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Griffin verzichtet auf Kinder, um die Erde zu schützen

Illustration: Julia Schubert

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Vater + Mutter = Kind – das war einmal. Heute ist die Frage nach der Familienplanung hochpolitisch. Will man überhaupt welche? Was bedeutet das für die Beziehung? Und wenn man sich dafür entscheidet – geht das dann so einfach? In dieser Kolumne erzählen Menschen von ihrer Entscheidung für und gegen Kinder. 

Griffin, 24, lebt in den USA und möchte der Umwelt zuliebe keine Kinder bekommen. Er erzählt:

Ich habe mich dazu entschieden, keine Kinder zu bekommen. Dabei habe ich nichts gegen Kinder. Instinktiv würde ich mir vielleicht sogar wünschen, einmal Vater zu werden. Meine Gründe dagegen sind politisch motiviert: Es geht mir um den Klimaschutz. Und damit meine ich nicht die CO2-Emissionen, die so ein Kind beim Heranwachsen produziert. Ich will nicht, dass eine Gesellschaft weiter wächst, die gegenwärtig unseren Planeten zerstört. Und vor allem nicht dazu beitragen. Ich glaube, dass unsere Welt sich einem radikalen Wandel unterziehen muss, um der globalen Erderwärmung etwas entgegenzusetzen. Die Entscheidung gegen das Kinderkriegen gehört also zu meinem Umweltaktivismus.

antinatalisten foto

Griffin glaubt, seine Zeit sei mehr wert, wenn er sie für Umweltschutz anstatt für Kinder investiert.

Foto: privat

Kinder benötigen Ressourcen und Zeit, die man für politischen Aktivismus gebrauchen könnte. Statt sich zu fragen: „Wie kann ich unseren Planeten retten?“ und „Wie kann ich mich für Umweltschutz engagieren?“ fragt man sich als Mutter oder Vater eher: „Wie kann ich mein Kind unterhalten?“ und „Wie bekommt mein Kind die beste Bildung?“

Aus Klimaschutzgründen keine Kinder zu bekommen, ist vielleicht keine aktive Form, sich für die Umwelt zu engagieren, aber ich halte sie dennoch für effektiv. So habe ich die Möglichkeit, mich woanders zu engagieren.

„Ich habe Depressionen – und Angst, diese Gene an meine eigenen Kinder weiterzugeben“

Hier in den USA sind beispielsweise religiöse Bewegungen gegen Abtreibungen und Verhütung sehr groß und das verschärft sich unter Präsident Trump. Deshalb engagiere ich mich für die Organisation „Planned Parenthood“. Wir leisten vor allem Aufklärungsarbeit über Verhütungsmethoden zur Prävention ungewollter Schwangerschaften. Meine Freundin und ich verhüten zum Beispiel mit der Pille und Kondomen. Ganz auf Sex zu verzichten, um überhaupt kein Risiko für eine Schwangerschaft einzugehen, kann ich mir allerdings nicht vorstellen – dazu macht es zu viel Spaß. Außerdem bin ich „Pro-Choice“, also für die Möglichkeit, sich für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Niemand sollte gezwungen werden, Kinder zur Welt zu bringen.

Von Maßnahmen wie einer staatlich kontrollierten Geburtenrate, halte ich trotzdem nichts. Man sollte weder dafür bestraft werden, Kinder zu haben, noch dafür belohnt werden, keine zu haben. Keine Kinder zu kriegen, bedeutet ja einfach nicht zu handeln. Und ich finde es absurd, Menschen dafür zu belohnen, etwas nicht zu tun. Meiner Meinung nach wären Subventionen für Pflegefamilien oder Adoptionen hingegen eine sinnvolle Maßnahme, um den antinatalistischen Umweltschutz zu fördern. Wenn man unbedingt ein Kind großziehen möchte, dann muss das nicht bedeuten, es selbst zu kriegen.

Obwohl meine Hauptgründe gegen das Kinderkriegen politisch sind, macht mir meine persönliche Situation diese Entscheidung leichter. Zum einen bin ich noch jung: Auch, wenn ich es für sehr unwahrscheinlich halte, kann ich aktuell nicht hundertprozentig ausschließen, dass ich eines Tages nicht doch noch Vater werden möchte. Dafür hätte ich dann noch Zeit. Hinzu kommt, dass ich während der High-School-Zeit mit einer psychischen Krankheit diagnostiziert wurde. Ich habe Depressionen und Angst, diese Gene an meine eigenen Kinder weiterzugeben. Das ist aber nicht Teil meiner antinatalistischen Haltung. Ich glaube nämlich nicht – so wie manch andere Antinatalisten – dass das Leben für alle Personen auf dieser Welt Leid bedeuten muss, nur weil es für mich in vielerlei Hinsicht so war.

„Ich würde meine Eltern niemals dafür verurteilen oder verklagen, mich geboren zu haben“

Im Gegensatz zu anderen Antinatalisten habe ich außerdem ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Ich würde sie niemals dafür verurteilen oder verklagen, mich geboren zu haben. Aber ich persönlich möchte heutzutage keinem Kind ein Leben zumuten, in dem es –  und das ist jetzt schon absehbar – noch so viel größere Probleme haben wird, als wir sie bisher hatten.

In unserer Gesellschaft, insbesondere hier in den USA, ist es immer noch selbstverständlich, im Laufe des Lebens zu heiraten und Kinder zu bekommen. Das wird als Schwelle zum Erwachsenwerden verstanden, deshalb werden meist schon sehr junge Menschen Eltern. Ich würde mir wünschen, dass es nicht stigmatisiert wird, diese Dinge nicht zu wollen.

Leider können das die Wenigsten nachvollziehen. Meine Familie geht mit meiner antinatalistischen Haltung zum Glück verständnisvoll um. Das liegt aber vermutlich auch daran, dass meine Eltern mich für amerikanische Verhältnisse recht spät bekommen haben – nämlich mit Mitte dreißig. Bei meiner Freundin sieht das schon anders aus. Ihre Familie ist traditioneller und übt mehr Druck auf sie aus. Ihr Vater fragt sie ständig, wann er endlich Enkel bekommt. Ich wünsche mir, dass unsere Entscheidung gegen das Kinderkriegen in Zukunft als Lebensentwurf anerkannt wird.

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