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Vom Smartphone dahingerafft
Neulich in der S-Bahn: Noch 20 Minuten zu fahren, aber nichts zu lesen dabei. Griff in die Tasche, Smartphone raus. Stumm und schwarz liegt es in meiner Hand. Akku leer.
Vor ein paar Jahren noch hätte ich in der fast leeren Bahn um mich geblickt. Auf mindestens einem der verlassenen Sitze hätten Teile einer Zeitung gelegen, die jemand während der Fahrt gelesen und liegen gelassen hat. Ich hätte in der Überraschungstüte S-Bahn-Abteil gewühlt, vielleicht den Sportteil der AZ gelesen oder ein paar skurille Meldungen in der BILD. Zu Hause hätte ich dann zu meiner Freundin sagen können: "Rate mal, was ich vorhin in der S-Bahn in der Bild-Zeitung gelesen hab, die neben mir auf dem Sitz lag!"
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Ich habe diesen Satz sehr lange nicht mehr gesagt. Früher war er ein Standardsatz. Das soll jetzt gar nicht nostalgisch und nach "Früher war alles besser" klingen. Ich stelle einfach nur fest. Und während ich weiter in der S-Bahn sitze und nichts zu lesen und zu tun habe, fallen mir noch ein paar andere Sätze ein, die das Smartphone im Laufe der Zeit auf das Abstellgleis der Deutschen Sprache verbannt hat:
"Können Sie mir sagen, wo auf dieser Karte wir uns gerade befinden?!"
"Dass wir die Kamera ausgerechnet jetzt zu Hause gelassen haben!"
"Hängt das Bild nicht schief?"
"Wo ist jetzt hier wohl Norden?"
"Ich freue mich, dass ich eure ungeteilte Aufmerksamkeit habe."
"Ich gebe Ihnen mal noch unsere Faxnummer."
"Nimmst du ein Radio mit, damit wir auf der Hochzeit die Bundesliga-Konferenz hören können?"
"Schatz, hast du an den Wecker gedacht?!"
"Wollen wir Brieffreunde sein?"
"Ich schreib mir das als Reminder schnell auf die Hand."
"Pack unbedingt den Gameboy ein, für die Zugfahrt"
Fallen dir noch weitere ausgestorbene Sätze ein? Vermisst du einige davon besonders? Welche können gerne auf ewig in der Hölle schmoren?
Text: christian-helten - Illustration: Katharina Bitzl