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Mädchen, wie beschimpft ihr euch?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Mädchen, kennt ihr eigentlich Reinhold Aman? Das ist ein interessanter Mann, er ist nämlich Herausgeber der Zeitschrift Maledicta und Sprachforscher mit ungewöhnlichem Spezialgebiet, er befasst sich vor allem mit Schimpfwörtern. Und ich würde ihn ganz gerne mal auf euch loslassen.  

Euer Umgang mit Schimpfwörtern, vor allem mit solchen, die sich gegen eure Geschlechtsgenossinnen richten, gibt mir nämlich Rätsel auf. Euer Schimpfwortschatz scheint mir wesentlich filigraner bestückt zu sein als unserer. Ich habe außerdem das Gefühl, als würdet ihr auch wählerischer damit umgehen.

Wenn wir andere Jungs anschnauzen oder schlecht über sie reden, tun wir vor allem eins: draufhauen. Unser Fluchverhalten lässt sich sowieso ganz gut mit dem Boxsport vergleichen. Da kann man soweit ich weiß eine rechte oder linke Gerade hauen, einen rechten Haken oder einen linken, und dann gibt es noch ein paar kleine Abwandlungen wie den Aufwärtshaken. Das sind nicht viele Varianten, und sie sollen, naja, weh tun halt. Sie sind austauschbar und unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, wie fest geschlagen wird. Ob wir jemanden ein Arschloch oder einen Wichser nennen, ist tendenziell egal. Es kommt darauf an, wie wir es tun.  

Bei euch, so vermute ich, ist das anders. Ich glaube, eure feiner ausgeprägten Menschensensoren machen sich auch bei eurer Schimpfwortwahl bemerkbar. Ihr teilt nicht einfach mit Fäusten aus, ihr wählt die passende Waffe.  

Nur wie läuft das genau ab? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Ziege, Zicke und blöder Kuh? Wann ist ein Mädchen eine Schlampe und wann eine Drecksau? Gibt’s da feste Eskalationsstufen? Falls ja: Kann es sein, dass die „blöde Fotze“ da ganz oben steht? Und warum eigentlich die und nicht zum Beispiel die „blöde Möse“? Ja wohl kaum wegen einer Beeinträchtigung der Klangästhetik aufgrund zu vieler „Ö“. Und scheut ihr euch eigentlich, euch mit maskulinen Schimpfwörtern zu versehen? Ich habe das Gefühl, ihr nennt einander sehr viel seltener Depp oder Idiot als wir. Also, Mädchen: Bringt doch mal ein bisschen Ordnung in das Fluchwirrwarr!



Die Mädchenantwort von martina-holzapfl

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Einen filigraneren Umgang mit Ärger, Fluchen und Verfluchen würde ich uns nicht unbedingt attestieren. Wenn wir sauer sind, hauen wir raus, was raus will. Manchmal sagen wir „So'ne dumme Fotze, echt hey", merken aber erst später, dass das mindestens fünf Nummern zu groß war und wir eigentlich „Blöde Kuh" meinten. Wie ihr an diesem Beispiel schon seht: Ja, es gibt eine Hierarchie der Schimpfwörter.

Zuerst solltet ihr aber wissen, dass wir über die, die wir lieben, nicht sehr böse lästern. Jedenfalls nicht ohne es sofort danach reuig zu relativieren. Und ins Gesicht fluchen wir denen schon gar nicht. Na gut, vielleicht im engsten Familienkreis, unter Geschwistern zum Beispel. Da fallen wir sowieso in maximal-infantile Streitmuster zurück. Aber sonst wissen wir uns zu beherrschen. Wenn jemand, den wir eigentlich mögen, richtig Mist baut, bemühen wir uns eher um schnellstmögliche rationale Konfliktbehebung, und das klingt dann eher nach Therapeutenpraxis als nach RTL 2.

Das Böse-über-jemanden-Herziehen betrifft nur Leute, mit denen wir widerwillig und zwangsweise bekannt sind. Durch einen gemeinsamen Job oder eine Ausbildung etwa, oder weil sie Freunde von Freunden sind, mit denen wir uns nie im Leben befreunden würden, deren Gegenwart wir aber leider hin und wieder aushalten müssen. Bei ihnen ist es egal ist, wie wir sie finden und wie sie uns finden. Es ist egal, dass wir lästern und nicht die offene Konfrontation suchen. Wir wollen ja sowieso keinen gemeinsamen Nenner. Nennen wir sie hinterm Rücken Fotze, Schleimärschin, wichtigtuerische Brillenschlange, talentfreie Anbiederin, krasse Langweilerin, alte Uschi, öde Tante, Kuh oder sonstwie, kann das sehr wutlindernd sein. 

