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Gehalt: Was verdient eine MMA-Fighterin
Katharina Dalisda ist professionelle MMA-Fighterin. Von den insgesamt 13 Profikämpfen, die sie bisher hatte, gewann sie zehn. Im September gewann sie als erste Deutsche den “Oktagon MMA”-Titel im Strohgewicht, bis 52,2 Kilogramm. Aufgrund vertraglicher Verpflichtungen nennt sie nicht ihr genaues Gehalt, gibt aber an, wie viel man als Wettkampf-Profi im MMA verdienen kann.
Was man als MMA-Fighterin macht
„Als professionelle Kämpferin trete ich gegen andere Wettkämpferinnen an. MMA steht für Mixed Martial Arts und setzt sich aus verschiedenen Kampfdisziplinen zusammen, darunter zum Beispiel Kickboxen, Ringen oder Jiu-Jitsu. Beim Ringen liegt der Fokus auf Takedowns, also darauf, den Trainingspartner vom Stand auf den Boden zu bringen. Beim Jiu-Jitsu arbeitet man hauptsächlich mit Würge- und Hebeltechniken. Damit lässt sich der Gegner am Boden kontrollieren oder zur Aufgabe zwingen. Gekämpft wird im MMA also sowohl im Stehen mit Schlägen und Tritten als auch am Boden. Ich trete oft in Deutschland an, reise aber auch in andere Länder. Ich habe zum Beispiel schon in London, in der Slowakei oder in Tschechien gekämpft. Die Königsklasse des MMA befindet sich aber in den USA: die Ultimate Fighting Championship, kurz UFC. Wenn von dort ein Angebot kommen sollte, sage ich natürlich nicht Nein.
Wie oft ich tatsächlich kämpfe, hängt von den Rahmenbedingungen ab. Ich bin mit einem Gewicht von 52,15 Kilo eine relativ leichte Frau, Gewichtsklasse Strohgewicht. Dadurch ist es nicht einfach, Gegnerinnen zu finden. Deshalb dauert es manchmal, bis der nächste Kampf stattfinden kann. Männer haben es da leichter. Von denen gibt es einfach mehr im MMA. In meinem bisher aktivsten Jahr hatte ich fünf Kämpfe. Mehr ist aber ohnehin kaum möglich, weil man die Vorbereitungszeit braucht und der Körper sich zwischen den Kämpfen erholen muss.“
Wie der Arbeitsalltag aussieht
„Ich trainiere zehnmal die Woche, also wochentags meistens zweimal am Tag. Die Sporteinheiten sind dabei gesplittet in Ringen, Jiu-Jitsu und Striking, also Schlag- und Tritttechniken aus dem Boxen und Kickboxen. Außerdem mache ich Sparring-Einheiten. So nennt man die Trainingskämpfe, in denen ich alle Disziplinen anwende. Am Samstag mache ich nur eine Einheit, das ist dafür die intensivste der Woche. Das ist auch eine Sparring-Einheit, aber schon sehr ähnlich zum Wettkampf. Darum ist sie konditionell sehr anstrengend. Sonntags habe ich frei. Das ist viel Training, aber es ist auch sehr abwechslungsreich. Weil ich in unterschiedlichen Disziplinen trainiere, ist die Belastung immer eine andere. Darum wird es nie langweilig. Bei Einheiten, die technischer sind, trainieren wir Situationen ohne Gegenwehr, weil man sich auf die Details der Bewegungen konzentriert. Sparring-Einheiten dagegen sind anstrengender.
Außerdem machen wir sowohl Kraft- als auch Konditionsübungen, die den Bewegungsabläufen entsprechen, die man auch bei den verschiedenen Disziplinen benötigt. Im Sommer gehen wir einmal die Woche auf die Laufbahn. Dort mache ich Sprints und Sprünge. Die Sprints sind nur etwa 20 Meter lang. Man braucht diese Explosivität beispielsweise beim Ringen, wenn man nach vorne geht, um den Kontakt zum Gegner zu suchen. Oft machen wir auch 400 Meter-Intervalle mit je einer Minute Pause dazwischen. Die Rundenpausen beim Kampf sind genauso lang. Diese Intervalle trainieren die anaerobe Ausdauer, also unter Sauerstoffmangel.“
Was der Job mit dem Privatleben macht
„Mein ganzes Leben ist zu hundert Prozent auf den Sport ausgerichtet. Nach dem Training achte ich darauf, mich zu regenerieren und sinnvoll zu essen. Gerade in der Wettkampfvorbereitung nehme ich recht viel Eiweiß, Ballaststoffe und Kohlenhydrate zu mir, dafür möglichst kein Zucker und kein Fett. Außerhalb der Vorbereitung esse ich mehr Kohlenhydrate und hin und wieder auch mal fettige oder zuckerhaltige Speisen. Das mache ich aber nur, solange die physische Form im Training nicht darunter leidet.
