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Mädchen, was soll der Kleiderstangen-Hype?
Vor ein paar Jahren gab es beim Thema weibliche Kleideraufbewahrungstechnik einen Superlativ, auf den ihr euch alle einigen konntet: den begehbaren Kleiderschrank. Wahrscheinlich war das ungefähr zur der Zeit, als ihr euch mit euren Freundinnen getroffen habt, um „Sex in the City“ zu schauen. Da lief Carrie Bradshaw freudeseufzend durch ihren neuen Mehrzimmerschrank, und in meiner Vorstellung freudeseufzte es dann auch in euch drin ein bisschen, allerdings mit leichter Tendenz zum Wehmutseufzen, denn so einen Kleiderschrank werden die meisten von euch nie haben.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Mittlerweile wurde Sex in the City längst von Lena Dunhams „Girls“ abgelöst. Ich kenne die Serie nicht gut genug, um zu wissen, wo Dunhams Charakter Hannah ihre Klamotten aufbewahrt. Aber es würde mich nicht wundern, wenn sie nicht in einem Schrank hingen (und schon gar nicht in einem begehbaren). Nein. Ich glaube, sie hängen auf einer Kleiderstange. Denn seit einer Weile stehen solche Kleiderstangen in jedem zweiten Mädchenzimmer. Manchmal als Schrank-Ergänzung, mindestens genauso häufig aber auch als Ersatz dafür.
Und das, liebe Mädchen, verstehen wir nicht so ganz. Wir erkennen da keine Vorteile. Die Kleider sind weder vor Staub geschützt noch vor Blicken, die später über hässliche Exemplare oder ungebügelte Unordnung lästern könnten. Die Stange bietet keine praktischen Bonus-Features und keine optischen Anziehungspunkte. Sie steht da einfach rum, und nachts läuft man Gefahr, dagegen zu torkeln und sie umzuwerfen.
Deshalb fragen wir uns: Wie kam es, dass die Kleiderstange euer liebstes Kleideraufbewahrungs-Tool wurde? Beziehungsweise: Ist sie das überhaupt, ein Kleideraufbewahrungs-Tool? Ist sie vielleicht eher Schmuck- als Möbelstück? Eher Accessoire als Stauraum? Hat sie eine noch tiefere Bedeutung, die wir Jungs mit unseren stupiden T-Shirt-Stapler-Hirnen nicht erfassen? Oder ist am Ende, ganz vielleicht, doch Lena Dunham schuld?
Auf der nächsten Seite antwortet: martina-holzapfl
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Gehen wir die Sache doch heute ausnahmsweise mal ganz strukturiert an.
Kleiderstangen-Pro:
- Die Kleiderstange ist billig und sieht lässig improvisiert aus. Kleiderschränke sind teuer und sehen etabliert aus. Wir sind arm und wollen cool sein und entscheiden uns daher natürlich für die Kleiderstange, im Kombination mit ein paar Kisten und Schachteln oder Kommoden.
- Jedem Kleidungsstück tut es besser, zu hängen, als zusammengefaltet in einer Schublade zu liegen. Was hängt, knittert nicht.
- An einer Kleiderstange sind Klamotten innerhalb von Sekunden aufgehängt. Zusammenlegen erfordert Zeit und Konzentration. Wir sind faul. Punkt für die Stange.
- Eine hübsch kuratierte Kleiderstange (Regeln: nur die feinsten Zwirne bzw. Modekatalog-haftigsten Strickpullis aufhängen – auf kupferfarbenen Bügel von Hay natürlich- ein, zwei zarte Kettchen dazu, eine gute Ledertasche, am Boden zwei Paar gut geputzte Schuhe) vermittelt uns die herrliche Illusion, in einer Boutique zu leben. Beziehungsweise: nicht in Heidelberg irgendwas Heidelberghaftiges zu studieren, sondern als angesagte Jungarchitektin in New York zu arbeiten. Alles, was weniger dekorativ ist und nicht hängen darf, wird einfach in Kisten, Schachteln oder Kommoden gestopft. Das ist...
-... zwar ein bisschen auch Selbstbetrug, aber immerhin mit der guten Nebenwirkung, dass wir unsere schönen Teile länger schätzen und lieben, weil wir sie so boutiquen- und geschenk- und fashionhaft behandeln und aufhängen. Könnte man fast schon einen nachhaltigen Umgang mit Dingen nennen. Bewussten Konsum. Oder so. Oder nicht?
Kleiderstangen-Contra:
- Je nach Größe der eigenen Wohnung, beziehungsweise, meistens hat man ja nur ein Zimmer, macht sie dieses schnell unruhig. Optisch. Zumindest, wenn man mehr als fünf Kleider daran aufhängt und noch ein paar Möbel mehr hat, als einzig diese Kleiderstange und eine Matratze auf zwei Europaletten.
- Die Kleidung an der Kleiderstange verstaubt schnell und macht, dass überhaupt das ganze Zimmer schnell verstaubt.
- Einige Kleider verbleichen sogar auf der Kleiderstange.
- Auf eine Kleiderstange passt bei gleichem Quadratmeterverbrauch etwa vier Mal weniger als in einen echten Kleiderschrank. Man hängt sie also schnell sehr voll und muss dann den Rest dann sehr knittrig und unhandlich in Kisten oder Kommoden verstauen, die noch mal Platz wegnehmen.
Ihr seht, das Ding bei der Kleiderstange ist: Vor- und Nachteile wiegen sich gegenseitig auf. Kleiderstangen sind nicht so effizient wie Kleiderschränke, aber haben eine Aura, die wir mögen. Und sie sind günstig. Kleiderständer sind nicht perfekt. Sie machen ein bisschen Spaß. Sie passen zu unserem Leben, das nie perfekt ist, aber okay, und irgendwie immer erstmal nur eine Übergangslösung. Ernst wird es alles früh genug. Eines Tages werden wir einen Kleiderschrank kaufen. Und ein Bett. Und einen vernünftigen Staubsauger. Aber das hat noch Zeit.
Achso, wo der Trend herkommt, haben wir euch natürlich noch nicht erklärt. Sind wir leider auch überfragt. Ist halt irgendwie im Zuge dieser ganzen Mode- und Wohnbloggisierung so über uns gekommen. Ob nun ausgerechnet Lena Dunham alias Hannah in Girls eine hat, wissen wir grad nicht so genau. Vielleicht hat die auch nur einen abgehalfterten Vintagekleiderschrank vom Vormieter. Aber Jessa Johannson, ihre bohèmige, von Jemima Kirke gespielte Serienfreundin, die hat doch garantiert so eine.