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Man bräuchte jetzt den Helten noch etwas dringender als sonst. Der kann das: die unglaublichen Emotionen, die der Fußball mit sich bringt – die Freude, der Hass, die Euphorie, der Taumel, die bodenlose Enttäuschung –, in Worte übersetzen. Nach dem 7:1 gegen Brasilien hat er das ja ganz wunderbar gemacht. Er ist Fan. Taktik versteht er auch. Ich nicht. Ich bin ungeeignet, das hier zu schreiben. Aber wir sind unterbesetzt. Einer muss es tun. Ich tue mir wenigstens mit dem Aufstehen leichter – ich habe gestern nicht sehr gefeiert.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Eigentlich wollte ich mich also rausmogeln aus der Nummer. Ich wollte nur eine Frage schreiben:  

Wie fühlt es sich für dich heute an?  

Das ist ja, dachte ich, die einzig relevante Frage, die am Tag nach einer Fußball WM stehen kann. Welche Emotionen sind da gerade? Aber dann bin ich zu früh aufgewacht und habe gemerkt, dass selbst bei mir, dem Semi-Fußball-und-überhaupt-nicht-Nationalwettkampf-Fan, so viele Szenen im Kopf aufblitzen. Wenige vom Jubel und dem ganzen Pokal-Geschwenke. Ich sehe Dinge, die drumherum passiert sind:  

Die wenigstens für mich ungewohnte Masse an weinenden Menschen in diesem Jahr – Spieler, Fans, Trainer. Der kleine brasilianische Junge mit der Brille und dem Cola-Becher, dessen Tränen beim 7:1 sie so oft gezeigt haben.  

Wie die Frau, die ich gut kenne, jedes Mal fast mitgeweint hat, wenn die Bilder wieder kamen.  

Wie dieselbe Frau nach dem Finale auf ihrem Fahrrad laut klingelnd nach Hause fuhr und sich jedes Mal so herrlich kindlich freute, wenn ihr jemand auf ihr Gebimmel hin zujubelte.  

Die geschminkten Fahnen-und-Bier-Schnwenker kurz vor unserer Wohnung, die mit umfassend erhabener Widerlichkeit blökten: "Wir werden sogar mit Schwuchteln Weltmeister!"

Die beinahe schon frappierende Coolness, die Manuel Neuer während des Turniers entwickelt hat (oder hatte er die schon immer?).  

Der Blick – oder vielmehr der Nicht-Blick – den Christoph Kramer hatte, als man ihn mehr vom Feld trug als dass er lief. Und den er den restlichen Abend auch nicht mehr loswurde.  

Lothar Matthäus wie er im Stadion steht und das vielleicht einsamste Selfie des Turniers machte.  

Das unwahrscheinlich laute Pfeifkonzert, das aufbrandete, als Sepp Blatter ins Bild kam.  

Die Frage, wie er das aushält?  

Die Beobachtung, dass ihm trotzdem jeder Nationalspieler die Hand schüttelte.  

Die vornehme, faire Zurückhaltung – vielleicht sogar Gehemmtheit? – mit der Joachim Löw feierte, die ich extrem sympathisch finde.  

Um das also abzuschließen: Was bleibt für dich von der WM 2014 in Erinnerung? Auf dem Platz. Drumherum. Bolz es raus!

Text: elias-steffensen - Foto: afp

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