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Mädchen, warum der Sommerschal?

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Jungsfrage:

Liebe Mädchen,

es ist ja nun sogenannter Sommer. Heißt in unserer Logik: Aus Mantel wird Jäckchen, aus Stiefel wird Sneaker, aus Socke wird manchmal sogar gar nichts, solange bis wieder ein Monat mit R ist. Das Sortiment, aus dem wir morgens im Nacktzustand vor dem Schrank auswählen, wird saisonal komplett ausgetauscht. Und aus dem neuen Baukasten an Klamotten (dünner, kürzer, farblich möglicherweise gewagter) kombinieren wir uns dann was zusammen, egal wie das Wetter wird. Ist ja schließlich: SOMMER! Gibt es, wie derzeit, eine klimatische Eintrübung zu beklagen, zwiebeln wir uns halt mehrlagig unter die dünne Jacke, klappen beim Radfahren meinetwegen den Kragen hoch oder stecken bei allzu viel kühlem Gegenwind das T-Shirt in den Hosenbund.

Und nun seid ihr da so anders! Ihr verfügt nämlich noch über ein Accessoire, das wir im Sommermodus gar nicht kennen. Das ihr aber mit völliger Nonchalance einfach zum luftigen Top oder gar zum Sommerkleid dazutut: den Schal. Der Sommerschal ist, wenn wir das korrekt beobachten, meist etwas leichter gewebt als das winterliche Pendant, er soll ja auch nicht vor Erfrierungen schützen. Er soll aber – ja was eigentlich? Was soll, mal ganz ehrlich, mitten im Sommer, der Schal?! Zum, das ist ja besonders abstrus, ansonsten kurzärmligen Outfit!

Ist ja nicht so, als wärt ihr auch ansonsten immer für bibberkaltes Wetter präpariert – ihr tragt kurze Hosen oder Röcke, knappe Tops, wie jeder Warmblüter im Juni. Aber dazu dieses Wickelding, das uns ständig an November an der Bushaltestelle denken lässt – oder, meinetwegen, an Zahnärzte in weißen Leinenhosen auf dem Mallorca-Rückflug. Ist euch, auch wenn der Restkörper warm ist, am Hals irgendwie immer kalt? Müsst ihr den besonders schonen? Ist der Schal aus modischen oder sogar irgendwie taktischen Gründen ratsam? Weil ihr damit einen möglicherweise gewagt kurzen Rock mit einem extraverdeckten Busenbereich ausgleichen wollt?

In anderen Worten: Hä?

Die Mädchenantwort von Nadja Schlüter:

Liebe Jungs,

heute seid ihr aber arg pragmatisch. Was man im Sommer mit einem Schal soll? Gut aussehen natürlich! Aber okay, das reicht als Erklärung vermutlich nicht, klamüsern wir das also mal auseinander.

Es gibt bei uns, wie ihr schon bemerkt habt, zwei Arten von Schals: den Winter- und den Sommerschal. Und deren Aufgaben sind umgekehrt zueinander verteilt. Der Winterschal soll als erstes und vor allem wärmen und als zweites dann noch okay aussehen, was einigermaßen schwer ist. Er ist halt meistens irgendwie zu dick und zu groß, um vorteilhaft zu sein. Fällt einem immer dann auf, wenn man sich auf einem Foto mit Winterschal sieht und denkt: „Achdujeh, warum steckt mein Kopf denn in einer von diesen Zugluftwürsten, die Mama früher immer vor die Haustür gelegt hat?“

Der Sommerschal hingegen muss als erstes gut aussehen und als zweites eventuell wärmen. Es ist nämlich so: Wir haben schon diese latente Angst, wir könnten doch frieren. Oder frösteln. Wenn man sich verschwitzt in den Schatten eines Sonnenschirms setzt, um was Kaltes zu trinken, dann zieht es einem ja manchmal ganz plötzlich so frisch durch die dünnen Klamotten. Und da ist ein leichter Schal einfach die beste Lösung: schützt die kälteempfindliche Hals-und-Nacken-Partie und kann im absoluten Notfall auch um die Schultern gelegt und als Jackenersatz getragen werden. Ich zum Beispiel gehe nur sehr selten ohne Notfallschal aus dem Haus.

 

Aber vor allem ist da eben der Aspekt „gut aussehen“. Sommerschals sind ein super Accessoire, ein Zwitter zwischen funktionalem Kleidungsstück, das einen bedeckt, und Schmuckstück, das man sich wie eine Kette um den Hals legt. Und weil ein Schal von der Form her so schlicht ist (quadratisch oder rechteckig, mit Fransen oder ohne – mehr Varianten gibt es nicht, maximal noch den Schlauchschal, aber der ist eigentlich schon wieder vorbei), kommen bei ihm zwei Dinge besonders zur Geltung, die bei anderen Kleidungsstücken oft zu kurz kommen, weil da der Schnitt so viel wichtiger ist: das Material und die Farbe.

 

Sommerschals gibt es in den schönsten Farben, weil Sommermode die schöneren Farben hat. Und aus den schönsten Stoffen, weil sie ja vor allem leicht sein müssen. Leichte Stoffe sind mit das Beste, was es auf der Welt gibt, die will man die ganze Zeit anfassen und sich freuen – und da die Nacken-Hals-Partie ja wie gesagt sehr empfindlich ist, ist einen Sommerschal aus Seide (der Klassiker!) tragen in etwa so, als werde man die ganze Zeit ein bisschen gestreichelt oder habe jemanden bei sich, der einem beruhigend die kühle, trockene Hand in den Nacken legt.

 

Und rein modisch gesehen ist der Bruch auch noch so ein Ding, das für den Sommerschal spricht: Wollpulli und dicker Schal – langweilig. Nackte Schultern und Tuch um den Hals – hui!

So, und am Ende ist da vielleicht noch dieser Traum. Denn Sommer, zumindest der unserer Träume, bedeutet ja eigentlich nicht bei Prä-Gewitter-Schwülhitze im Englischen Garten rumhängen und über die Hitze klagen. Sondern der Traumsommer sieht eher so aus: stahlblaues Meer, stahlblauer Himmel, sengende Sonne, aber eben auch eine Steife Brise vom Wasser her und dann in einem Auto ohne Verdeck die Küstenstraße langbrausen. Und was braucht man da ganz dringend?

 

Einen Schal, so einen leichten, feinen, den man sich zur Not auch elegant Grace-Kelly-mäßig um den Kopf legen kann, um die Ohren (oder die Frisur) zu schützen. Und wie der dann flattert, dabei ein Geräusch macht wie ein kleines Segel und in der Sonne ganz fein glänzt! Wie kann man da noch fragen, wofür man im Sommer einen Schal braucht?

 

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