Nach einem anstrengenden Trainingstag hat man abends nicht groß Lust, um die Häuser zu ziehen. Dadurch ist es nicht immer einfach, den Kontakt zu Freunden zu halten. Mein Freund ist auch MMA-Kämpfer. Das ist praktisch, weil er genau weiß, was ich durchmache. Tatsächlich habe ich außerhalb des Sports nur wenige Freunde. Die sehe ich nur alle paar Wochen mal zum Abendessen oder bei besonderen Anlässen. Aber das liegt auch daran, dass sie in anderen Städten wohnen. Schwieriger ist die Beziehung zu Arbeitskollegen, denn um mich zu finanzieren, habe ich noch einen Teilzeitjob in einer Sportmarketing-Agentur. Weil mein Alltag so durchgetaktet ist, bleibt für Zwischenmenschliches nicht viel Zeit. Das wirft mir aber niemand vor. Es wissen ja alle, warum das so ist.
Ich lebe in Frankfurt, meine Familie in der Nähe von München. Daher sehe ich sie nur selten. Meistens besuche ich sie nach Kämpfen für ein paar Tage, weil ich mich in dieser Zeit regeneriere und sowieso nicht trainiere. Natürlich bleibt einiges auf der Strecke, aber das ist eben der Preis, den man für die Karriere zahlt.
Man kann den Sport nur für eine begrenzte Zeit machen. Es gibt kaum Kämpfer:innen, die älter als 40 sind. Natürlich kommt es darauf an, wie gut der Körper die Kämpfe wegsteckt, aber man hat nur sehr begrenzt Zeit, Karriere zu machen. Deshalb möchte ich jetzt alles für den Sport geben.“
Wie ich zu MMA gekommen bin
„Eigentlich bin ich durch einen Zufall zum MMA gekommen. Ich habe mit fünf Jahren angefangen, Judo zu machen und bin 17 Jahre dabei geblieben. Als ich dann für meinen Master in Sportmanagement nach Darmstadt gezogen bin, war kein Judoverein mehr in der Nähe. Stattdessen habe ich Ausdauersport gemacht, aber das ist mir irgendwann zu langweilig geworden. Während eines Halbmarathons habe ich mich mit jemandem unterhalten, der Kickboxen macht. Und ich dachte: Das klingt cool. Das probiere ich aus. Ich bin dann einfach in die nächste Kampfsportschule gegangen und mich hat das sofort gepackt.
Als ich in mein aktuelles Studio gewechselt bin, wollte ich gar kein Profi werden, sondern nur einmal kämpfen, um die Erfahrung gemacht zu haben. Ende 2018 durfte ich dann das erste Mal im Wettkämpfer-Team mittrainieren. Meinen ersten Amateurkampf hatte ich im Frühjahr 2019. Davon habe ich drei Stück gemacht und im September 2019 hatte ich dann meinen ersten Profikampf. Das Kämpfen an sich hat mir viel Spaß gemacht, aber auch, zu sehen, wie ich mich durch das Training verbessere. Darum habe ich nach dem ersten Profikampf entschieden: Ich will für den Kampfsport so viel wie möglich aus mir rausholen. Damit ging’s dann richtig los.“
Welche Fragen man auf Partys gestellt bekommt
„Besonders interessant ist für andere Menschen, wie es als Frau ist, MMA-Fighterin zu sein und ob ich auch Frauen als Trainingspartner habe. Tatsächlich bin ich in der Wettkämpfer-Gruppe meines Studios die einzige Frau. Ich trainiere also nur mit Männern. Ich weiß nicht, woran es liegt, dass es im Kampfsport so wenige Frauen gibt. Ich glaube, viele haben eine Hemmschwelle, weil sie wissen, dass es nur wenige Frauen hier gibt und man zu einem männlichen Trainingspartner viel Vertrauen braucht. Man weiß, der ist einem körperlich überlegen. Und wenn er sich nicht anpasst, dann ist das Verletzungsrisiko für mich als Frau hoch.