Nun zur Wortwahl selbst: Relativ weit oben steht natürlich unbedingt Fotze. Eine Fotze ist eine, die wir hinterfotzig finden - das sagt das Wort schon. Sie ist zickig und hinterhältig, eine, der man alles zutrauen würde. Fotze sagen wir nur, wenn wir jemanden hundertprozentig nicht leiden können. Trotzdem sagen wir es natürlich niemandem ins Gesicht, so wie man die meisten schlimmen Flüche niemandem mehr ins Gesicht sagt, wenn man älter als 15 Jahre ist. Das F-Wort ist uns trotzdem immer gleich nach dem Aussprechen ein bisschen peinlich, weil es schon ganz schön prollig ist. Das ist aber auch der Grund, warum ausgerechnet dieses Wort am oberen Ende unserer Fluchskala liegt und nicht irgendeine der vielen anderen Vaginalbezeichnungen. Es klingt schon aus sich selbst heraus fies und ein bisschen wie Rotze und Kotze - da kann ein etymologisches Weichei wie "Möse" nach Hause gehen.

Schauen wir weiter: Eine Schlampe ist etwas Ähnliches wie eine Fotze, aber das Wort ist so plump und sexuell konnotiert, dass wir es eigentlich nicht benutzen. Höchstens für eine, die uns auf mieseste Weise die Liebe unseres Lebens ausgespannt hat.

Bei der blöden Kuh wird es schon interessanter, weil viel differenzierter. Die blöde Kuh kann, abfällig betont, eine genauso schlimme Person sein wie die Fotze, nur nicht so fies und intrigenpotent. Von einer blöden Kuh geht keine Gefahr aus, sie ist einfach nur etwas doof, nervt und ermüdet. Blöde Kuh aber darf auch zu einer Freundin gesagt werden, und dann heißt es einfach nur: Oh nö, das tut mir weh/das nervt, sei nicht so/hör auf damit! Zum Beispiel, wenn sie einen erneut hängen lassen oder wieder was verloren hat, was man ihr geliehen hat. Es muss aber unbedingt milde ausgesprochen werden, etwas schlaff und traurig. Und das kann ihr dann auch, im Gegensatz zu anderen schlimmen Beschimpfungen, direkt ins Gesicht gesagt werden. Es darf nur wirklich keinesfalls vorwurfsvoll und beleidigt klingen, denn es muss ja eine Vorlage sein, um den Konflikt rational aus dem Weg zu räumen. 

Eine Zicke ist eine ziemlich spitzfindige, schnippische Person, die nur darauf wartet, eingeschnappt sein zu können. Das gehört bei so einer ein bisschen zum Lebensgefühl: Missverständnisse, Vorwürfe, Überheblichkeit! Zicke aber ist oft nur ein Charakterzug, etwas, das man jemandem, der sonst toll ist, schon mal verzeihen kann. Man kann einer Freundin deshalb höflich und liebevoll ins Gesicht sagen, dass sie manchmal eine ganz schöne Zicke ist.

Und dann gibt es noch die Ziege. Eine Ziege ist nicht so aufgeweckt wie die Zicke, sie ist eher tantig, etwas träge, aber dauernd kompliziert, hat über alles ziemlich versteifte Meinungen und kommt nicht auf die Idee, dass auch andere Standpunkte ihre Berechtigungen haben. Mit richtigen Ziegen will man eigentlich nichts zu tun haben. Man kann jemanden aber trotzdem liebevoll Ziege nennen, aber das muss dann schon wirklich ironisch betont werden oder sehr liebend. Und wenn man dann noch drüber lachen kann, dann ist man auch keine echte Ziege.

Das waren jetzt nur die Klassiker. Am meisten Spaß macht es immer noch, ein ganzes Hasspaket rund um eineder gemeinen Bezeichnungen zu schnüren. Zum Beispiel: "Diese hirnverbrannte Scheißkackfotzenhurenkuhbratze, ich kann sie nicht leiden, wer hat der eigentlich die Existenz erlaubt?!?" Viel zu krass, findest du? Harr! Ist es nicht. Fluchen ist nämlich herrlich gesund. Sagt auch Reinhold Aman. 

Text: christian-helten - Cover: AllzweckJack / photocase.com

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