- • Startseite
- • Kinderkriegen-Kolumne
-
•
Schwanger zu Beginn der Beziehung
Vater + Mutter = Kind – das war einmal. Heute ist die Frage nach der Familienplanung hochpolitisch. Will man überhaupt welche? Was bedeutet das für die Beziehung? Und wenn man sich dafür entscheidet – geht das dann so einfach? In dieser Kolumne erzählen Menschen von ihrer Entscheidung für und gegen Kinder.
Nach nur wenigen Monaten Beziehung wird Carmen (29) von ihrem Freund Timo (28) ungeplant schwanger. Dennoch steht für beide schnell fest: Wir wollen dieses Kind.
Carmen: Dass ich Kinder haben möchte, war für mich schon immer klar. Trotzdem gab es für mich nie den einen richtigen Zeitpunkt für ein Kind. Ich dachte immer, wenn es passiert, dann ist es so. Mittlerweile habe ich nicht mehr das Gefühl, dass ich viel verpasse, wenn ich ein Kind bekomme. Ich bin viel gereist, hatte eine tolle Jugend- und Studienzeit und habe alles gemacht, worauf ich Lust hatte.
Timo: Mir ging es mit dem Kinderwunsch ähnlich wie Carmen. Ich glaube, den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht. Der ist nur eine Wunschvorstellung. Und da auch ich ebenfalls im Berufsleben stehe, sprach von finanzieller Seite aus nichts gegen ein Kind. Dass Carmen jedoch so schnell schon schwanger sein würde, war dann aber doch eine große Überraschung für uns beide. Schließlich hatten wir uns erst wenige Monate zuvor auf dem Oktoberfest kennengelernt.
Carmen: Ich weiß sogar noch ziemlich genau den Zeitpunkt, an dem es vermutlich passiert ist. Weil ich kurz vorher die Pille abgesetzt hatte, war mein Hormonhaushalt total durcheinander und ich dachte eigentlich, dass ich aufgrund dieses Chaos in meinem Körper gerade nicht schwanger werden konnte. Daher haben wir wohl nicht so gut aufgepasst.
Carmen: An dem Tag, an dem es dann passiert ist, hatte ich direkt das Gefühl, dass da etwas schiefgelaufen ist. Ich habe sogar mit Timo darüber gesprochen, aber es war schnell klar, dass die „Pille danach“ für uns beide nicht in Frage kommt und damit war das Gespräch für uns beide ziemlich schnell beendet. Nach einer Dienstreise haben wir dann zu Hause einen Test gemacht. Ich weiß noch, wie ich alleine im Bad auf das Testergebnis gewartet habe und dachte: „Ach, das kann eigentlich nicht sein.“ Doch das Ergebnis war eindeutig. Mir wurde dann doch erstmal ziemlich schwummrig und ich habe Timo gerufen.
Timo: Als sie mich gerufen hat, hat Carmen dabei etwas hysterisch gelacht und da hatte ich schon eine Vorahnung. Man sollte ja eigentlich 15 Sekunden warten, bis das Ergebnis feststeht, aber der Test zeigte nach gefühlten zwei Sekunden schon die Schwangerschaft an. Der Streifen war so blau, der konnte gar nicht mehr weggehen. Das war natürlich erstmal ein Schock.
„Plötzlich musste so vieles geklärt werden“
Carmen: Timo musste das auch erst mal verdauen und hat den Beipackzettel rauf- und runtergelesen und mich gefragt, ob ich den Test auch wirklich richtig gemacht habe. Während er also immer wieder den Zettel gelesen hat, habe ich mich aufs Bett gesetzt und erst mal 15 Minuten für mich gebraucht. Erst danach haben wir wirklich geredet.
Timo: Wir wollten das Kind, eine Abtreibung wäre für uns nicht in Frage gekommen. Trotzdem macht man sich natürlich Sorgen, weil sich vieles ändern wird. Nach gerade einmal einem Jahr Beziehung würden wir bereits zu dritt sein. Plötzlich musste so vieles geklärt werden und ständig hatte man Termine. Es war auch klar, dass wir nun schnell zusammenziehen würden, bevor Carmen hochschwanger wäre. Das war eigentlich erst für 2020 der Plan, aber gut, Pläne ändern sich.
Carmen: Das erste, was wir aber gemacht haben, war ein Termin beim Frauenarzt. Dort musste ich eine Urinprobe abgeben, es wurde noch einmal ein Test gemacht und ein Ultraschallbild angefertigt. Nachdem wir den ersten Schock verdaut hatten, haben wir uns auf das Kind gefreut. Es war schön zu sehen, dass ich wirklich schwanger bin und man auf dem Ultraschallbild tatsächlich auch schon etwas erkennt.
