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"Kommunizieren ist anstrengend": Miriam Meckel in der Jobkolumne
In Stellenanzeigen wird von Bewerbern so einiges verlangt: Teamfähig sollen sie sein, flexibel und zuverlässig. Doch wie wichtig sind Schlüsselqualifikationen im Job wirklich? Wir fragen bekannte Persönlichkeiten. Folge 11: Miriam Meckel über Kommunikationsfähigkeit. jetzt.de: Im Buchhandel gibt es inzwischen eine Unzahl an Karriereberatern, die bestimmte Kommunikationsstrategien für den Job vorschlagen. Warum ist das heute so wichtig? Miriam Meckel: Kommunikation ist erst seit einigen Jahren zum Beratungsthema avanciert. Ich finde es sehr gut, dass es in diesem Themenfeld theoretische und praktische Hilfestellungen gibt. Was sollte ich auch anderes sagen, ich habe ja selbst eine geschrieben (lacht). Ist Kommunikationsfähigkeit denn überhaupt erlernbar? Ja und nein. Es gibt Menschen, die haben ein ausgesprochenes Kommunikationstalent, sind rhetorisch begabt, können Emotion und Intellekt auf bewundernswerte Weise zusammenbringen, haben Humor und erzählerisches Talent... ... und sind sehr selten zu finden. Sie sind eher die Ausnahme, klar. Für alle anderen gilt: Sie können Kommunikationsfähigkeit durchaus erlernen. Nicht indem sie ein nachträgliches Naturtalent werden, aber indem sie lernen, sich in Kommunikationssituationen zu öffnen, gut zuzuhören, um damit besser zu reagieren.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Miriam Meckel, 41, lehrt als Professorin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement der Schweizer Universität St. Gallen und ist Beraterin für Kommunikationsmanagement. Vor ihrer Lehrtätigkeit arbeitete sie zehn Jahre für ARD, VOX und RTL als Moderatorin, Reporterin und Redakteurin in Nachrichten- und Magazinformaten.
Kommunikation bedeutet also nicht nur „gut reden“, sondern auch gut zuhören zu können?
Wer nicht zuhören kann, der kann auch nicht kommunizieren, denn Kommunikation ist immer ein wechselseitiger Prozess. Wenn zwei Menschen immer nur aufeinander einsenden, dürfen sie sich nicht wundern, wenn keiner etwas versteht.
Was ist mit nonverbaler Kommunikation: Mimik und Gestik?
Mimik und Gestik sind manchmal aussagekräftiger als verbale Kommunikation. Ich kann zu einem Menschen sagen: "Das ist aber eine wirklich spannende Geschichte!" und mit meiner Mimik und Körperhaltung ausdrücken: "Was ist das denn für ein Scheiß, den du da erzählst?". Ich finde es immer spannend, wenn non-verbale und verbale Kommunikation erkennbar nicht übereinstimmen. Dann tut sich ein Widerspruch auf, der nach Auflösung verlangt.
Was sind die Grundregeln der Kommunikation im Job?
Authentizität, Transparenz und Konsistenz. Das heißt: der eigenen Person angemessen offen zu argumentieren, und dabei nicht die Argumente wie die Unterwäsche zu wechseln. Das reicht allerdings nicht, denn im Beruf muss ich mich permanent auf einzelne Kolleginen und Kollegen oder Mitarbeiter einstellen. Jeder hat das Recht auf eine persönliche Ansprache, die sich mit der Person des anderen und dem inhaltlichen Problem auseinandersetzt. Gut zu kommunizieren, heißt daher auch immer, gut zu beobachten und zu analysieren.
Ist Ihr Kommunikationstalent Ihr Erfolgsgeheimnis?
Ich habe auch viele Fehler gemacht. Kommunizieren ist nämlich anstrengend. Man muss sich ständig auf Neues, neue Probleme und Personen einstellen. Wenn ich das nicht gemacht habe, habe ich schnell mal die Quittung dafür bekommen. Andererseits hat mich die Freude am Kommunizieren immer weiter voran gebracht. Sie ist der rote Faden auf meinem Lebens- und Berufsweg.
Der ziemlich erfolgreich verläuft.
