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Wie heißt deine Autobiografie?
Zu Schulzeiten gab es in meinem Freundeskreis eine Art Spiel. Jemand, nennen wir ihn Tom Müller, sagte etwas, das sehr zu ihm passte, zum Beispiel: „Vor Mittag komm ich nicht aus den Puschen“. Jemand wiederholte dann diesen Satz mit der Ergänzung: „Eine Autobiografie von“, also so: „Vor Mittag komm ich nicht aus den Puschen – eine Autobiografie von Tom Müller“. Das machte eine Menge Spaß und mit der Zeit kam jeder von uns zu vielen Titeln, die er dereinst mal auf seine Autobiografie schreiben könnte, sollte er denn jemals eine verfassen. Ich habe einem Freund sogar mal ein Notizbuch zum Geburtstag geschenkt, in das ich so viele Titel für seine Lebensrückschau hineingeschrieben habe wie mir einfielen.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Es ist nie zu früh, darüber nachzudenken, welcher Titel mal auf der Autobiografie stehen soll.
Die Autobiografietitelsuche ist kein einfaches, aber ein sehr schönes Gedankenspiel, das viel Spaß macht. In der letzten Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung haben Politiker Fragen zu ihrer kulturellen Praxis und ihrem Alltag beantwortet. Eine der Fragen war, welchen Titel ihre Autobiografie tragen soll. Die meisten antworteten darauf: „Dafür bin ich noch zu jung!“ Dabei ist man für Autobiografietitel nie zu jung, man ist höchstens zu jung, um tatsächlich schon eine zu schreiben. Aber die befragten Politiker haben immerhin alle schon ein Leben, auf das sie zurückblicken können. Das hat man ja sogar schon, wenn man erst 10 oder 15 Jahre alt ist, und darum kann man zu jedem Zeitpunkt überlegen, welcher Titel den zurückliegenden Jahren am besten stehen würde. Dabei ist man immer auch auf der Suche nach dem besten Rezept, nach der richtigen Mischung aus Bedeutungsschwere und Lakonie, Ernst und Witz. „Ich weiß, ich war’s“ von Christoph Schlingensief oder „Leben, um davon zu erzählen“ von Gabriel García Márquez sind zwei der besten Beispiele für gut gewählte Autobiografietitel. „Außer Dienst“ von Helmut Schmidt ist auch nicht schlecht, wohingegen Boris Becker mit „Augenblick, verweile doch...“ etwas zu tief in die Bedeutungskiste gegriffen hat und man bei Dieter Bohlens „Nichts als die Wahrheit“ einschläft, bevor man das Buch überhaupt aufgeschlagen hat.
Hast du dir schon mal Gedanken über einen Titel für deine Autobiografie, also quasi für dein Leben gemacht? Wie lautet wer? Und wenn nicht: Hier und heute ist der richtige Zeitpunkt es zu tun! Welcher Titel sollte auf dem Buch über dich selbst stehen (auch, wenn du es vielleicht niemals schreiben wirst)?
Text: nadja-schlueter - Foto: es.war.einmal / photocase.com