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Mädchen, wollt ihr ejakulieren?

Foto: himberry / photocase.de

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich ausgerechnet bei dieser Frage mit Aristoteles beginnen werde. Aber es ist nun mal so: Angeblich hat sich sogar dieser große Philosoph zwischen Nikomachischer Ethik und Metaphysik schon Gedanken über weibliche Ejakulation gemacht. Er berichtete, so heißt es auf Wikipedia, „um 300 v. Chr. von einer flüssigen Absonderung beim weiblichen Orgasmus, die jedoch keinen Samen enthalte.“

Demnach ist die weibliche Ejakulation also wohl doch nicht nur eine Porno-Modeerscheinung. Uns schien es ja zunächst so. Mädchen, die beim Orgasmus wie Männer spritzen – darüber haben wir aus persönlichen Erfahrungsberichten entweder gar nichts oder nur so vereinzelt vernommen, dass wir dachten, das sei eine dieser Porno-Realitäten: so echt und alltäglich wie Bescheidenheit bei Cristiano Ronaldo.

Da Aristoteles aber keinen Zugang zu youporn hatte und es ja auch in Fernsehserien, Büchern etc Anspielungen darauf und Witze darüber gibt, muss das Squirten, wie es dort und in Pornofachkreisen heißt, ja eine zumindest einigermaßen natürliche Basis in der Wirklichkeit haben. Also habt auch sicher ihr euch schon mal damit beschäftigt, vielleicht aktiv, zumindest aber doch gedanklich. Und wir wüssten nun gerne, wie.

Ist das Abspritzen für euch was Erstrebenswertes? Wegen des Gerüchts, dass diese Nassorgasmen irgendwie intensiver, länger, kurz: besser sind? Seid ihr neidisch auf Freundinnen, die ejakulieren, oder gar auf die Porno-Queens, die mit ihren Orgasmen ganze Bierkrüge füllen könnten? Und wenn ja, was unternehmt ihr gegen diesen Neid? Übt ihr manchmal heimlich abspritzen?

Oder ist es genau umgekehrt und ihr habt euren Orgasmus lieber in trockenen Tüchern, wegen peinlich und Verwechslungsgefahr mit Blasenkontrollverlust? Oder sagt ihr jetzt: Alter, bleib uns mal ganz vom Leib mit deiner blöden Frage, weil das interessiert echt nur Aristoteles und Pornogucker?

Die Mädchenantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Uff, ich hatte schon befürchtet, dass diese Frage irgendwann aufkommen würde, wo doch grade alle so arg damit beschäftigt sind, dass Thema „weibliche Ejakulation“ zu enttabuisieren. Dann mal los:  

Ja, klar finden wir das Thema irgendwie spannend. Ist schon interessant, wenn auf einmal jemand kommt und sagt, dass unser Körper was kann, von dem wir bisher noch nix wussten. Also lesen auch wir Wikipedia und Erfahrungsberichte, gucken uns im Internet an, wie das so aussieht, und überlegen, ob wir das vielleicht auch schon mal erlebt, aber falsch eingeordnet haben, wegen, wie du ja schon sagst, Verwechslungsgefahr mit Blasenkontrollverlust. Wir sind also neugierig, das auf jeden Fall. Aber, und das ist jetzt vielleicht ein Downer für euch, eigentlich auf fast die gleiche Art wie ihr. Eher so „Ach, das gibt’s wirklich?“- und weniger „Das will ich auch!“-mäßig.  

Denn es ist ja so: Wir durchschnittlichen Frauen, von denen wir hier ja ausgehen, sind mit unserer Durchschnittssexualität ziemlich zufrieden. Sex ist etwas, das sich sehr, sehr schön anfühlt, dann kurz extremtotalmegaunfassbarkrassunendlichschön und danach herrlich wohlig. Und das alles kann unser Körper einfach so, ohne, dass man dafür besonders lange trainieren müsste, und die Verbesserung vom Ersten Mal bis hin zum ersten richtig schönen Mal ist ja auch mehr so Learning-by-doing. Das finden wir, wo man im Leben doch sonst schon so viel üben und rumprobieren und sich anstrengen und Dinge lernen muss, ziemlich toll! Mit einem Kuss anfangen und dann die Dinge einfach laufen lassen, ist das Entspannteste, was wir uns vorstellen können.  

Okay, wenn dann jemand kommt und sagt „Hör mal, mag sein, dass es sich sehr gut anfühlt, aber glaub mir, es könnte sich noch viel besser anfühlen!“, dann reizt uns das schon einen kurzen Moment. Weil Gefühle, grade die im Unterleib, sich ja so schlecht beschreiben lassen und sowieso schon ganz anders und irgendwie krasser sind als alles andere, was wir kennen – und da soll sogar noch mehr gehen? Oha! Aber dann denken wir an die Pornos und an die Erfahrungsberichte, die wir dazu gelesen haben, und kommen ziemlich schnell an den Punkt, an dem wir merken, dass wir eigentlich gar keine Lust auf das ganze Experimentieren haben. Weil wir finden, dass Sex zwar in dem Sinne anstrengend sein darf, dass man hinterher völlig erschöpft in den Kissen schnauft – aber eben nicht in dem Sinne, dass man dafür erstmal ziemlich lange trainieren und experimentieren muss, um am Ende irgendein neues Ergebnis zu bekommen. Wo das aktuelle doch schon so schön ist.  

Wie gesagt: Wir Durchschnittsfrauen sehen das so. Es gibt halt auch die, die sich das sexuelle Experimentieren auf die Fahne geschrieben haben, manche sogar im Namen des Feminismus, und die wollen dringend wissen, wie weit man gehen und wohin man kommen kann. Das ist vielleicht vergleichbar mit Menschen, denen es nicht reicht zu wissen, dass das Weltall da ist – sie wollen hin, um es zu begreifen. Alle anderen schauen nachts in den Himmel und denken: „Schön, dass es das gibt. Gute Nacht!“  

Ach ja, und eins will ich dringend noch loswerden: Sex und Orgasmen sind, weil nicht beschreibbar, auch nicht vergleichbar. Deswegen sind wir nie-, nie-, niemals neidisch auf die Orgasmen unserer Freundinnen. Und auf die von Porno-Queens? Ich bitte dich.

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