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Kinderlieder neu gehört: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei

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Heute: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei Darum geht’s: Krause liebt Ruth, sogar ihre leicht gequollenen Hüften. Ruth liebt Krause, den zu groß geratenen Bauchnabel inklusive – sogar an Krauses regelmäßige, abendliche Furzerei hat sich Ruth gewöhnt. Muss Liebe schön sein, wenn er klaglos akzeptiert, dass wochenlang jeden Samstag bis zu sechs Stunden im Reigen hoffnungsvoller und hoffnungsloser Pärchen bei Ikea Möbelstücke ausgesucht werden. Möbelstücke mit Namen so ästhetisch wie Küsse mit viel zu viel Spucke, eimerweise. Muss Liebe schön sein, wenn sie trotz der wöchentlichen Besuche seiner Mutter nicht murrt. Klar, die Alte muss kommen, muss ja die immer neuen Möbelstücke begutachten. Friede, Freude, Eieiei – alles könnte perfekt sein. Aber Krause sehnt sich nach den drei großartigen Buchstaben: HWG. Häufig wechselnder Geschlechtsverkehr. Doch anständige Leute ficken in einer Beziehung nicht fremd. Dies ist ein anständiges Lied. Krause ist ein anständiger Typ. Deshalb nimmt er Ruth vorm Fremdficken kurz zur Seite und erläutert ihr in bewundernswert prägnanten Worten: „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Jawoll, mein Schatz, es ist vorbei. Doch du musst nicht traurig sein: Du bist ja nicht lang allein.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Illu: daniela-pass Warum wir dieses Lied gesungen haben: Drei Minus in Mathe, vier plus in Deutsch – plus angeschlagenes Selbstbewusstsein. Doch „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei“ zeigte uns, dass wir die Welt allein mit unserem Intellekt durchdringen können. Wahrheiten waren keine ewigen Wahrheiten mehr: Wir konnten sie umstoßen. Denn nicht nur die Wurst hatte zwei Enden, nein, nein. Onkel Roberts Wildzaun-Aufwickelmaschine mit Doppelspule, Tante Lucys Handschellen, Bruder Christophs Joint und unser Springseil hatten zwei Enden. Auch unser Pimmelchen hatte zwei Enden. Doch wenn unser Pimmelchen zwei Enden hatte, wo war dann sein Anfang? War Ende vielleicht gleich Anfang und Anfang gleich Ende? Kann etwas enden, ohne einen Anfang zu haben? Ist das Sein zwangsläufig ans Beginnen gebunden? Alpha, Omega, tralala. Rumba rumba tätärä. Damit hatten wir die existenziellen Fragen des Lebens aufgeworfen, wie es vor uns noch nie jemand anders getan hatte. Nichts hat uns seitdem so sehr in unserem Lebensgefühl als allen anderen weit überlegener Klugscheißer bestätigt – natürlich abgesehen von unseren Spiegel- und Süddeutsche Zeitung-Abos. Heute wissen wir: Nicht jeder mag unsere Fürze riechen oder wenigstens hinnehmen. Deshalb besteht am Ende einer Beziehung die Gefahr, lange allein zu bleiben. Dann langweilen wir uns fürchterlich: so sehr, dass es uns nicht mal aufmuntert, wenn wir uns unhandliche Gebrauchsgegenstände in den eigenen Hintern schieben. Egal ob Möbelstücke mit Namen so ästhetisch wie Spucke-Eimer-Küsse, Wildzaunaufwickel-Maschinen mit zig Doppelspulen, der elektrische Milch-Shaker aus dem RTL-Tele-Shop oder unsere vereinigte DVD-Sammlung: Nichts vermag unsere Prostata so richtig zu stimulieren. HWG auf Dauer auch nicht. HWG ist das Langweiligste überhaupt. Hattest du zehn, hattest du alle. Hoffen wir also auf die Liebe. Eine Liebe, die wie Meerschaum auf uns zufließt und uns zerfließen lässt – und darauf, dass sie diesmal hält. Damit uns jemand hält. Denn das Leben ist zu kurz, um ungehalten zu sein. Das Leben ist aber auch zu kurz für sechsstündige Pärchenbesuche bei Ikea. Text, der genauso gut zur Melodie passt: Masturbations-Mambo: Du hast gesunde Hände, ist doch nichts dabei: Hol einen runter oder zwei. Dein Ding muss nicht traurig sein, denn es ist nie lang allein. Du hast gesunde Hände, ist doch nichts dabei: Eine ist immer frei.

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