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Fernfahrer-Kolumne Teil 1

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Jipieee Yeah! Magister gemacht. Bis wieder hart am Lebenslauf gearbeitet wird: Auszeit, ein halbes Jahr frei. Was tun? Schlafen, Trinken, nix. Klar. Die Welt angucken. Erste und deshalb beste Idee: Kairo Noch einmal versuchen, Arabisch zu Lernen, nachdem es auf der Uni zwar zu einer bestandenen Arabisch-Abschluss-Prüfung gereicht hat, ich aber weder einen Kaffee bestellen noch den Wetterbericht in der Zeitung lesen kann. Andererseits: Kairo ist eine Quatschidee. 16 Millionen Einwohner, bis zu fünf Stadtautobahnen übereinander. Einer hat mal ausgerechnet, dass dort die Atemluft von 15 Minuten dem Dreck von neun Zigaretten entspricht. Neun Zigaretten? Geilo! Also doch hin, wird aber sicher anstrengend. Deshalb: Besser vorher noch Urlaub machen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Moritz bereitet seine Lunge schonmal auf Kairo vor Wo? Vielleicht Osteuropa, die Donau runter? Au ja. In Ungarn Gulasch fressen und in Rumänien Dracula mit einer Billig-Schnaps-Fahne vertreiben. Bulgariens Schlaglöcher noch einmal im Rücken spüren, bevor jeder Feldweg EU-saniert ist. Wer kommt mit? Patrick wird angerufen: „Sommer? Boah, keene Ahnung. Irgendwo hinfahren halt. Osteuropa? Ok.“ Während dem Telefonat Blick auf die Weltkarte: Wer in Bulgarien ist, ist ja schon fast in Istanbul. Noch nie da gewesen, trotzdem Hammerstadt. Sagt Nini. Wer in Istanbul ist, der braucht nur quer durch die Türkei fahren, dann ist er schon in Syrien. Und von dort noch ein bissal Jordanien und der Suez-Kanal, dann kommt schon Kairo. „Mit dem Auto nach Kairo? Zu heiß. Ach, scheiß drauf: Na gut.“ Braver Patrick. Noch mal auf die Weltkarte geguckt und mit einem abgebrochenen Streichholz die grob die Entfernung gemessen: Müssen irgendwas zwischen 4500 und 5500 Kilometer sein. Also höchsten fünf Mal Köln-München und zurück. Ist ja gar nix. Dank dieses guten Vergleiches lässt sich auch das Spatzerl überreden mitzufahren. Und Hypochonder-Spatzerl bleibt sogar dabei, nachdem es auf der Internet-Seite des Auswärtigen Amtes all die tollen Krankheiten gelesen hat, die man in Osteuropa, der Türkei und Arabien so kriegen kann. Nun denn: Auto kaufen. Mercedes-Kombi oder VW-Bus? Gut beim Benz: Fährt schnell und zuverlässig. Hat bestimmt eine Klimaanlage. Kann man da unten vielleicht verkaufen. Gut beim VW-Bus: Fährt und zuverlässig. Hat große Fenster und mehr Platz. Vielleicht sogar ein Bett drin. Schlecht bei beiden: Müssen schon sehr alt sein, dass ich sie bezahlen kann. Reparieren kann ich weder Benz noch VW. Mein Beruf ist Student mit zwei linken Händen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Le Bus: 1800 Euro und 196.000 Kilometer auf dem Tacho Drei Wochen später steht ein grauer VW-Bus vor meiner Wohnung im Parkverbot. 1800 Euro hat er gekostet, frischen TÜV, keinen Rost und keine Rückbank. Komischerweise nur vier Gänge. Einen Keilriemen, der wie ein Vogel pfeift, die Kleinigkeit von 196.000 Kilometern auf dem Tacho und Sexappeal wie eine deutsche Amtsstube. Kein Wunder, hat ja mal der Bundesbahn gehört. Nach zwei Vormittagen in der Zulassungsstelle und der Erkenntnis, dass man einen Wisch von der Versicherung braucht, um ein Auto anzumelden, der erste Schock auf der Autobahn: Das Ding bleibt stehen. Also fast. Bei Vollgas, auf der rechten Spur, am ersten Hügel. Das erste Mal in meinem Leben überholen mich LKWs, der Bus spielt Dreißiger-Zone. Den Berg runter dann 120 Stundenkilometer, mehr geht nicht und wird niemals gehen. Blick in den Fahrzeugschein: 57 PS. Das wird ein Spaß. Vor dem Spaß aber: Organisieren. To Do-Listen schreiben und abarbeiten. Erste Liste, erster Punkt: Rückbank kaufen. Leipzig-Judith kommt jetzt auch noch mit, zumindest bis Istanbul. Erste Liste, zweiter Punkt: Frisör. Entweder VW-Bus oder Matte. Beides zusammen ist des Klischees zuviel. Die ersten Freunde machen

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