigene Platte - und wohin ging dein Musikgeschmack von da aus?
Meine Erste Platte war eine Kassette vom weißen Album der Beatles. Die erste Platte, die ich gekauft habe, war „Let Love Rule“ von Lenny Kravitz. Ich hatte ein Musikexpress-Abo, da wurde der so gelobt, dass ich dachte, das muss ich haben. Dann habe ich eine Zeitlang viel andere Hippie-Musik gehört, mit Gitarrensolos und so, bis dann Anfang der 90er Hip-Hop kam und kalifornischer Surfpunk und Hardcore-Konzerte und und und... Bei einem mehrjährigen USA-Aufenthalt habe ich dann amerikansche Roots-Musik, Bluegrass und Country entdeckt, was mich auch seitdem immer begleitet. Klingt ziemlich chaotisch, wenn ich mir das so durchlese!  

Gehst du gern auf Konzerte, und auf welche zuletzt?
Ich gehe relativ selten auf Konzerte. Aber wenn ich gehe, gefällt es mir meistens besser als gedacht. Ich juble Musikern nicht so gerne auf Bühnen zu, und auch Mitsingspiele nerven mich eher. Auch schlechter Sound, lange Schlangen vor dem Bierstand und dem Klo machen mir wenig Spaß. Aber das Konzert der Avett Brothers letztes Jahr war ein Highlight.  

Wie entdeckst du neue Musik und was ist deine neueste Entdeckung?
Durch Spotify, durch Empfehlungen von Freunden und tatsächlich auch ganz altmodisch durch das Lesen von Musikmagazinen. Eine Entdeckung aus der letzten Zeit, in dem Fall von einem Plattenhändler in Nashville, war Shuggie Otis. Ein zu unrecht unbekannt gebliebener, der jetzt wieder aktiv ist und hoffentlich noch etwas von dem Fame bekommt, der ihm zusteht! Gut informierte Hamburger Deutschrapper hatten den Mann offensichtlich schon viel länger auf dem Schirm:
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Verrate uns einen guten Song zum...  

Aufwachen: Pino D’Angiò - Ma Quale Idea

 

Tanzen: Dee-Lite - Groove Is In The Heart

oder livingnextdoortoelvis!

Alle Songs dieser Rubrik sammeln wir in einer Playlist auf Spotify. Du findest sie hier!

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