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Gehalt: Ein Influencer spricht über seine Karriere
Wie sieht dein Arbeitsalltag als Influencer aus?
Ich habe keine genauen Arbeitszeiten, oft drehe ich abends noch eine Story. Es gibt keine festen Zeiten oder Abläufe, an denen ich mich orientieren kann. Wenn ich Videos für Youtube drehe, wo ich am aktivsten bin, gehen dafür zwischen drei und acht Stunden drauf. Dazu gehört Planung, gegebenenfalls Materialien bestellen oder kaufen, Drehen und Bearbeitung. Sonst produziere ich jeden Tag Storys auf Instagram, kümmere mich um Organisatorisches, wie das Beantworten von Kooperationsanfragen, oder erstelle weiteren Content auf Tiktok. Im Schnitt gehen für meine reine Influencer-Tätigkeit pro Tag drei Stunden drauf.
Mittlerweile bin ich aber auch kein „reiner“ Influencer mehr, da ich mit einem Kumpel eine Influencer-Agentur gegründet habe, durch die ich mein Wissen weitergebe und auch andere Influencer vertrete. Wir planen etwa Werbekampagnen und Kooperationen für Unternehmen und recherchieren, mit welchen Influencern man zusammenarbeiten kann. Dabei arbeiten wir weitestgehend von zu Hause aus. Ich bin dabei für die Strategie zuständig. Die Arbeit für die Agentur ist auch ein Full Time Job, wann immer etwas anfällt, setze ich mich daran. Nebenher studiere ich Medien- und Kommunikationsmanagement in Köln, damit bin ich aber so gut wie fertig.
Welche Zielgruppen wichtig sind
Meine Zielgruppe ist ziemlich breit. Von achtjährigen Kindern bis hin zu siebzigjährigen Rentnern. Die älteren sind dann meistens die stillen Zuschauer, die sich für die neuen Medien interessieren. Meine Hauptarbeit findet auf Youtube statt. Auf meinem Hauptkanal besteht ein Großteil meines Contents aus Unboxing und unterhaltsamen Produkttests, meistens von Gadgets, die oft aus China kommen. Sonst sind auch viele Experimente dabei, wie beispielsweise Cent-Auktionen. Dabei kann man mit wenig Geld für teure Geräte bieten, und mit viel Glück ergattert man ein gutes Handy für fünf Euro. Auf meinem Zweitkanal habe ich mit Reactionvideos angefangen.
Auf Instagram bin ich nicht ganz so aktiv. Da poste ich meistens Storys aus meinem Alltag, damit der Algorithmus meinen Account weiterhin pusht, ab und zu schöne Bilder und Werbefotos für Kooperationen. Auf Tiktok poste ich Ausschnitte von Youtubevideos, bin aber auch da nicht so aktiv. Dasselbe gilt für Snapchat, Twitter und Facebook.
Vorurteil oder Warheit? Influencer verdienen viel Geld für wenig Arbeit
Dieses Vorurteil trifft teilweise schon zu. Es gibt beispielsweise Jugendliche, die auf Tiktok und Instagram eine halbe oder sogar eine Million Follower haben. Dann hauen die ein Werbebild raus und verdienen mal eben 10 000 Euro damit. Ein gutes Bild braucht zwar auch mal drei bis vier Stunden Arbeit, aber diese Geld sprengt natürlich vollkommen den Rahmen, gerade in diesem Alter. Werbung hat einfach ihren Preis, im Endeffekt wird ja für die Reichweite bezahlt und nicht für die Arbeit, die man da reinsteckt. Diese Reichweite muss man sich aber auch erst mal aufbauen, da muss man hartnäckig dran bleiben. Das ist ein langer Weg und erfordert viel Kreativität.
Wie gehst du mit dem oft negativen Image von Influencer*innen um?
Ich bin schon so lange als Influencer aktiv, dass mir Hasskommentare mittlerweile total egal sind. Wenn überhaupt, machen sich meine Freunde manchmal über mich lustig. Wenn ich zum Beispiel sage, ich kann mich nicht treffen, weil ich noch arbeite, sagen sie: „Du arbeitest doch gar nicht richtig.“ Das ist aber auch immer nur als Spaß gemeint, sie greifen eben die Vorurteile über diesen Job auf.
Das Geld
Das variiert von Monat zu Monat. Hauptsächlich verdiene ich über Youtube Geld. Durch Werbeblocks in Videos verdient man da recht gut, in meinem Fall zwischen 4000 und 7000 Euro brutto monatlich, was aber gerade in den Monaten vor Weihnachten nochmal deutlich mehr werden kann. Meine zweite Einnahmequelle sind Kooperationen mit Unternehmen. Das variiert auch total, je nachdem, was produziert werden soll. Es macht einen Unterschied, ob ich ein ganzes Youtube-Video drehe oder im Video nur 60 Sekunden über die Marke oder das Produkt spreche, ein Instagram-Foto oder ein Tiktok erstelle. Wenn ich ein ganzes Werbevideo drehe und zusätzlich auf Instagram ein Posting und eine Story hochlade, reden wir da bei mir als Standardsatz über etwa 10 000 Euro. Das ist Verhandlungssache und von Influencer zu Influencer unterschiedlich. Im Schnitt komme ich durch die Werbekooperationen im Monat auf zusätzlich 7000 Euro brutto. Damit komme ich auf ein monatliches Gesamteinkommen von etwa 12 000 Euro brutto, in den Monaten vor Weihnachten verdiene ich auch bis zu 30 000 Euro, wenn es extrem gut läuft. Das hört sich erst mal extrem viel an, ich habe aber auch einige Ausgaben. Zum Beispiel, wenn ich Technik zum Testen für meine Youtube-Videos kaufe.
