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Junge Menschen erzählen von ihrer finanziellen Situation in der Coronakrise
Wegen der Coronakrise hatten viele junge Menschen monatelang erhebliche finanzielle Einbußen. Gastrojobs fielen weg, Festangestellte stehen unter Kurzarbeit, Veranstaltungen wurden abgesagt und bei vielen Selbstständigen reichten die Coronahilfen des Bundes nur für die ersten Wochen der Pandemie. Als Hilfe für Studierende gab es bis heute nur den umstrittenen KfW-Kredit, Selbstständige im Kreativbereich bekamen zu Anfang der Krise eine Soforthilfe vom Staat. Wir haben bei jungen Menschen die studieren, fest arbeiten und freelancen, nachgefragt, wie es ihnen heute finanziell so geht.
„Während des Lockdown habe ich quasi kein Geld ausgegeben“
Lukas, 23, technischer Produktdesigner in Sindelfingen
„Die Autobranche ist ja sowieso krass in der Krise, deswegen war ich mir von Anfang an sicher, dass uns die Corona-Pandemie finanziell hart treffen würde. Ich arbeite in einer Firma, die als Zulieferer für einen großen Autokonzern fungiert. Wir konstruieren zum Beispiel Interior-Teile, die dann später in den Autos verbaut werden. Ende März bekam ich einen Anruf von meinem Chef. Er sagte, ich müsste die nächsten vier Wochen nicht zur Arbeit kommen. Mein Betrieb hatte Kurzarbeit angemeldet, Arbeiten im Home Office war aus Datenschutzgründen nicht möglich. Deshalb saß ich in der Corona-Hochphase fast einen Monat lang daheim.
Ich habe noch 60 Prozent meines Netto-Lohns bekommen. Inzwischen hat mein Betrieb veranlasst, dass Menschen, die auf das Geld zum Leben angewiesen sind, mehr Geld bekommen. Aber das gibt es erst seit Mai. Ich war davon nicht betroffen, weil ich zum Glück Geld gespart habe. Während des Lockdowns habe ich eh quasi kein Geld ausgegeben. Mittlerweile arbeite ich auch wieder jeden Tag. Bei uns in der Firma wechseln sie mit der Kurzarbeit immer durch. Manchmal muss ich arbeiten, manchmal bin ich für ein paar Tage daheim
Bestimmt zieht sich die Kurzarbeit noch bis in das nächste Jahr. Da sind sich eigentlich alle in der Firma einig. Mein Teamleiter hat neulich gesagt, dass wir vermutlich bis März 2021 in Kurzarbeit bleiben. Das wäre dann ein komplettes Jahr, in dem die meisten Leute nur 60 Prozent ihres Nettolohns verdienen. Und die Aussichten danach sind auch nicht rosig. Die Menschen haben gerade einfach kein Geld, um Autos zu kaufen. Außerdem: Bis die Industrie eine vernünftige, massentaugliche Alternative zu Verbrennungsmotoren entwickelt hat, wird sich die schlechte Lage der Branche meiner Meinung nach eh nicht bessern.“
„Mir wurden innerhalb von einer Woche Jobs für 7000 Euro abgesagt“
Katrin, 34, freie Regisseurin in Berlin
„Die Krise hat mich finanziell hart getroffen, es fanden drei Monate lang quasi gar keine Drehs statt. Seit Anfang März sind mir reihenweise Projekte weggebrochen, mir wurden innerhalb von einer Woche Jobs für 7000 Euro abgesagt. Im März und April hatte ich 80 Prozent Umsatzeinbußen. Zum Glück habe ich die Finanzhilfe für Selbstständige im Kreativbereich bekommen, sonst hätte ich ein großes Problem gehabt.
Meine betrieblichen Ausgaben habe ich komplett runtergeschraubt. Versicherung, Steuervorauszahlung, das läuft alles immer noch auf Minimum. Meine Miete konnte ich nur dank der Hilfen zahlen. Der tägliche Cafébesuch und das Essen gehen sind ja eh weggefallen. Leisten hätte ich mir das aber vermutlich nicht mehr können. Mittlerweile läuft das Geschäft langsam wieder an. Viele Projekte hängen mittlerweile auch mit Corona zusammen, ich habe zum Beispiel für eine deutsche Universität ein Online-Projekt zu einem Diversity-Day mitentwickelt, der wegen der Coronakrise flachfiel. Trotzdem leiden alle in der Branche erheblich darunter, dass das Budget für Marketing bei den allermeisten Unternehmen zu Beginn der Coronakrise zuerst gestrichen wurde. Und für Kunst will in der Krise auch keiner Geld ausgeben. Es gibt immer noch wenig Aufträge. Ich bin mir sicher, dass die Kreativbranche noch lange unter der Krise leiden wird.“
„Ich hatte Angst, dass mir das Geld ausgeht“
Daniel, 24 Jahre, Student in Tübingen
„Ich studiere in Tübingen Geschichte und Russisch. Neben dem Studium arbeite ich als Hilfskraft am Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde. Dort unterstütze ich meine Kolleg*innen in der Lehre und in der Forschung. Im Monat arbeite ich dort 35 Stunden. Mit diesem Job und dem Kindergeld finanziere ich mein Leben. Deshalb hatte ich zu Anfang der Coronakrise große Angst, dass mir dieser Job wegbricht. Ich hatte aber Glück. Mein Chef hat darauf geachtet, dass wir auch während des Lockdowns weiterhin arbeiten konnten.
Er hat uns zugesichert, dass die Verträge weiterlaufen. Da hab ich großes Glück, wahrscheinlich mehr als die meisten Studierenden. In den vergangenen Monaten habe ich weniger Geld ausgegeben als sonst. Man konnte ja eh nicht ins Restaurant oder feiern gehen. Trotzdem hatte ich zwischenzeitlich Angst, dass mir das Geld ausgeht. Ich brauche zum Beispiel schon seit Ewigkeiten neue Sportschuhe. Während der Krise habe ich mir lieber keine gekauft. Kann ja sein, dass ich das Geld für was Wichtiges brauche. Man weiß ja nie, was kommt.“