Von Monat zu Monat werden es aber mehr Frauen, die sich hier im Studio anmelden und auf verschiedenen Niveaus trainieren. Meistens machen die aber kein MMA, sondern Kickboxen. Ich denke, weil die körperliche Hürde geringer ist. Beim Ringen muss man zum Beispiel oft das Gewicht des Trainingspartners heben und man hat mehr Körperkontakt. Beim Boxen und Kickboxen hat man diesen engen Kontakt nicht und kann auch viel ohne Trainingspartner arbeiten.“
Welche Eigenschaften man für den Job braucht
„Man muss als MMA-Kämpfer:in immer offen sein für Kritik und Vorschläge. Nur so kann man sich stetig weiterentwickeln. Aber besonders wichtig sind ein gesunder Ehrgeiz und viel Durchhaltevermögen. Man darf sich von einer Niederlage im Kampf nicht entmutigen lassen. Gerade am Anfang, wenn man nicht nur physisch, sondern auch technisch unterlegen ist, muss man durchhalten und immer weiter trainieren.
Für die Motivation ist es unfassbar wichtig, dass man den Sport liebt. Wenn man nicht richtig Bock drauf hat, ist es schwierig, dran zu bleiben. Ich muss mich nie zwingen, ins Training zu gehen. Eher muss ich mich bremsen, wenn ich merke, dass ich gesundheitlich angeschlagen bin. Es kostet mich dann Überwindung zu sagen: Heute setze ich aus.“
Vorstellung vs. Realität
„Es gibt viele verschiedene Meinungen über MMA. Viele, die das über Social Media verfolgen, stellen sich alles einfacher vor, als es ist. Die denken, ich trainiere zweimal, fetze mal kurz alle weg und stehe dann im Rampenlicht. Die merken gar nicht, wie viel Arbeit dahinter steckt.
Andere wiederum haben viel Respekt vor dem Kampfsport. Viele sagen mir, sie würden sich das nie zutrauen, weil es so viel Arbeit ist und weil sie Angst hätten, sich zu verletzen. Diese Angst habe ich im normalen Trainingsalltag nicht. Kurz vor Kämpfen geht man dem Verletzungsrisiko aber etwas mehr aus dem Weg. Ich wähle dann zum Beispiel einen Trainingspartner, den ich kenne.
Interessant ist, dass viele Menschen denken, Kampfsportler seien privat aggressiv. Das merke ich an Menschen, die mir auf Social Media folgen und mich nur als Athletin kennen. Wenn sie mich dann persönlich treffen, sind sie immer erstaunt, dass ich ein ganz normaler Mensch bin. Natürlich zieht Kampfsport auch Menschen mit großem Aggressionspotenzial an, aber gerade im professionellen Bereich sind die Menschen eigentlich sehr ruhig und angenehm.“
Meine schlimmste Verletzung bisher
„MMA ist ein Kampfsport. Da kassiert man natürlich auch mal. Tatsächlich bin ich mit Verletzungen bisher aber gut weggekommen. Das Spektakulärste war, dass ich einmal im Training durch ein Knie K.O. gegangen bin. Das lag aber nicht am Trainingspartner, das war einfach doofes Timing. In dem Moment, in dem er das Knie nach oben gezogen hat, bin ich mit dem Kopf nach unten gegangen.
Das Knie hat Gott sei Dank meinen Mundschutz auf der oberen Zahnreihe getroffen, sodass ich keine Verletzung davon getragen habe. Als Sicherheitsmaßnahme habe ich trotzdem die Wochen danach nur leichtes Training ohne Erschütterungen gemacht. Dass im Training so etwas passiert, ist aber eine Ausnahme. Wir passen gut aufeinander auf. Man will ja nicht die Karriere aufhalten, indem man sich gegenseitig verletzt.“
Wie viel man verdient
„Die Haupteinnahmequelle als Kämpfer ist die Kampfgage. Die kann zwischen 500 Euro und einer Million liegen. Wie viel man aber tatsächlich bekommt, ist von vielen Faktoren abhängig. Es spielt zum Beispiel eine Rolle, auf welchem Niveau man kämpft, wie beliebt man bei den Fans ist und ob man attraktive Kämpfe liefert.
Es gibt aber auch noch andere Einnahmequellen, zum Beispiel durch Sponsorengelder. Und man wird manchmal auch an den Ticketverkäufen für die Kämpfe beteiligt. Neben dem Job in der Agentur arbeite ich zusätzlich an der Theke in dem Studio, in dem ich trainiere.“