Nach welchen Kriterien wählst du deine Kooperationen aus?
Ich bin offen für vieles. Was ich nicht annehme, sind ausländische Anfragen zu irgendwelchen Elektro-Gadgets, weil die meistens sehr unseriös sind. Was ich auch nicht mache, sind Glücksspiele. Auch wenn man von Wettanbietern wirklich fette Angebote bekommt, lehne ich die grundsätzlich ab. Nachher riskiert man einen Shitstorm und das ist es mir nicht wert. Auch zu politischen Themen mache ich nichts. Das ist nicht mein Job. Bisher habe ich viel mit der Telekom und mit Coca Cola zusammengearbeitet; das sind dann langfristige Kooperationen. Auf Youtube binde ich oft Apps ein, zum Beispiel für Steuermanagement. Und auf Instagram kooperiere ich gerne mit Kleidungsmarken.
Wie bist du zu dem Job gekommen?
Aus Spaß – ich hatte Lust, Videos zu drehen, und der Rest hat sich von alleine ergeben. Mit 13 habe ich mit einem Freund zusammen Comedy-Videos und Songparodien gedreht. Dann habe ich das Hobby alleine weiter geführt und dadurch Leute kennengelernt, die auch in den Startlöchern waren und heute ziemlich bekannt sind. Nach einer Pause habe ich mit 17 dann angefangen, das professioneller zu betreiben. Als es dann bei mir langsam lief, habe ich die Leute auch wieder getroffen, die zu der Zeit schon total bekannt waren. Das hat mich sehr gepusht. Durch mein Studium habe ich mir viel Wissen in Marketing und PR angeeignet und Interesse entwickelt, auch mal hinter der Kamera zu stehen, weswegen wir die Agentur gegründet haben.
Was ist dein Plan, falls es auf Youtube oder Instagram mal nicht mehr so läuft?
Ich denke, dass es die nächsten fünf bis zehn Jahre so weitergehen wird wie bisher. Auch für meinen Content sehe ich auf Youtube eine Zukunft, ich werde ja auch älter und passe meinen Content und die Themen dann an. Und falls das Influencer-Dasein bei mir nicht mehr läuft, habe ich die Agentur. Außerdem biete ich bereits Produkte an, die unter einer anderen Marke stehen und nichts mit mir als Person zu tun haben. Das sind kleine technische Gadgets wie beispielsweise Mini-USB-Staubsauger fürs Auto. Bald werde ich auch einen eigenen Online-Shop eröffnen, wo ich als Person solche Dinge verkaufe. Damit habe ich mir dann im Bereich E-Commerce und Online-Handel ein weiteres Standbein aufgebaut, das mir Sicherheit gibt.
Gibt es Momente, in denen dir dein Beruf sehr schwerfällt?
Stressige Situationen gibt es immer mal wieder, und auch wenn ich meinen Job nicht aufgeben möchte, habe ich meine Situation natürlich auch schon hinterfragt. Bis vor Kurzem hab ich noch in Köln gewohnt und bin wieder nach Hause in mein Dorf gezogen. Nebenbei das Studium und Youtube zu machen, ist hart. Ich musste zu der Zeit viele Videos produzieren, um weiter im Trend zu bleiben, und hatte irgendwann ein dauerhaftes Stressgefühl. Da hab ich mich schon gefragt, warum ich nicht eine ganz normale Ausbildung gemacht habe, bei der ich morgens um acht Uhr anfange, mein Chef mir sagt, was zu tun ist, und ich abends einfach Feierabend habe.
Was war bis jetzt deine größte Herausforderung?
Die Selbstständigkeit in einem so jungen Alter. Mit 17 oder 18 muss man sich eigentlich nicht so intensiv mit Steuern und Finanzen auseinandersetzen, darauf war ich gar nicht vorbereitet. Viele verschulden sich in so einer Situation, weil sie ihr Geld direkt ausgeben und dann das Finanzamt um die Ecke kommt. Komplett auf sich gestellt zu sein und mit Dingen umzugehen, für die man eigentlich noch zu jung ist, war schon eine große Herausforderung.
Welche Frage wurde dir (vor der Pandemie) auf Partys immer wieder gestellt?
Ich werde oft auf meinen Job angesprochen, gerade wenn die Leute betrunken sind. Die Frage lautet immer: „Wie viel verdienst du denn eigentlich?“ Oft kannte ich auf Partys nur meine Freunde, aber viele der Anwesenden kannten mich – das kann auch ein Nachteil sein. Gerade betrunkene Menschen wollen sich beweisen und fangen dann intime Gespräche mit mir an.
Welche Fähigkeiten sollte man als Influencer*in mitbringen?
Spaß an der Sache und Kreativität sind ganz wichtig! Durchhaltevermögen auf jeden Fall. Und man sollte nicht davor zurückschrecken, sich mit Dingen wie Steuern und Finanzen auseinanderzusetzen.