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Mädchen, kennt ihr eure BH-Größe?
Die Jungsfrage:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Nur eine ganz kleine Frage, Doppel A sozusagen. Jeder kennt seine Schuhgröße, die meisten über acht Jahre wissen, welche Jeansweite die annähernd richtige ist und welches Benzin in den Tank des Autos gehört. Nur warum treffe ich immer wieder Mädchen, die beim Thema BH-Kaufen ins Schwimmen geraten und nur so ungefähr wissen, wie ihr Bedarf in dieser Hinsicht aussieht. Dabei ist es bei ihnen meist nur irgendwas zwischen 70A und 75B, andere Damen wurden mir intim noch nicht vorgestellt. Sogar ich kann die Vorbaue also mittlerweile ungefähr einschätzen, warum fällt euch das selber so schwer? Ihr kennt doch sogar eure Ringgröße! Kriegt man nicht mit 14 BH-Unterricht, von Mama, Freundin, Dessous-Tante? Ist ein richtiger BH nicht wichtig fürs Wohlbefinden? Ändert sich die Größe laufend? Oder kenne ich zufällig nur Mädchen, die sich nicht für Busen interessieren?
Auf der nächsten Seite kannst du die Mädchenantwort lesen.
Die Mädchenantwort:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das ist jetzt ein bisschen unglücklich, aber auch ich reihe mich nahtlos in die Reihe der dir bekannten Busen-Ignorantinnen ein. Mir ist alles rund um den Büstenhalter ein großes Rätsel, ein Buch mit sieben Siegeln, ein mysteriöses Land der weiblichen Kodizes, das sich mir auch nach jahrelangem Studium nicht erschließen möchte.
Schon klar, der theoretische Überbau ist mir seit Urzeiten bekannt, mit den technischen Details kenne ich mich aus: So eine BH-Größe besteht aus einer Zahl und einem Buchstaben. Die Zahl bemisst den Brustumfang unterhalb des Busens in Zentimetern und schreitet im Fünfer-Schritt voran von 65 bis zur Fleischfachverkäuferinnen-Größe 100 cm. Und dann gibt es den Großbuchstaben, der die Körbchengröße benennt und anzeigt, wie groß der Busen ist. Das geht nach dem Alphabet, wobei A wirklich klein ist und die Körbchengröße J angeblich schon in der freien Wildbahn irgendwo im ländlichen Arkansas gesichtet worden ist.
Das ist aber nur die Theorie, in der Praxis sieht es anders aus. Ich finde BH-verwandte Themen ausgesprochen kompliziert und habe mannigfaltige Fragen, für die ich bis heute noch keine endgültige Antwort gefunden habe:
- Muss man als Frau mit eher sparsam bestückter Oberweite eigentlich überhaupt einen BH tragen?
- Und wenn ja, warum? Aus gesellschaftlichen Gründen (und macht ein BH wirklich einen so großen sichtbaren Unterschied)? Oder weil mir sonst in wenigen Jahren die so genannten „National Geographic-Titten“ blühen?
- Und wenn ich einen BH trage, warum ist der dann immer so wahnsinnig unbequem? Bin ich einfach eine wehleidige Person, die gleich zu jammern anfängt, wenn der BH-Träger zwickt?
- Oder leiden alle Frauen in ihren Pushup-BHs heimlich Höllenqualen und sind einfach tapferer als ich?
- Sind Metall-Bügel denn wirklich notwendig?
- Und: Wie oft muss man so einen BH denn jetzt waschen?
Dabei ist es nicht einmal so, dass ich aus lauter Geiz nur in der Billigheimer-Abteilung einkaufen würde und deshalb keine Ahnung hätte.
Seit mich einst meine Mutter zur Einführung ins Erwachsenenalter in ein sogenanntes Fachgeschäft schleifte und mir dort meinen ersten „richtigen“ BH kaufte, begebe ich mich alle paar Jahre wieder in ein solches Etablissement, um die Materie zu durchdringen. Und jedes Mal bin ich wieder von der scheinbaren Kompetenz und den kühlen Händen der dort beschäftigten Fachfrauen begeistert. Diese meist älteren Damen fahren dann mit ihren Scanneraugen einmal über meinen Oberkörper und sehen gleich, welche Größe mir passen könnte. Daraufhin gehen sie zu ihren Schubladen, kramen geheimnisvoll darin herum und holen dann den schalenförmigsten und unschönsten BH der Welt heraus, der sich in den zwei Minuten der Anprobe tatsächlich so anfühlt, als wäre er gleichzeitig stützend, hebend, abfedernd und formend, ohne dabei zu schmerzen.
Also gebe ich absurd viel Geld für das mir zugewiesene Teil aus, trete mit einer prätentiösen Papiertüte in Rosé-Tönen auf die Straße und fühle mich gut! Endlich bin ich meinen vollbusigen Freundinnen ebenbürtig, endlich habe ich kapiert, wie die Sache mit den BHs funktioniert, gleich mal anrufen und sie von dem Erwerb informieren, wird sie ja bestimmt interessieren...
Aber kaum ziehe ich den neuen BH dann einige Tage später zuhause an, schon fängt der Riemen an, mir durch die Rippen hindurch die Luft abzuschnüren und die Träger mein zartes Schulterfleisch einzuzwicken. Ja, und dann ziehe ich halt wieder den alten, bequemen Alltags-BH an, der nichts stützt, dafür aber auch nicht weh tut und bete zur heiligen Mariamuttergottes vom stabilen Bindegewebe, dass mir diese Laissez-Fair-Haltung nicht eines Tages zum Verhängnis wird.
penni-dreyer