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Geigerin Julia Fischer im Interview: "Man muss auch mal Nein sagen"

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In Stellenanzeigen wird von Bewerbern so einiges verlangt: Teamfähig sollen sie sein, flexibel und zuverlässig. Doch wie wichtig sind Schlüsselqualifikationen im Job wirklich? Wir haben bekannte Persönlichkeiten gefragt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Julia Fischer, 25, gehört zu den weltweit führenden Geigensolisten und gibt jährlich zwischen 70 und 80 Konzerte. Außerdem arbeitet sie als Professorin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. jetzt.de: Beim Blick auf deine Vita fällt auf, dass du schon früh einer hohen Belastung ausgesetzt warst. Im Jahr 2002 hast du neben deiner Musikkarriere das Abitur gemacht. Erfordert eine hohe Belastbarkeitsschwelle ein gutes Zeitmanagement? Julia Fischer: Sicherlich. Aber für mich war es damals viel wichtiger, auch mal Nein zu sagen: Ich habe in dieser Zeit vier Monate lang kein einziges Konzert gespielt, weil ich wusste, dass ich mich auf das Abitur vorbereiten muss. Die zwei Jahre davor, in der Kollegstufe, waren eigentlich viel schwerer. Ich habe jedes Jahr 50 Konzerte gespielt und bin manchmal direkt aus dem Flugzeug in die Schule gekommen. Das war anstrengender als ich erwartet hatte und die Noten waren irgendwann nicht mehr so entscheidend. Ich hatte dann halt mal eine Vier statt einer Zwei. Auch im Abitur? Ich sag mal: Ich habe ein ganz normal durchschnittliches Abitur. Mit 23 Jahren hast du dann deinen Einstand als Professorin an der Frankfurter Musikhochschule gegeben. Hast du nie daran gedacht, dass du dich übernehmen könntest? Ich glaube, dass man als Nicht-Musiker eine falsche Vorstellung von einer solchen Professur hat. Ich halte ja keine Vorlesungen. Alle zwei Wochen arbeite ich mit vier Studenten für einen Tag. Das ist schon auch Arbeit, weil man viel organisieren muss. Aber für einen Außenstehenden klingt das mehr, als es tatsächlich ist. Wenn man bedenkt, dass du in München wohnst und jährlich mehr als 50 Konzerte weltweit gibst, muss diese Professur aber doch eine zusätzliche Belastung sein. Nachdem ich ja sowieso ständig unterwegs bin, reise ich dann eben über Frankfurt zurück nach München. Aber meine Studenten müssen natürlich wissen, dass es mal passieren kann, dass ich mittwochs auch mal nicht ganz pünktlich um 15 Uhr an der Hochschule bin. Wie sieht denn eine typische Woche in deinem Beruf aus? In meinem Leben gibt es keine typischen Wochen. Wenn ich auf Tournee bin und jeden zweiten Tag ein Konzert spiele, bin ich wirklich am Limit. Im normalen Leben arbeitet man ja von Montag bis Freitag und hat am Wochenende frei, bei mir kann es schon mal sein, dass ich drei Wochen am Stück gar nicht frei habe. Aber dafür habe ich zwischendurch immer wieder einmal eine ganze Woche Urlaub, in der ich zuhause bin, zurückschalten kann und mich privaten Dingen widme. Wie groß ist denn die Gefahr, dass eine hohe Belastung im Job zur Belastung für das Privatleben wird? Ich bin überzeugt davon, dass das passieren kann. Aber es liegt im Ermessen jedes erwachsenen Menschen, dem entgegen zu wirken. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was die Prioritäten im eigenen Leben sind. Wenn jemand die Entscheidung trifft, dass ihm das Berufsleben wichtiger ist, dann ist das in Ordnung. Aber man kann nicht sagen: Mir ist beides gleich wichtig und ich will nirgendwo Abstriche machen. Man wird in gewisser Hinsicht immer auf das eine oder andere verzichten müssen. Trotzdem wäre es ungesund, wenn man im Job nicht auch mal Nein sagen würde.

In Karriereberatern heißt es oft: Wer im Job hohen Belastungen standhalten muss, braucht im Privaten einen Ausgleich. Meist wird zu sportlicher Betätigung geraten. Wie sieht dein persönlicher Ausgleich aus? Ehrlich gesagt: Mein persönlicher Ausgleich ist die Musik. Für mich besteht die berufliche Belastung nicht darin, dass ich abends auf der Bühne stehe. Belastend sind die Gespräche mit den Agenten, das Reisen, die vielen Interviews. Die Musik ist für mich der Bonus, den ich erleben darf. Also kann man eine solche Belastung nur eingehen, wenn man auch Spaß am Job hat? Ich glaube schon. Auf kurze Sicht geht das vielleicht auch anders, aber langfristig hält man solchen Belastungen nur stand, wenn man seinen Beruf liebt. Was hast du aus der Arbeit als Deutschlands wohl jüngster Professorin für deinen weiteren Berufsweg gelernt? Das ist eine Frage, die mir auch die Studenten stellen, weil sie oft eine falsche Vorstellung vom Berufsleben haben. Ich versuche ihnen dann zu erklären, wie viel von meinem solistischen Dasein tatsächlich mit Musik ausgefüllt ist. Jeder muss für sich klären: Wie wichtig ist mir Musik? Denn ich kann nicht sagen: Ich studiere jetzt Musik und werde Solist. Das ist utopisch. Aber ich kann sagen: Ich studiere Musik, gehe meinen Weg und schaue, was dabei herauskommt. Ich denke, das sollte in allen Berufen so sein. Abgesehen von der Belastbarkeit: Welche Schlüsselqualifikationen sind im Beruf sonst noch wichtig? Fleiß ist natürlich sehr wichtig, aber auch Charakterstärke. Denn im Job besteht immer die Gefahr, von außen manipuliert zu werden. Das geschieht gar nicht in böser Absicht, aber Leute aus dem Umfeld glauben manchmal, dass sie am besten wissen, was für einen Künstler gut ist. Das erfordert dann von mir eine gewisse Aufrichtigkeit: Ich darf mich selbst nicht belügen und nur das machen, wovon ich wirklich überzeugt bin. Deshalb sollte man sich unbedingt den Blick fürs Wesentliche bewahren. Alle bisher veröffentlichten Folgen der Jobkolumne findet ihr hier. Foto: www.juliafischer.com

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