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Wie viel Geld brauchst du zum Leben?

Illustration: Federico Delfrati

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Eigentlich sollte die Gehaltsrechnung ganz simpel sein: Wir investieren einen Teil unserer Zeit, unserer Kompetenzen und unserer Arbeitskraft und im Ausgleich dafür bekommen wir Geld für die üblichen Ausgaben eines Lebens: Wohnen, Essen, Vergnügen, Versicherungen, Altersvorsorge und sonstiges Kinkerlitzchen. Also könnten wir prinzipiell bei der nächsten Gehaltsverhandlung ganz offen sagen: für die Arbeitszeit x verlange ich die Summe y, um davon den Rest meiner Zeit gut leben zu können.

Nur: so einfach ist es nicht. Denn unser Verhältnis zu Geld ist bekanntlich um einiges komplizierter, als man bei einem Tauschmittel für erbrachte Leistungen annehmen könnte. Und in die Gehaltsrechnung gehen sehr viel mehr Faktoren ein, als nur die erbrachte Arbeitsleistung und das benötigte Einkommen. Das fängt schon damit an, dass Gehalt nicht einfach nur eine Entschädigung für entgangene Lebenszeit ist. Sondern auch Anerkennung für erbrachte Leistungen und im schlimmsten Fall Beweis unseres persönlichen Wertes. Wir glauben unglücklicherweise oft, dass derjenige viel wert ist, der viel Geld verdient. Dass das eine ziemliche Milchmädchenrechnung ist, zeigt sich bei einem schnellen Vergleich der Gehaltstabellen von, sagen wir mal Krankenpflegern und PR-Managern. Nicht, dass letztere nicht viel arbeiten würden. Aber wenn das Gehalt tatsächlich an den Wert für die Gesellschaft gekoppelt wäre, würden Pfleger, Erzieher und die Menschen bei der Müllabfuhr sehr viel mehr verdienen und Werbetexter sehr viel weniger. 

Außerdem sind die Bedürfnisse von Menschen durchaus verschieden. Selbst wenn zwei Kollegen denselben Familienstand haben, in der gleichen Stadt leben und ähnliche Interessen haben, gehen ihre Vorstellungen davon, was zu einem schönen Leben gehört, oft weit auseinander.

Der vielleicht fieseste Faktor in dem ganzen Gehalts-Kuddelmuddel sind all die negativen Emotionen, die mit dem Thema Geld einhergehen. Mit Neid und Missgunst und der Angst, abgewertet zu werden. Die Vorstellung, als unfähiger Trottel dazustehen, weil man viel weniger verdient als die Kollegen, ist ungefähr genauso unangenehm wie die Angst, in den Fokus der Teeküchen-Lästergruppe zu geraten, die gehässige Vermutungen darüber anstellt, was man für den fetten Gehaltsscheck zu tun bereit war. Kein Wunder, dass Gehaltsverhandlungen zu den schwierigsten Übungen im Berufsleben überhaupt gehören und nicht wenige Menschen kalte Schweißausbrüche bekommen, wenn sie in einer Bewerbung ihre Gehaltsvorstellungen angeben sollen.

Vielleicht sollten wir uns bei diesem emotional so aufgeladenen Thema deshalb einmal kurz zurücklehnen und noch einmal zurück zur ursprünglichen Rechnung kommen. Dabei hilft etwas sehr Altmodisches: ein Haushaltsbuch (ob Notizbuch oder App ist da egal), in das wir unsere Ausgaben eintragen. Das kann mitunter zu ziemlich erhellenden Erkenntnissen führen: dass wir ein bisschen viel Geld für Schokolade ausgeben, zum Beispiel. Oder dass wir zum Leben gar nicht so viel brauchen, wie wir gedacht hätten.

Wir haben fünf Menschen gebeten, uns eine ehrliche Aufstellung dessen zu geben, was sie pro Monat zum Leben brauchen. Nicht, was sie verdienen. Sie alle waren am Ende erstaunt darüber, wo das Gehalt im Laufe eines Monats landet.

* die Namen wurden von der Redaktion geändert

 

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