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Schreiben und Lesen für Anfänger
Als Erstsemester hat man's schwer. Die Dozenten seufzen, weil sie die gleiche Grundlagenvorlesung zum hundertsten Mal halten müssen, die älteren Studenten belächeln einen und dann verläuft man sich auch noch andauernd im Unigebäude, weil sich die Treppenaufgänge anscheinend regel- und hogwartsmäßig verschieben. Klar, dass sich da vor lauter Stress, Angst und Zurechtfindenmüssen schon mal ein paar Rechtschreibfehler ins erste Referats-Handout einschleichen. Doch nun besagt eine neue Studie, dass es leider gar nicht mehr ein paar, sondern besonders viele Fehler sind, die die Studienanfänger hierzulande machen.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Angestoßen hat diese Studie Gerhard Wolf, Philologieprofessor der Universität Bayreuth. Er hat an geisteswissenschaftlichen Fakultäten deutscher Universitäten nachgefragt, wie es um die Leistungen der jungen Studenten steht. Wolfs Fazit: Das Ergebnis sei „bestürzend". Die Studenten hätten Probleme mit Rechtschreibung und Grammatik sowie mir dem Formulieren zusammenhängender Texte. Beim Lesen und dem Textverständnis hapere es auch und einer 90-minütigen Vorlesung konzentriert zu folgen falle ihnen ebenfalls schwer. "Die Fakten stehen doch eh alle im Internet, ich muss deshalb in der Vorlesung nicht alles verstehen", das sei die Haltung, mit der sich die meisten Lernenden anscheinend in den Hörsaal begäben. Gegen diesen Niedergang der Sprachkompetenz müssen laut Wolf zum einen die Schulen anarbeiten, zum anderen die Hochschulen, indem sie „Vorschaltkurse" anbieten, die Basiswissen vermitteln, bevor die Abiturienten ins Studium starten.
Klingt alles sehr erschreckend. Erstmal. Dann fragt man sich allerdings, wie repräsentativ diese Umfrage ist. Befragt wurden ausschließlich Dozenten, deren Meinung von Studenten nicht immer die beste ist (wie eine andere Studie zeigt). An tatsächlichen Referaten oder Texten von Studienanfängern wurde das Ergebnis nicht überprüft, auch ihr Textverständnis wurde nicht aktiv untersucht. Und bei so manch einer 90-Minuten-Vorlesung ist auch schon vor dreißig Jahren der ein oder andere Student eingeschlafen. Möglicherweise ist es einfach nur die neue Masse an Studenten, die für mehr Verschnitt sorgt als früher. Vielleicht ist also alles gar nicht so „bestürzend" wie Professor Wolf glaubt.
Was denkst du? Hältst du es für wahrscheinlich, dass die Sprachkompetenz der Schüler und Studenten in den letzten Jahren extrem nachgelassen hat, bedingt durch Internetnutzung, Autovervollständigung und Rechschreibeprogramme? Hast du vielleicht sogar selbst das Gefühl, dass es mit den sprachlichen Grundkenntnissen in unserer Generation und der folgenden abwärts geht? Oder glaubst du, dass die ganze Studie nur eine Panikmache von Dozenten ist, die gerne „Früher war alles besser!" sagen und mit der neuen Generation von Studenten nicht zurechtkommen?
Text: nadja-schlueter - Foto: fmatte / photocase.com