Man kann sich aber nicht darauf verlassen, dass Kommunikationstrategien immer funktionieren und zum Erfolg führen. Gleichzeitig stellt sich Erfolg aber auch selten ohne Kommunikationsstrategie ein.
Mal unter uns: Welche Kommunikationsstrategien wenden Sie gegenüber Ihren Kollegen an?
Manchmal ähnelt die Kommunikation im Arbeitsleben ja Tarifverhandlungen: Man fängt immer etwas überzogen an, um nachher dort zu landen, wo man eigentlich hin will. Das mache ich durchaus auch manchmal so.
Könnte es sein, dass wir alle irgendwann nur noch nach den Vorgaben von Karriereberatern kommunizieren und echte, menschliche Kommunikation auf der Strecke bleibt?
Das halte ich für totalen Unsinn! Wer sich Kommunikation nur noch von externen Karriereberatern planen und vorgeben lässt, der wirkt auch ferngesteuert. Im Übrigen hat das mit der von mir geforderten Authentizität und Transparenz dann wirklich gar nichts mehr zu tun. Ein Unternehmen, das überhaupt nicht direkt kommuniziert, präsentiert sich als dialogunfähig und ist es auch.
Kann ich meine Kollegen durch gezielte Kommunikationsstrategien manipulieren?
Manipulieren kann man nur diejenigen, die sich auch manipulieren lassen. Aber es geht auch nicht um Manipulation, es geht um begründete Überzeugung, durch die man bei den anderen Begeisterung für das Thema entfacht.
Zur Kommunikation gehören heute ja auch die neuen Medien. Insbesondere Internet und Handy. Man muss im Job immer erreichbar sein. Ist das nicht gefährlich?
Wer immer für alle erreichbar ist, verliert sich selbst. Wir brauchen Momente der Ruhe, der Nachdenklichkeit, der Konzentration auf einen Menschen, ein Gespräch, ein Problem das wir lösen wollen. Deshalb müssen wir manchmal technisch abschalten, um wirklich für jemanden oder etwas richtig da zu sein.
In Ihrem Buch "Über das Glück der Unerreichbarkeit" raten Sie zu festgelegten Auszeiten.
Ja, ich muss meine "On"- und "Off"-Zeiten klar definieren. Ich mache mein E-Mail-Programm aus, wenn ich gerade keine E-Mails lese oder schreibe, damit es mich nicht von anderen Tätigkeiten ablenkt. Insgesamt versuche ich, Zeiten des Tages jenseits von Computer und technischer Kommunikation zu verbringen. Zum Beispiel mit Lesen oder in Gesprächen mit Menschen.
Kann man Kommunikationsstrategien auch im Privatleben einsetzen? Auch dafür gibt es ja Ratgeber.
Kommunikationsstrategien im Privatleben? Das ist sicher schon in sich ein gewisser Widerspruch. Trotzdem arbeiten wir natürlich alle mit gewissen Hilfsmitteln, um unsere Interessen durchzusetzen. Paul Watzlawick hat in seinen Büchern über "Menschliche Kommunikation" und die "Anleitung zum Unglücklichsein" das ja wunderbar beschrieben.
Zu viel Kalkül bei der Alltagskommunikation macht also auf Dauer unglücklich?
Gerade im Privaten ist es eben wichtig, gelegentlich klar zu sagen, was Sache ist. Sonst erstarren Freunde und Partner in Kommunikationsmustern.
Zurück in die Jobwelt: Welche Schlüsselqualifikationen sind im Beruf sonst noch wichtig, um erfolgreich zu sein?
Leidenschaft und Durchhaltevermögen. Meine persönliche Erfahrung ist: Ich bin richtig gut, wenn mich etwas fasziniert und inspiriert. Aber in jedem noch so tollen Job gibt es Durststrecken und Hänger. Die muss man überstehen können, dazu braucht man Durchhaltevermögen. Denn nach dem Tal kommt immer wieder der nächste Hügel mit einer Aussicht, die die Mühe gelohnt hat.
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Alle bisher veröffentlichten Folgen der Jobkolumne findest du hier.
Text: andreas-glas - Foto: Universität St. Gallen