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Wieviel verdient ein Kabarettist?
Der Alltag
Ich trete pro Jahr ungefähr 50 Mal in ganz Deutschland auf. Teilweise sind das Soloauftritte, die zwei Stunden dauern. Oft trete ich aber auch bei Mixedshows und offenen Bühnen auf. Da hat jeder sieben Minuten Zeit und man ist in eine komplette Show eingebunden. Das ist ganz gut, weil dann die Zuschauer dank des Show-Moderators schon ein bisschen lockerer sind und der Einstieg einfacher ist. Die Auftritte an sich sind aber nicht der Teil meiner Arbeit, der mir am schwersten fällt. Ich muss sehr viel gleichzeitig machen: Mein Programm schreiben und weiterentwickeln, Auftritte organisieren, Medienarbeit. Die ganzen Aktivitäten abseits der Auftritte kosten viel Kraft und Zeit. Ich muss noch lernen, meine Kapazitäten richtig einzuteilen.
Die Ausbildung
Kabarettist oder Comedian ist kein geschütztes Berufsbild, also auch kein Ausbildungsberuf. Ich habe mir das Handwerk autodidaktisch beigebracht. Bei mir funktioniert viel über Instinkt, speziell was das Timing und die Bühnenpräsenz angeht. Ich habe mich nie hingesetzt und mich gefragt: Was könnte am Besten ankommen, womit könnte ich am meisten Erfolg haben. Ich bin einfach auf die Bühne gegangen, ohne mir groß Gedanken über meine Wirkung auf der Bühne zu machen. Das habe ich mir bis heute beibehalten. Das Einzige, bei dem ich sagen würde, dass ich mir handwerkliche Skills draufgeschafft habe, war ein zweitägiger Kabarett-Workshop.
Die Motivation
Ich war früher zurückhaltend, schüchtern und nie der Klassenclown. Aber in kleiner Runde war ich vermutlich wortwitzig. Ich habe eine absurde Ader, nehme alles nicht ganz so ernst. Als Jugendlicher war ich oft auf Kabarettveranstaltungen oder habe sie mir im Fernsehen angeschaut. Als ich mit 21 eine Doku über Gerhard Polt gesehen habe, hatte ich erstmals den wirklich großen Wunsch, auch selber Kabarett zu machen. 2009 habe ich dann den ersten Versuch unternommen. Das Feedback darauf war ambivalent und irgendwann habe ich es erstmal sein gelassen und versucht, auf einem anderen Weg beruflich Fuß zu fassen. Als Journalist und später als Dozent habe ich mich trotzdem weiterhin mit Kabarett auseinandergesetzt. Aber diese Berufe haben mich nie wirklich glücklich gemacht. Deswegen habe ich Anfang 2017 einen neuen Anlauf unternommen und mich bei der Talentschmiede, einem Newcomer Programm des Quatsch Comedy Clubs, beworben. Dort in Berlin bin ich Zweiter geworden, das war der ermutigende Startschuss für meine Aktivitäten auf der Bühne. Ende 2017 habe ich dann in Passau das große Scharfrichterbeil gewonnen, einen relativ wichtigen Kabarettpreis. Seitdem nenne ich mich Kabarettist.
Der erste Auftritt
Meinen ersten öffentlichen Auftritt hatte ich 2009 in einem Kulturzentrum in München-Riem. Ich wollte einfach mal sehen, ob ich es überhaupt schaffe, auf der Bühne zu stehen, die Aufregung zu unterdrücken und irgendetwas aus meinem Mund herauszubringen. Das hat tatsächlich geklappt. Grundsätzlich wusste ich danach: Ich kann der Aufregung und dem Lampenfieber halbwegs standhalten. Aber es liegt noch ein weiter Weg vor mir.
Das Soloprogramm
Ich entwickle mein 120-Minuten-Programm von Auftritt zu Auftritt weiter, nehme jeden einzelnen auf, schaue was funktioniert und was nicht funktioniert hat. Ich versuche immer neue Sachen einzubringen, Schwachstellen rauszunehmen und das Programm vielschichtiger zu machen. Die traditionelle Herangehensweise ist allerdings eine andere: Die meisten Kabarettisten entwickeln ein komplettes Programm, spielen das dann drei Jahre lang und fangen dann wieder von vorne an.
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Das Publikum
Du weißt nie, was für ein Publikum dich am Abend erwartet. Das ist natürlich nicht ohne, ich kalkuliere das Scheitern immer mit ein. Vielleicht sitzen da Leute, die die anderen richtig mit dem Lachen anstecken. Vielleicht sind aber auch Leute da, die die anderen runterziehen. Jeder Auftritt ist mit einer gewissen Unsicherheit verbunden, aber das macht eben auch den Reiz aus. Ein wirklich feindliches Publikum habe ich zum Glück noch nie erlebt, da bin ich einigermaßen verwöhnt. Ich versuche, nicht krampfhaft während des Auftritts die Zuschauer für mich zu gewinnen. Mein Mathelehrer hat früher immer gesagt, dass sein Unterricht ein Angebot ist. Wer mitmachen will, kann das tun. Ich sehe das auch so. Ich zieh mein Ding durch, ohne die ganze Zeit verbissen zu schauen, wem es gefällt und wem nicht. Das verleiht mir wohl eine gewisse innere Unabhängigkeit.
Der perfekte Auftritt
Es gibt eine Handvoll Auftritte, die in meiner Wahrnehmung total geknallt haben. Das ist dann richtig surreal. Generell, wenn ich die Leute zum Lachen bringe, kommt es mir manchmal total unwirklich vor. Ich kann dann gar nicht glauben, dass ich das tatsächlich geschafft habe, dass das gerade die Realität ist.
Das Geld
Was ich pro Auftritt bekomme, ist sehr verschieden. Für einen Soloauftritt bekomme ich zwischen 250 Euro und 800 Euro brutto. Bei Mixedshows, bei denen mehrere KomikerInnen auftreten, kriege ich um die 200 Euro. Aber ich habe noch ein zweites Standbein und arbeite als Dozent für Creative Writing, bin also nicht ausschließlich auf die Einnahmen aus dem Kabarett angewiesen.
Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird
Meistens werde ich gefragt, was ich genau mache. Bist Du Komiker? Kabarettist? Kann man das als Comedy bezeichnen? Ich sage dann meistens: Am ehesten ist es Galgenhumor. Ich habe von Kollegen oft gehört, dass sie dazu aufgefordert werden, einen Witz zu erzählen oder so etwas wie: „Sag mal was Lustiges“, hören. Mir ist das zum Glück noch nicht passiert. Kommt vielleicht noch.