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Jungsfrage: Mädchen, warum tragt ihr nie Fahrradhelme?
Liebe Mädchen,
es gibt ein paar Wahrheiten, über die braucht man nicht groß nachzudenken, die sind unverrückbar. Sommer ist schön, zum Beispiel. Schnee ist kalt. Herpes nervt. Noch so eine Wahrheit: Beim Fahrradfahren sollte man einen Helm tragen.
Klar, klingt ein wenig elterlich. Ein wenig so, als wäre man wieder fünf und würde die ersten wackligen Runden ohne Stützräder drehen. Als würde einem aus der Küche wieder “setz’ deinen Helm auf” nachgerufen, worauf unser Echo stets “jaa-haa” war. Trotzdem: Von den vielen Vorsichtsratschlägen, die uns als Kind gegeben werden, ist das Helmtragen einer, den wir ins Erwachsenenleben mitnehmen. Denn noch zwei so unverrückbare Wahrheiten lauten: Das Auto ist immer stärker als der Radfahrer, und: Kaputter Kopf ist doof.
Die Lehrvideos aus der Grundschule tun ihr übriges. Jene Videos, in denen eine Wassermelone ohne Helm auf den Teer fällt und saftig zerplatzt – flatsch, badauz! Im nächsten Moment fällt wieder eine Wassermelone auf den Teer, diesmal trägt sie aber einen Helm und landet im Ganzen, ohne eine Schramme – puh!
Das Ergebnis: Wenn wir Jungs Fahrrad fahren, tragen zumindest einige von uns einen Helm. Immer noch weit weniger, als aus gesundheitlichen Gesichtspunkten ratsam wäre, aber doch ein weit höherer Prozentsatz als bei euch. Dass die meisten Modelle an den Seiten zwicken, ist den Helmjungs egal. Dass die Frisur danach erst mal platt gedrückt ist – geschenkt. Dass es zur Natur des Fahrradhelms zu gehören scheint, dass er eine modische Frechheit ist – scheiß drauf! Denn: Heiler Kopf ist cool.
Wenn wir euch radeln sehen, fällt uns dagegen auf: Eure Haare flattern fast ausnahmslos hollywoodesk im Wind. Ihr habt nie diesen leicht kantigen Abdruck an den Schläfen, wenn ihr absteigt. Außerdem habt ihr nie ein klobiges, signalfarbenes Ding am Finger baumeln, wenn ihr zur Wohnungstür reinkommt. Kurz: Die meisten von euch tragen keinen Helm.
Äh, habt ihr denn keine Angst, so ganz ohne Kopfschutz? Habt ihr nie diese Wassermelonen-Videos gesehen? Habt ihr überhaupt einen Fahrrad-Führerschein?!
Erklärt uns doch bitte mal, warum so viel mehr von euch helmlos radeln als es bei uns der Fall ist. Uns besorgt das nämlich ein bisschen.
Eure Jungs
Liebe Jungs,
wir wissen eigentlich, dass es viel klüger wäre, einen Helm zu tragen. Und wir bewundern euch, wenn ihr euch wieder einmal öfter als wir überwindet, einen aufzuziehen. Denn natürlich graut uns ebenfalls vor der Vorstellung, unser Kopf könnte enden wie die angesprochenen Wassermelonen. Aber anscheinend graut den meisten von uns nicht genug davor, um tatsächlich präventive Maßnahmen und damit einen Helm zu ergreifen.
Das hat verschiedene Gründe. Der wichtigste: Wir sind oft viel eitler, als wir gerne zugeben möchten. Das führt unter anderem dazu, dass wir uns Frisuren machen. Wir tragen so beispielsweise Zöpfe: geflochten, verpferdeschwanzt, einmal rumgewickelt und zum Dutt hochgesteckt. Der Fahrradhelm ist der Endgegner all dieser Kreationen und in der Lage, jede einzelne von ihnen schon bei einmaligem Auf- und Ausziehen zu zerstören. Wer Helm trägt, trägt die Haare also automatisch und grundsätzlich offen. Basta.
Das wäre optisch sogar zu verschmerzen – wäre der Helm an sich nicht nur Sicherheitsfeature, sondern auch ein nettes Accessoire, das den Verlust einer echten Frisur wieder wettmacht.
Aber Fahrradhelme sind hässlich. Zum einen, weil sie groß und klobig sind. Daran kann man wenig ändern, denn es ist ja leider ihre Form, die Schutz verspricht. Allerdings kommen sie meist auch noch in den schrecklichsten Farben und Mustern daher. Wir schlendern also nicht zufällig am Schaufenster eines Sportgeschäfts vorbei und denken uns: „Mei, was ein hübscher, oberpraktischer Helm, den MUSS ich haben.“ Der Anblick eines Fahrradhelms löst in uns in der Regel keinen Funken Verzückung, eher heftige Abneigung aus. Er ist schlichtweg die unästhetischste Kopfbedeckung, die wir kennen. Und es widerstrebt uns leider meistens, für unschöne Dinge spontan Geld auszugeben.
Um einen Fahrradhelm zu kaufen, muss man also erst einmal das konkrete Bedürfnis verspüren, ein so praktisches, aber hässliches Ding zu besitzen. Und sich dann gezielt auf die Suche nach dem geeigneten Modell machen. Die, liebe Jungs, gestaltet sich, wie ihr sicher schon mal selbst erfahren habt, nicht leicht. So ein Helm muss sitzen. In meinem speziellen Fall zum Beispiel saß aber noch keiner so richtig gut – bis auf einige Modelle aus der Kinderabteilung. Und um einen Winnie Pooh-Helm zu tragen, – nennt mich abgehoben – dafür fühle ich mich dann doch etwas zu alt.
Aber auch vorausgesetzt, man hat einen Schädel in Standardgröße: Ein Helmkauf ist nichts Spaßiges, sondern eher arg kompliziert. Da muss man sich einige Gedanken machen: Schützt er alle Teile meines Kopfes? Wo zwickt er wohl auf Dauer? Warum kostet der eigentlich so viel? Zu welcher Jacke zieh ich den an? Das Einkaufen macht so keinen Spaß – wir lassen es.
Denn das Fahren mit Helm würde uns sowieso das vielleicht Schönste am Fahrradfahren nehmen: Das Gefühl von Freiheit, wenn die Luft den Körper so herrlich umspielt, wenn der Wind die Haare nach hinten wirft und wir manchmal bei extra viel Tempo sogar ein bisschen das Gefühl haben, zu fliegen.
Stattdessen schwitzt man unter einem Helm, weil die Luft (trotz Belüftungsöffnungen) nie wirklich an die Kopfhaut vordringt. Und dann wackelt das Ding auch noch im Fahrtwind auf dem Kopf herum und schneidet uns zwischen Kinn und Hals ins Fleisch. Diese Momente rufen dann Erinnerungen an unsere Kindheit wach, die wir gerne für immer vergessen hätten. An damals, als Mama uns den Helm noch aufzwingen konnte und uns aus Versehen die Haut am Kinn mit dem unteren Verschluss einzwickte. Schmerzen direkt aus der Hölle.
Helme lösen bei uns also einfach in jeder Hinsicht ein Gefühl der Beklemmung aus. Unsere Bewunderung, liebe helmtragende Jungs, habt ihr allerdings sicher. Genau wie diejenigen von uns, die sich dem Motto „Safety first“ eben doch verschrieben haben und trotz aller Gegenargumente mit Helm fahren. Denn ja, solche Frauen gibt es. Ihr müsst euch vielleicht nur ein bisschen aufmerksamer nach ihnen umschauen.
Eure Mädchen