„Es war schon sehr spannend zu sehen, wie die einzelnen Leute auf die Nachricht reagiert haben“
Timo: Das war wirklich faszinierend zu sehen. Dafür, dass man auf dem Bild nur einen kleinen weißen Fleck gesehen hat, war die Freude auch ziemlich groß. Zu dem Zeitpunkt war Carmen so fünf bis sechs Wochen schwanger.
Carmen: Eigentlich war unser Plan, bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu warten, bevor wir es allen erzählen. Schließlich kann bis dahin noch einiges schiefgehen. Am Wochenende nach der Untersuchung waren wir dann aber bei meinen Eltern und es hat mich so in den Fingern gejuckt, dass ich mit Timo gesprochen habe und wir beschlossen haben, es doch zu erzählen. Meine Eltern haben total entspannt reagiert und sich sehr gefreut. Mein Papa hat mich eh schon immer gefragt, wann es bei mir denn soweit ist. Er selbst ist mit 23 Vater geworden, für ihn bin ich mit meinen 29 Jahren also quasi schon alt.
Timo: Meinen Eltern haben wir es dann am Wochenende danach erzählt und da besonders meine Mama schon lange Großmutter werden wollte, war sie natürlich ganz aus dem Häuschen. Die Resonanz war durchweg positiv.
Carmen: Anschließend haben wir unsere besten Freundinnen informiert, die sich auch mega gefreut haben. Und nach der zwölften Woche haben wir es dann nach und nach all unseren Freunden erzählt. Jeder war erstmal erstaunt über die Nachricht, damit hatte schließlich niemand gerechnet. Aber es hat wirklich keiner negativ reagiert. Alle haben uns viel Glück gewünscht und gesagt, dass sie uns immer unterstützen werden, wenn wir Hilfe brauchen.
Timo: Es war schon sehr spannend zu sehen, wie die einzelnen Leute auf die Nachricht reagiert haben. Man lässt ja schon eine Bombe platzen. Auf der Arbeit haben unsere Chefs das Ganze zum Glück aber auch sehr positiv aufgenommen. Nachdem das also alles erledigt war, mussten wir noch einige bürokratische Angelegenheiten klären: Da wir nicht verheiratet sind, mussten wir beim Jugendamt die Vaterschaft anerkennen lassen, damit ich anschließend das Sorgerecht beantragen konnte. Dann haben wir uns eine gemeinsame Wohnung gesucht, Krankenhäuser für die Geburt angeschaut und natürlich Babysachen gekauft. Man rennt gefühlt nur von einem Termin zum anderen. Die neun Monate der Schwangerschaft braucht man, um alles vorab zu erledigen und sich auf das Kind einzustellen.
Carmen: Die Schwangerschaft hat unsere Beziehung definitiv beschleunigt. Es gab einige Höhen und Tiefen und wir mussten uns mit vielen Dingen beschäftigen, um die man sich sonst nach wenigen Monaten Beziehung keine Gedanken macht. Ich glaube, dass uns das manchmal auch an Schmerzgrenzen gebracht hat und wir uns so noch einmal anders kennengelernt haben.
„Was manche als Hindernis sehen, empfinde ich daher eher als Chance“
Timo: Für die Kürze unserer Beziehung mussten wir echt viele Entscheidungen treffen, die extreme Auswirkungen auf unsere Zukunft haben. Da gibt es natürlich Reibungspunkte, aber letztlich hat das nicht an unserer Beziehung gerüttelt, sondern wir sind uns sicher, dass wir das gemeinsam meistern. Wir freuen uns schon sehr darauf, endlich zu dritt zu sein. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir beide stets an einem Strang ziehen und aber bei all der Aufmerksamkeit, die ein Kind natürlich braucht, nie vergessen, dass wir auch noch ein Paar sind.
Carmen: Es heißt ja immer, das erste Jahr mit Kind ist das schwierigste in einer Beziehung. Ich denke aber, dass es bei uns sogar gut ist, dass wir uns noch nicht so lange kennen. Wir hatten nie lange eine Beziehung zu zweit und ohne Kind. So haben wir die Chance, uns zu dritt ein Leben aufzubauen. Was manche als Hindernis sehen, empfinde ich daher eher als Chance. Wir werden jedenfalls beide unser Bestes geben, um sowohl als Paar eine schöne Zeit zu haben, als auch unserem kleinen Zwerg tolle Eltern zu sein.
Anmerkung der Redaktion: Seit Anfang Oktober sind Carmen und Timo stolze Eltern eines gesunden Jungen.