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Sieben? Sieben!

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Eigentlich sollte an dieser Stelle ja heute ein anderer Text stehen. Ein Ticker über das Halbfinalspiel gegen Brasilien? Pah, brauchen wir nicht, dachten wir in der Themenkonferenz gestern, Deutschland im Finale oder nicht, Löw noch da oder nicht, Brasilien Titelfavorit oder nicht, da kann man drüber diskutieren im Ticker, kann man aber auch ziemlich gut bleiben lassen.  

Und dann das.  

Dieses Spiel. Dieses Spiel, das man nicht glauben kann. Das noch hervorgekramt und mit Ehrfurcht besprochen werden wird, wenn Miro Kloses Enkel 36 Jahre alt sind.  

Also weg mit dem alten Tickertext, ein neuer muss her. Einer, bei dem man aber eigentlich gar keine konkrete Frage stellen kann, weil wahrscheinlich eh alle noch viel zu aufgeregt durcheinander reden werden und es ja auch vieles zu besprechen gibt, so vieles:  

Sieben Tore.  

Die manchmal eingeblendete Toranzeige auf dem Fernseher, in der irgendwann nicht mehr genug Platz war, um alle Tore gleichzeitig zu zeigen.  

Das Rekordtor von Klose, der keinen Salto machte.  

Ronaldo, bisher WM-Torschützenkönig, der auf der Tribüne in sein Kommentatoren-Mikro beißen zu wollen scheint.  

Kroos, der nach dem 3:0 weitertrabt, als wäre es etwas Selbstverständliches, nach 20 Minuten das 3:0 in einem Halbfinale gegen Brasilien zu schießen.  

Das Gefühl nach dem vierten oder fünften Tor, jetzt gar nicht mehr so richtig jubeln zu wollen, weil einem die brasilianische Mannschaft ein bisschen leid tut.  

Die Angst, dass Brasilien jetzt in eine tiefe Krise stürzt, dieses Land, das den Nationalstolz und den Fußball doch so ernst nimmt.  

Die Frage, ob irgendjemand auf der Welt dieses Ergebnis wohl richtig getippt hat. Und was er damit wohl gewinnt.  

Die Frage, ob dieses Spiel jetzt wirklich "Das Wunder von Belo" getauft wird und ob das nicht zu sehr nach Hundename klingt.

Manuel Neuer, der sich echt ärgert, als das 7:1 fällt.  

Torwart Júlio César, der nach dem Spiel im Interview kein Interview gibt, sondern eine Ansprache hält, die eines Bundespräsidenten würdig wäre. 

Verteidiger David Luiz, der zum Interview mit rotgeweinten Augen erscheint und nur einen Satz herausbringt.  

Der Junge mit dem Cola-Becher und der Brille, der nach dem dritten oder vierten Tor eingeblendet wird und so bitterlich weint.  

Der alte Mann mit dem grauen Schnauzbart, der nach dem Spiel traurig eine Attrappe des WM-Pokals umarmt, sich noch daran festzuklammern scheint.  

Was die Holländer jetzt wohl denken, und die Argentinier.  

Dass man trotz einem solchen 7:1 noch nicht Weltmeister ist. Und es vielleicht auch nicht wird.  

Da ist noch so viel mehr. Also los. Anpfiff! 



Text: christian-helten - Foto: Reuters

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