Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Spendenaufruf!

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Beim Weg durch die Innenstadt ist es neulich wieder passiert: ich schleppte mich mit meinen Einkaufstüten ab, blieb alle paar Meter mit meinen völlig durchweichten Schuhen in den Schneewehen stecken und eigentlich wollte ich nur noch nach Hause. Doch dann sprach er mich an: "Hast du einen Augenblick Zeit?"
"Nein!", wollte ich zurückkeifen. Oder einfach stumpf die Augen auf den Boden richten und so tun, als würde ein unsichtbarer Kopfhörer meine Ohren verstopfen. Doch dann kam der magische Satz: "... es ist auch für einen guten Zweck."

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Der Vorwurf dahinter schwang sofort mit. "Eine Minute für einen guten Zweck. Das kann doch nicht zuviel sein." Mein Gewissen meldete sich. Zu häufig hatten mir Spendensammler in so einer Situation hinterhergerufen: "Dir ist das Elend deiner Umwelt also egal?" und dabei traurig geguckt. So musste sich der Chef von BP fühlen, nachdem die Ölplattform im Meer versunken war. Also blieb ich stehen. "Worum geht's denn?", fragte ich verunsichert. Der Typ mit der Spendenbüchse strahlte mich an. "Ey, voll cool von dir, dass du zuhörst. Ich verschenke hier Bücher über die indische Kultur. Da sind total weise Ratschläge drin, die dir das Leben erleichtern werden. Ich bin nämlich 'n Mönch musst du wissen!" Dass Mönche meistens keine Trekking-Outdoor-Jacken tragen, nicht "ey cool" sagen und das Wort "verschenken" im Widerspruch zu seiner Spendenbüchse stand, hätte mir in jenem Moment bewusst werden sollten.
Stattdessen dachte ich: "Dem armen Mann ist sicher kalt!"
Drei Minuten später hatte ich fünf Euro gespendet und war im Besitz eines schlecht gedruckten Buches über indisches Tantra (oder Mantra?). Der Mönch schenkte mir noch sein strahlendstes Lächeln und schlug im Hamburger-Kiez-Style auf meine ausgestreckte Hand ein. Kurz darauf sollte mir ein Bekannter erzählen, dass der sogenannte Mönch immer in der Fußgängerzone unterwegs sei, um bereitwillige Spender zu melken.
Ich fühlte mich betrogen. Zudem war in meiner Kasse absolute Ebbe. Zuvor hatten nämlich bereits die süßen Unicef-Kinder, die arme alte Frau mit der Drehorgel sowie eine Tierschutzorganisation ihren Tribut eingefordert. Doch wie macht ihr das? Was habt ihr für Ausreden, um nicht spenden zu müssen? Oder zückt ihr auch bereitwillig die Geldbörse, wenn es mal wieder darum geht, den Samariter zu statuieren?

Text: charlotte-haunhorst - Bild: ddp

  • teilen
  • schließen